Ein Beitrag zu den kommenden National- und Ständeratswahlen im Echo der Zeit vom letzten Sonntag: Laut Umfragen wird die sogenannte Ausländer- und Migrationsproblematik den bevorstehenden Wahlkampf dominieren. Keine Chance auf eine Resonanz wie vor vier Jahren gibt man den Umwelt- und Klimafragen. Auf die Frage weshalb, meinte Cécile Bühlmann, Präsidentin von Greenpeace Schweiz und ehemalige Nationalrätin der Grünen, das Problem sei die schleichende Entwicklung beim Klimawandel: «Das macht es schwierig, dass die Umwelt als Dauerherausforderung auf der Liste der Besorgnis der Leute zuvorderst bleibt.»
Warum dann die Ausländer? Ein Dauerthema seit der Schwarzenbach-Initiative – einer Zeit, lange bevor Umweltfragen und Klimawandel in der Politik angekommen sind. Eigentlich müsste hier die Abstumpfung längst eingesetzt haben. Zumal sich die mittlerweile wohlbekannten Drohszenarien und Verunglimpfungen, die von rechten Politikern so gerne bemüht werden, stets wiederholen. Doch das Gegenteil ist der Fall: In den letzten Jahren wurde das ewig-gleiche Thema immer professioneller und aggressiver in Szene gesetzt und für die Mobilisierung von Stimmen instrumentalisiert.
Mit Erfolg, wie wir wissen. Neuerdings gewinnt man damit sogar Abstimmungen. Warum gelingt es, mit dem einen Dauerthema – Ausländer und Migration – auf der «Liste der Besorgnis der Leute» ganz oben zu bleiben, während das andere – Klima und Umwelt – an Bedeutung verliert? Ein Thema, das uns emotional ja mindestens so nahe gehen dürfte, wie die Ausländer- und Migrationspolitik. Mit einer real erlebten Bedrohung durch «das Fremde» kann das Ganze kaum etwas zu tun haben. Abstimmungsresultate zeigen regelmässig, dass man sich in jenen Landesgegenden am stärksten vor der „Ausländergefahr“ schützen will, wo es gar keine oder kaum Ausländer gibt. – Die Menschen denken und entscheiden also sehr wohl «präventiv» – wenn es um Ausländer- und Migrationsfragen geht. Warum dann nicht bei Umwelt- und Klimaproblemen? Zumal diese mindestens so real greifbar sind:
Weltweit häufen sich Dürrekatastrophen, Überschwemmungen – die ersten Folgen des Klimawandels fordern ihren Tribut. Umweltfragen aber auch direkt vor unserer Haustür, die uns ganz direkt betreffen: Schmelzende Gletscher, hohe Ozonwerte im Sommer, Schneemangel im Winter. Biodiversität geht verloren – Pflanzen und Tiere sterben aus. Landschaften verschwinden… Bleibt das Fazit, dass die einen die geschickteren Vermarkter sind als die anderen.
Oder hat es damit zu tun, dass auch in der Vorzeigedemokratie Schweiz heute mit der Kreation von Feindbildern mehr Stimmen geholt werden können, als mit dem Appell an die Vernunft und das Engagement jedes einzelnen? – Was im Endeffekt dazu führt, dass ein Volk den Bau von Minaretten verbietet, aber weiterhin munter drauf los Atommüll produziert.