GOOD-BYE
Seit dem Jahr 1998 habe ich mein journalistisches Mandat für diese Zeitschrift mit viel Herzblut und Freude ausgeübt. Als Mitglied des Redaktionsteams habe ich konzipiert, geschrieben, gestaltet – immer mit dem Ziel, die Arbeit der DEZA und die Lebensrealitäten der Menschen in den Partnerländern in Geschichten zu kleiden, die berühren, zum Nachdenken anregen, Verständnis wecken, aber auch kritische Punkte beleuchten.
Meine Artikel entstanden in Zusammenarbeit mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DEZA und stützten sich auf zahlreiche Einblicke in Entwicklungsprojekte und ‑programme. Gespräche mit Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kulturen und vor allem die Reportagereisen waren eine wichtige Basis meiner Artikel im DEZA-Magazin, für die ich immer wieder gutes Feedback erhalten habe.
Ende 2015 ist Schluss.
Ich werde das erneuerte Mandat als Redaktorin des «Eine Welt», für das ich diesen Sommer aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe, nicht antreten. Das mag überraschen, ist aber wohl überlegt. Gründe für meinen Entscheid gibt es mehrere. Die Durchführung und das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens haben massgeblich dazu beigetragen. Im Winter 2013/14 erklärten unsere Auftraggeber in der Bundesverwaltung, wir Journalistinnen und Journalisten müssten uns demnächst einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren stellen. Wie zwingend das war, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, dass die ganze Übung viel Staub aufgewirbelt und allerorten Ressourcen verschlungen hat. Geld, Zeit und Energie, die – auf andere Art und Weise eingesetzt – dem Produkt «Eine Welt» tatsächlich etwas hätten bringen können.
Aufgrund der unsicheren Zukunftsaussichten hatte der langjährige Koordinator der Redaktion auf Anfang 2015 zu einem neuen Arbeitgeber gewechselt. Von unserem Auftraggeber waren nun wir Verbleibenden gefragt, Lösungen für die Übergangszeit bis zum Abschluss des Ausschreibungsverfahrens anzubieten – was wir selbstverständlich taten. Gleichzeitig wurde aber klar kommuniziert, dass wir bloss die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme der neuen Crew am 1.11.2015 zu überbrücken hätten.
Nachdem ich Anfang 2015 interimsweise die Funktion meines ausgeschiedenen Kollegen als Koordinatorin übernommen hatte, bestätigte sich mein Eindruck zusehends, dass Inputs zur Veränderung und Verbesserung des DEZA-Magazins und der Produktionsabläufe nicht gefragt waren und deshalb ins Leere liefen.
Anfänglich wollte ich mich dem Ausschreibungsprozedere gar nicht erst unterziehen, aus der Überzeugung: Entweder man kennt und schätzt meine jahrelange Arbeit und will sie auch in Zukunft in Anspruch nehmen oder es gibt Gründe und Argumente, weshalb man nach der langen Zeit jemand anderes in die Redaktion holen will. Schliesslich habe ich mich trotzdem beworben. Weil mir das Engagement für eine «gerechtere Welt» wichtig ist und man mir von verschiedenen Seiten zu verstehen gab, dass man auch künftig auf meine Kompetenzen zählen würde, wenn es um die Kommunikation von Entwicklungszusammenarbeit geht.
Zudem hoffte ich, dass mittelfristig Veränderungen möglich würden: Verbesserungen und Optimierungen beim «Eine Welt», über die wir in den letzten Jahren immer wieder diskutiert hatten – ohne Ergebnis. «Eine Welt» hat sich seit der ersten Ausgabe vor bald 18 Jahren nur wenig entwickelt. Das Magazin ist zwar eine solide Marke und wird viel gerühmt, ist aber nicht mehr ganz up to date.
Es gab, von unten, viele Versuche ein bisschen frischen Wind in die Magazinseiten zu fächeln: Internetauftritt, mehr Reportagen und Stimmen der Betroffenen aus dem Süden, flexiblere Produktionsabläufe, englische Ausgabe – alles wurde abgeblockt. Dass es genauso weitergehen könnte wie bis anhin, liess bereits die Ausschreibung der Redaktionsstellen für «Eine Welt» erahnen: im Wesentlichen handelte es sich um ein Copy Paste unserer alten Pflichtenhefte.
Statt dass man die Gelegenheit genutzt hätte, um über die Bücher zu gehen und die Weichen für die Zukunft der Publikation «Eine Welt» zu stellen. Der Glaube, dass sich trotz allem etwas verbessern könnte, ist mir mit dem Ergebnis der Ausschreibung endgültig abhanden gekommen: Fast alles bleibt beim Alten. Einzig eine Redaktorin wurde durch einen PR-Mann ohne ersichtlichen Background im Bereich Entwicklungszusammenarbeit ersetzt. Dies ist für mich ein untrüglicher Hinweis darauf, dass der bisher hoch-gehaltene «journalistische Ansatz» nicht mehr gefragt ist.
Die neue Ausrichtung lässt man sich auch etwas kosten: Der PR-Mann bekam den Zuschlag mit einem Honoraransatz, der 20% höher ist als jener der bisherigen Journalisten-Crew(1). Das Verfahren hat somit dazu geführt, dass das Total der Honorarkosten der fünf ausgeschriebenen Mandate höher ist als vorher. Davon abgesehen, wird sich kaum etwas bewegen.
Auch künftig dürfte das mir gegenüber in den letzten Monaten wiederholte Prinzip «On a toujours fait comme ça» weiter gelten. Ich aber werde «faire différemment» und mit dem Auslaufen meines aktuellen Koordinationsmandats mein Engagement als Redaktorin beim «Eine Welt» beenden.
Schweren Herzens, das sei hier ausdrücklich festgehalten, wenn ich an all die guten Kontakte und spannenden Gespräche mit lieben Kolleginnen und Kollegen bei der DEZA und beim EDA-Info denke. Gleichzeitig bin ich aber froh, dass die zermürbende und zunehmend demotivierende Situation der letzten Monate ein Ende hat.
Deshalb blicke ich auch befreit und lustvoll in die Zukunft. Natürlich werde ich mich auch künftig für die Anliegen der Benachteiligten einsetzen und weiterhin über Themen der Entwicklungszusammenarbeit kommunizieren. Deshalb freue ich mich darauf, mit dem einen oder der anderen in Kontakt zu bleiben.
22.8.2015 Gabriela Neuhaus
(1) Laut auf SIMAP öffentlich einsehbarem Ergebnis der Ausschreibung der Journalistenmandate
2004