Rohstoffhunger und Energieverschleiss führen in die Katastrophe. Vor dieser Tatsache kann heute kein auch nur einigermassen informierter Mensch mehr die Augen verschliessen – würde man denken.
Doch weit gefehlt: Markus Spillmann zum Beispiel, seines Zeichens Chefredaktor der NZZ, unterscheidet zwischen „ökologisch Wünsch- und ökonomisch Vertretbarem“, wenn es um die Energiewende geht. Nach dem Motto: Wirtschaft über alles – und wenn wir uns ein Dessert leisten können, gibt’s noch ein wenig Ökologie.
Ein Blick auf die Fakten zeigt, dass solches Denken buchstäblich verkehrt ist: Als Folge des weltweiten Wirtschaftens übernutzen wir heute die natürlichen Ressourcen dermassen, dass es eineinhalb Erden brauchen würde, um den Bedarf nachhaltig zu decken. Tendenz steigend. Ganz zu schweigen von den endlichen Rohstoffen wie Öl, Kohle oder Mineralerzen, die eines Tages aufgebraucht sein werden.
Das Problem ist längst erkannt. Bereits vor 40 Jahren zeigte der Club of Rome, dass die Rechnung nicht aufgehen kann. Die Geschichte ist eigentlich simpel: Unser Wirtschaftssystem, das auf ständiges Wachstum gründet, steht im Widerspruch zu den real existierenden Bedingungen auf der Erde, deren Ressourcen nicht endlos regenerierbar sind.
Trotzdem halten konservative Ökonomen bis heute am Wachstums-Dogma der Wirtschaft fest. Auch ihre Geschichte ist simpel: Wohlstand braucht Wirtschaft, Wirtschaft braucht Wachstum und dieses Wachstum braucht Energie, Rohstoffe und generiert Kollateralschäden. Der Haken: Wenn das Klima zu heiss, die Umwelt zu kaputt und die Rohstoffe zu Ende sind, ist auch die Geschichte dieser Ökonomie am Ende. Schon heute steht fest: Ein Happy-End wird das nicht.
Der Prozess ist längst im Gang – und fordert laufend Opfer: Wo einst Fischerdörfer die Gestade des Aralsees bevölkerten, breitet sich heute eine lebensfeindliche Salzwüste aus. Abholzung, Übernutzung von Böden, Verschmutzung von Gewässern führen zu Erosion, Ernteeinbussen, Vergiftung und Zerstörung von Lebensräumen. Infolge radioaktiver Verstrahlung müssen riesige Landstriche zu Sperrzonen erklärt werden.
All dies sind Folgen von wirtschaftlichem Handeln – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Ob Hungersnot in Somalia, Überschwemmungen in Bangkok oder radioaktive Verstrahlung in Fukushima – tagtäglich erreichen uns Nachrichten, die zeigen, wie sehr wir Menschen von unserer Umwelt abhängig sind.
Zum Glück gibt es heute eine wachsende Anzahl kluger Köpfe, die neue Wege weisen. So untersucht z.B. der britische Umweltökonom Tim Jackson in seinem Buch „Wohlstand ohne Wachstum“, wie eine künftige Wirtschaft, die der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, aussehen könnte. Und ein wissenschaftliches Beratergremium der deutschen Regierung publizierte unter dem Titel „Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Grosse Transformation“ eine eindrückliche Studie, die Schritt für Schritt aufzeigt, dass die drohende Katastrophe abgewendet werden kann. Allerdings nur, wenn sofort und dezidiert gehandelt wird. Das ist weder einfach noch billig – aber machbar.
Solche Lektüre wäre allen Politikern, Wirtschaftsbossen und auch Chefredaktoren zu empfehlen. Denn Ökologie als blosses Wunschprogramm zu sehen, können wir uns nicht mehr leisten.