Überflüssige Ferienflüge

«Schwei­zer blei­ben am Boden fürs Klima», behaup­tete letzte Woche der WWF Schweiz. Grund für die flotte Behaup­tung ist eine reprä­sen­ta­tive Umfrage: 40 Pro­zent der Befrag­ten hät­ten gesagt, sie wür­den aus Rück­sicht aufs Klima weni­ger oder gar nicht mehr fliegen.

Solch ein Bekennt­nis anläss­lich einer Umfrage ist ein­fach, macht sich gut und kostet nichts. Des­halb hätte ich eigent­lich ein wesent­lich höhe­res Resul­tat zugun­sten des Flug­ver­zichts erwar­tet. Zumal es aktu­ell bei vie­len zum guten Ton gehört, nicht mehr flie­gen zu wollen.

Und ja, ich kenne Men­schen, die das auch leben! Nicht erst, seit Greta Thun­berg und dem Kli­ma­streik. Sie ver­zich­ten schon seit Jah­ren aus Grün­den des Umwelt­schut­zes auf Flug­rei­sen, man­che flie­gen über­haupt nicht mehr.

Ganz anders aber die grosse Mehr­heit hier­zu­lande: Zwar ist es nicht mehr so sexy wie auch schon, Flug­mei­len zu ham­stern und zu Schnäpp­chen­prei­sen mal hier- mal dort­hin zu flie­gen. Wer für ein ver­län­ger­tes Wochen­ende nach Amster­dam oder Lon­don jet­tet oder für Ferien gar nach Über­see, sieht sich bemüs­sigt, dafür gleich eine Erklä­rung nach­zu­schie­ben: Es sei wirk­lich unum­gäng­lich. Die Reise mit dem Zug zu lang, zu teuer, man lebe ja sonst vegan, pro­du­ziere nur einen klei­nen Fuss­ab­druck, habe keine Kin­der… Und dann gibt es auch sol­che, die gerade wegen der Kin­der halt noch flie­gen müssen.

Wie jene Freun­din, der die Ant­wort auf meine Frage, ob sie in den Som­mer­fe­rien im Land sei, sicht­bar pein­lich ist. «Wir flie­gen nach Grie­chen­land», gesteht sie und klingt eini­ger­mas­sen zer­knirscht. «Noch ein­mal. Ich weiss… Aber viel­leicht kann man das ja eh bald nicht mehr.» Ent­schul­di­gend schiebt sie nach: «Wir haben ja kein Auto…»

Also jet­tet die vier­köp­fige Fami­lie im Juli, wie viele andere, nach Grie­chen­land. Strand­fe­rien – den Kin­dern zuliebe. Wie es die Eltern gerne dar­stel­len. Weil die Gspändli in der Schule ja schliess­lich auch, und da sol­len die eige­nen Klei­nen nicht Gefahr lau­fen, aus­ge­grenzt zu wer­den. Sie müs­sen sich mit adäqua­ten Strand­ge­schich­ten brü­sten können…

Nur, müs­sen sie das wirk­lich? Und wol­len die Kin­der das überhaupt? 

Gestern in der S‑Bahn: Ein auf­ge­weck­ter Viert­kläss­ler, unter­wegs mit einer befreun­de­ten Fami­lie. «Noch vier Wochen Schule, dann sind Som­mer­fe­rien!», freut er sich. Wor­auf der Beglei­ter fragt: «Was machst du in den Ferien?» – «Zuerst Tes­sin, dann Mal­lorca», lau­tet kurz und bün­dig die Antwort.

Nach kur­zem Zögern dann die Fort­set­zung: «Eigent­lich würde ich viel lie­ber hier blei­ben… In der letz­ten Feri­en­wo­che macht mein Fuss­ball­club ein Trai­nings­la­ger – da kann ich jetzt halt nicht teil­neh­men. Das ist schade.»

Oops. Da drängt es offen­bar die Erwach­se­nen stär­ker an den Mee­res­strand und nach Mal­lorca als die eige­nen Kin­der. Und die Kin­der ler­nen von den Eltern, dass Ferien ohne Flug­reise gar keine rich­ti­gen Ferien sind sind.

Dabei wäre der Ver­zicht auf die Fami­li­en­fe­rien in Mal­lorca für unse­ren Viert­kläss­ler keine Kata­stro­phe, im Gegen­teil: Er könnte an der Trai­nings­wo­che im Fuss­ball­club mit dabei sein und hätte dar­über hin­aus auch Zeit, mit sei­nen Gspändli in der Badi zu spie­len; er könnte mit Eltern und Freun­dIn­nen Aus­flüge in der Region machen und dabei ent­decken, dass man gar nicht in die Ferne flie­gen muss, um Ferien – wie sie ihm eigent­lich gefal­len – zu genies­sen. Und das erst noch ziem­lich CO2-frei.

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