Plagiat

Abschrei­ben gilt nicht. Das wird schon klei­nen Kin­dern in der Schule ein­ge­bläut. Wird jemand beim Mogeln erwischt, gibt es eine Strafe. Das Bewusst­sein dafür müsste bei Dok­to­ran­den der Rechts­wis­sen­schaf­ten beson­ders aus­ge­prägt sein. Würde man den­ken. Doch das Zeit­al­ter des Inter­nets ist vol­ler tücki­scher Ver­su­chun­gen. All die schö­nen Sätze, span­nen­den Abhand­lun­gen und ele­gan­ten Gedan­ken­gänge, die nur dar­auf war­ten, aus ihrem Dorn­rös­chen­schlaf kopiert und in einer hoff­nungs­vol­len Dis­ser­ta­tion rezi­k­liert zu werden.

Dumm, wer sol­ches so plump betreibt (oder betrei­ben lässt) wie der CSU-Polit­star von und zu Gut­ten­berg. Noch düm­mer und plum­per, wenn der Ertappte abwie­gelt und bestrei­tet, wäh­rend Tag für Tag neue Pla­gi­ats-Pas­sa­gen aus unter­schied­lich­sten Quel­len publik wer­den. Der Fall ist klar, glaubt man den sich häu­fen­den Erkennt­nis­sen der letz­ten Tage: Da hat einer nicht bloss eine Fuss­note ver­ges­sen, son­dern syste­ma­tisch abge­schrie­ben. Das ist Täu­schung, Betrug – dafür gehört nicht nur der Dok­tor-Titel aberkannt, sol­ches Ver­hal­ten muss auch poli­ti­sche Kon­se­quen­zen haben.

Oder gehört Lügen und Betrü­gen heute sosehr zur Poli­tik, dass die Pla­giate des deut­schen Ver­tei­di­gungs­mi­ni­sters als Baga­telle, als Gen­tle­man-Delikt durch­ge­hen? Muss man mit dem armen Poli­ti­ker sogar Mit­leid haben, weil er wegen ein paar abge­schrie­be­ner Sätze nun der­mas­sen in die Kri­tik gera­ten ist? Die­sen Ein­druck erhält, wer die letz­ten Tage Zei­tung gele­sen oder die Talk Runde bei Anne Will gese­hen hat. Da wird um Ver­ständ­nis gerun­gen für einen über­la­ste­ten, viel­be­schäf­tig­ten jun­gen Fami­li­en­va­ter. Pro­fes­so­ren, die auf der Ein­hal­tung aka­de­mi­scher Regeln behar­ren, wer­den als klein­lich und welt­fremd belächelt.

Der Täter wird zum Opfer, indem man den Kri­ti­kern par­tei­po­li­ti­sches Kal­kül unter­stellt. Und Felix E. Mül­ler gibt in sei­nem Leit­ar­ti­kel in der NZZ am Sonn­tag zu beden­ken, dass „nie­mand ohne Feh­ler ist“ und ein Poli­ti­ker an sol­chen ja sogar wach­sen könne… Wie sähe aber die Geschichte aus, hiesse der Autor der zur Dis­kus­sion ste­hen­den Dis­ser­ta­tion nicht Karl-Theo­dor von und zu Gut­ten­berg und wäre er nicht deut­scher Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ster? Jemand in die­ser Posi­tion ver­dient weder Son­der­be­hand­lung noch Schonung.

Im Gegen­teil: Als Wäh­le­rin erwarte ich, dass jene, die meine Inter­es­sen in den poli­ti­schen Gre­mien ver­tre­ten, Män­ner und Frauen sind, denen ich ver­trauen kann. Für mich unbe­greif­lich ist des­halb, wie in die­sem Fall der Täter zum Ver­folg­ten hoch­sti­li­siert wird. Und noch etwas irri­tiert mich an die­ser gan­zen Geschichte: Dass es offen­bar mög­lich ist, mit dem Zusam­men­ko­pie­ren von Zei­tungs­ar­ti­keln einen aka­de­mi­schen Titel mit Best­note zu ergat­tern. Oder geht auch das nur mit dem rich­ti­gen Namen, der rich­ti­gen Par­tei und ent­spre­chen­der gesell­schaft­li­cher Position?

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