Wo light drauf steht, ist Lifestyle drin – und das bringt Glück: Ob Cola, Marlboro oder Mayonnaise – dank light wird alles bekömmlich und schick. Das jüngste Produkt in dieser Reihe ist eine „Ausschaffungshaft light“, die vom Zürcher Regierungsrat angeregt wurde.
Ob diese für die Betroffenen leichter zu verdauen sein soll? Weil der glücklose Asylbewerber, die glücklose Asylbewerberin ihre noch verbleibende Zeit in der Schweiz statt im Flughafengefängnis in einer Haftanstalt im Zürcher Oberland absitzen darf? Wo die anderen Gefangen ein- und ausgehen, weil ihre Vergehen nur leicht waren und sie sich im offenen Strafvollzug befinden. Die Häftlinge aber, die ausgeschafft werden sollen bleiben rund um die Uhr eingesperrt – auch wenn sie überhaupt keine Vergehen begangen haben. Weil man Angst hat, dass sie sonst untertauchen und hier bleiben.
„Es ist ungerecht, dass Menschen aufgrund zufälliger Ereignisse, etwa des Geburtsorts, gewisse Vorteile haben, die sie nicht selbst erarbeitet haben“, sagte der Jurist und Rechtsphilosoph Martino Mona kürzlich in einem Interview in der WOZ. Und meinte damit unter anderem die Ungleichbehandlung von Migrantinnen und Migranten in unserem Land. Menschen, die am falschen Ende der Welt geboren wurden riskieren, bei uns hinter Schloss und Riegel zu landen. Nur weil sie versuchten, der Not zu entkommen und hierzulande ihr Glück zu finden.
Kürzlich behauptete der britische Psychologe Richard Wiseman in einem Interview in der NZZ am Sonntag, dass „die Menschen ihr Glück und ihr Pech zu einem grossen Teil selber herstellen.“ Weil sich glückliche Menschen im Leben optimistischer verhalten und so das Glück zur selbsterfüllenden Prophezeihung werde. Jenen, die eher zum Pessimismus und damit zum Pech neigen, rät er zu einem Glückstagebuch: Wer täglich drei positive Ereignisse aufschreibe, könne innerhalb von drei Monaten von einem Pessimisten zum Optimisten – und damit zu einem glücklicheren Menschen werden.
Rezepte fürs individuelle Glück haben Hochkonjunktur. Martin Seligman, ein weiterer Glücksforscher, dessen Name Programm ist, nennt fünf Elemente, die zum Wohlbefinden beitragen: „Positive Emotionen, Selbstverwirklichung, gute Beziehungen, Bedeutung und Leistungsorientierung.“ Glücklich schon, wer die Musse hat, sich über solches Gedanken zu machen. Dass dabei jeder seines Glückes eigener Schmied ist, erklärt sich von selbst. Wie dies zu bewerkstelligen sei, wissen Forscher aus Zürich: Sie raten zu mehr Dankbarkeit, weil sich in vielen Studien gezeigt habe, dass «einige Charakterstärken, wie etwa Dankbarkeit, mehr mit der Lebenszufriedenheit korrelieren als andere.»
Also ein Glückstagebuch für Menschen in Ausschaffungshaft, als Teil einer Ausschaffungshaft light? – Purer Zynismus angesichts der Notsituation von Migrantinnen und Migranten, die der Staatsgewalt ausgeliefert sind und gegen ihren Willen in ein Flugzeug verfrachtet und ausgeschafft werden. Auch die Forderung nach vermehrter Dankbarkeit ist hier fehl am Platz.
Glück ist für die Mehrheit der Menschen leider nicht bloss eine mentale Angelegenheit – und Migration für viele die einzige Zukunftsperspektive. Die Ausschaffungshaft zerstört diese Perspektive – da kann sie noch so lange zum Light-Produkt erklärt werden.
Den Zürcher Behörden ging es denn auch nie um eine Erleichterung für die inhaftierten Migrantinnen und Migranten. – Mit der Ausschaffungshaft light will man einzig die Vollzugskosten reduzieren, um den Staatshaushalt zu erleichtern.