Feuer und Fluten

Videoschaltung mit­ten ins Geschehen: Die bri­ti­sche Touristin berich­tet in den BBC-News live aus ihrem Hotelzimmer auf Rhodos. Zwei Tage nach der Landung auf der Ferieninsel, sei es aus gewe­sen mit Strandplausch und Entspannung. Hitze, Rauch, das Feuer.…

Während rund­um eva­ku­iert wird, müs­sen sie und ihre Familie vor­läu­fig im Hotelzimmer aus­har­ren. Sie füh­le sich sicher, beru­higt die Frau den mit­füh­len­den BBC-Redaktor im fer­nen Studio. Im Hintergrund ein Teenager im Bett, der auf sei­nem Smartphone herumdrückt.

Die Familie hof­fe, bald einen Flieger zurück nach England bestei­gen zu kön­nen, sagt die Touristin und der Anchorman wünscht mit aus­drucks­star­ker Empathie good luck.

In einem wei­te­ren News-Beitrag aus der Rubrik «Wir schaf­fen Zuschauer:innen-Nutzen» wird die Reaktion der Reiseveranstalter und Airlines auf die Situation abge­ru­fen. TUI fliegt vor­erst kei­ne Tourist:innen nach Rhodos, wäh­rend British Airways alle Tourismusflüchtlinge gra­tis heimbefördert.

Die Zeitung BLICK zitiert die Swiss Airlines: Keine Veranlassung, Rhodos-Flüge ein­zu­stel­len. Dem Vernehmen nach soll im Norden der Insel nach wie vor unver­rauch­tes Ferienmachen mög­lich sein.

Menschenrecht Urlaub – das lässt sich der Homo Turisticus nicht und von nie­man­dem ver­dries­sen! Schliesslich hat man es sich hart ver­dient, mit all der Arbeit, dem Stress jahr­ein, jahraus.

Waldbrände wegen Klimaerwärmung? – Reine Panikmache, sagen vie­le. Andere geben sich durch­aus besorgt und zäh­len auf, was sie im Alltag so alles tun, gegen die Klimakrise: Man isst weni­ger Fleisch als frü­her, inves­tiert in eine Wärmepumpe fürs Einfamilienhaus oder fährt einen Tesla… Bei so viel Achtsamkeit für die Umwelt darf man getrost wie gewohnt Ferien machen.

Ob mit dem Camper durch den Gotthard oder mit dem Flugzeug auf die Inseln – jetzt ist wie­der Mobilität à dis­cre­ti­on ange­sagt. Denn alles, was wir uns wün­schen ist ja:

Ein biss­chen Frieden, ein biss­chen Sonne
Für die­se Erde, auf der wir wohnen.
Ein biss­chen Frieden, ein biss­chen Freude,
Ein biss­chen Wärme, das gönn’ ich mir.

Das wird aller­dings immer schwie­ri­ger. Weil die Katastrophe auch vor ver­meint­li­chen Paradiesen nicht Halt macht. Schon allein die Hitze – über 40 Grad in man­chen Mittelmeerdestinationen – dürf­te den Feriengenuss dras­tisch schmä­lern. Wo es wegen Feuer oder Fluten zur Vertreibung aus dem «Paradies» kommt, hat der Spass end­gül­tig ein Ende.

Die Verwüstungen in Italien, Kanada oder Griechenland sind nur die aktu­el­len Spitzenereignisse, die es in unse­re Medien schaf­fen. Der Mangel an Wasser, die immer dras­ti­scher wer­den­den Unwetter – wir alle erle­ben bereits heu­te immer stär­ker die längst vor­aus­ge­sag­ten Auswirkungen der Klimakrise. Dabei ist das Leiden der glück­lo­sen Tourist:innen, die durch ihr Verhalten die­se Katastrophen zusätz­lich beför­dern, noch das kleins­te Übel…

Die Rhodos-Tourist:innen ent­kom­men dem Inferno per Flugzeug. Daheim, in ihrem «myhomeis­my­cast­le» wer­den sie sich, sobald der Schreck über­wun­den ist, bald an die Planung der nächs­ten Ferien machen und einen Flug in eine ver­meint­lich unver­sehr­te Feriendestination buchen. Ungerührt der Tatsache, dass sie dadurch – natür­lich bloss im Promillebereich – zu den nächs­ten Katastrophen bei­tra­gen. Schliesslich soll unbe­dingt nach­ge­holt wer­den, was man auf Rhodos ver­passt hat.

Währenddessen müs­sen die Menschen, die in den von Feuern und Unwettern zer­stör­ten Regionen leben, mit der Katastrophe zurecht­kom­men. Und es wer­den immer mehr…

Angesichts der aktu­el­len Entwicklungen braucht es kei­ne hell­se­he­ri­schen Fähigkeiten, um vor­aus­zu­sa­gen, dass es zuse­hends schwie­ri­ger wer­den dürf­te, sich in «Ferienparadiesen» den Realitäten der Klimakrise zu entziehen.

Wenigstens kriegt man vor­der­hand dank Reiseversicherung das Geld für die ver­dor­be­nen Ferien zurück – oder steht etwa neu­er­dings etwas ande­res im Kleingedruckten?

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