Auf Reisen mit der Deutschen Bahn

Eine Reise nach Ham­burg: Die Zug­fahrt dau­ert zwei Stun­den län­ger als ursprüng­lich gebucht und geplant, wegen Strecken­sper­rung für Unter­halts- und Erneue­rungs­ar­bei­ten. Das ist etwas ärger­lich, aber gleich­zei­tig ver­ständ­lich: Auch Schie­nen­in­fra­struk­tur ist nicht für die Ewig­keit gebaut und braucht Pflege, gerade ange­sichts der heut­zu­tage übli­chen Frequenzen.

Der Zug ist mehr als gut besetzt, es ist Frei­tag. Zuwei­len müs­sen Pas­sa­giere mit Steh­plät­zen vor­lieb­neh­men – gefühlt ist halb Deutsch­land unter­wegs. So die Mut­ter mit der 6jährigen Toch­ter – Ziel ist das Musi­cal «Die Schnee­kö­ni­gin» in Ham­burg. Ihr gegen­über eine ältere, hyper­ak­tive Dame. Wir hören mit, dass sie im Monats­rhyth­mus zum Thea­ter­be­such (heute Musi­cal «Her­ku­les») und Shop­ping in die Han­se­stadt fährt.

Hinzu kom­men aus­län­di­sche Tourist:innen, wie wir. Oder eine Gruppe von Jugend­li­chen mit Ruck­säcken, die in Offen­burg zusteigt. Eine der jun­gen Frauen ergat­tert sich einen Sitz­platz in unse­rem Abteil. Mit ihren Freun­din­nen um die Ecke redet sie spa­nisch. Nach einer Weile kom­men wir ins Gespräch – in tadel­lo­sem Deutsch will sie von uns wis­sen, woher wir sind.

Auf unsere Gegen­frage erfah­ren wir, dass sie und ihre Klassenkamerad:innen aus Chihuahua/​Mexiko kom­men und Men­no­ni­ten sind. Zwei Wochen lang rei­sen sie – als Schluss- und Höhe­punkt ihrer Schul­zeit – durch Europa, auf den Spu­ren ihrer Vor­fah­ren. Aber nicht nur: Gestern seien sie im Euro­pa­park gewe­sen, erzählt die junge Men­no­ni­tin mit glän­zen­den Augen – das sei ein­ma­lig gewe­sen, so etwas gäbe es nicht, in Mexiko… Merke: Auch bei den Mennonit:innen gibt es sol­che und andere.

Die Gruppe steigt in Köln aus. Mein näch­stes Gegen­über ist ein älte­rer, etwas gries­grä­mi­ger Herr, der zuerst sein Sand­wich aus­packt, und anschlies­send einen – laut Ein­band – ziem­lich blut­rün­sti­gen Krimi. Darin steckt ein Buch­zei­chen mit einer Friedensbotschaft.

Wir kom­men gut voran. Nach jeder Hal­te­stelle gibt der Zug­füh­rer bekannt, wie­viele Minu­ten wir im Rück­stand sind. Kaum der Rede wert: Mehr als drei Minu­ten «Ver­spä­tung» haben wir auf der gan­zen Strecke nie – und die Ein­fahrt in Ham­burg erfolgt pünkt­lich kurz nach 17 Uhr. Ein Ver­se­hen der Deut­schen Bahn?

Auf die ent­spannte Zug­fahrt folgt der Gross­stadt­stress: Dich­tes Frei­tag­abend-Gedränge am Ham­bur­ger Bahn­hof. Und davor ein Ver­kehrs­chaos ohne­glei­chen: Lärm und Stau. Ham­burg hat seit Jahr­zehn­ten die Tram­bahn abge­schafft. Unser Bus steckt im SUV-Gedränge fest und braucht anstatt 20 Minu­ten fast eine Stunde zum Hotel…

Fünf Tage spä­ter, die Rück­reise. Am Diens­tag­vor­mit­tag mit einer fast lee­ren S‑Bahn zum Haupt­bahn­hof, wo wir das Gepäck ein­stel­len. Anschlies­send ein Streif­zug – zuerst in Rich­tung Innen­al­ster, an teu­ren exqui­si­ten Gei­ster-Läden und Restau­rants vor­bei. Alles noch geschlos­sen, mor­gens um 09.15 Uhr. Wei­ter via welt­kriegs­ver­sehrte Kir­chen zur Spei­cher­stadt und zurück, vor­bei an dut­zen­den Gross­bau­stel­len. Ham­burg ist offen­bar noch lange nicht fer­tig gebaut. Der kon­kurs­ge­stoppte Benko-Elb­tower schon gar nicht.

Auf unse­rem Bahn­per­ron herrscht Gedränge. Inner­halb von 10 Minu­ten fah­ren gleich zwei ICE-Züge Rich­tung Schweiz. Dies­mal ver­zö­gert sich die Abfahrt (man kennt ja die Deut­sche Bahn) – um sage und schreibe 9 Minu­ten. Die der Zug aller­dings bald wie­der aufholt.

Wir haben wie­der Plätze reser­viert – aller­dings wäre es heute nicht nötig gewe­sen: Strecken­weise haben wir fast den gan­zen Wagen für uns alleine. Ent­spannte und wohl­tu­ende Fahrt, wäh­rend draus­sen das April­wet­ter wütet: Auf magi­sche Son­nen­stim­mun­gen fol­gen Regen­schauer. Schwarze Wol­ken ent­lee­ren sich, wer­den weg­ge­scho­ben und machen wie­der blauem Him­mel Platz.

Lang­sam wird es Nacht. Unser ICE-Zug erreicht Basel. Drei Minu­ten zu früh! Nach Fahr­plan müs­sen wir nun 3 Minu­ten län­ger auf den Anschluss nach Zürich war­ten: 48 statt 45 Minu­ten. Dabei hat­ten wir uns, wegen der Erzäh­lung über die noto­ri­schen Ver­spä­tun­gen der Deut­schen Bahn, noch Sor­gen gemacht, ob wir die­sen Zug auch wirk­lich erreichen.

Nun aber lacht uns uner­war­te­tes Glück: Der Schnell­zug nach Chur, der eigent­lich lange vor unse­rer Ankunft hätte fah­ren müs­sen, hat eine Ankunfts­ver­spä­tung (aus Zürich kom­mend) von über 20 Minuten.

Wir erwi­schen ihn und kom­men frü­her als geplant nach Hause. Dank der Pünkt­lich­keit der viel­ge­schmäh­ten Deut­schen Bahn – und der mas­si­ven Ver­spä­tung der hoch­ge­lob­ten SBB… 

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