Die Giergesellschaft

Die­ses Jahr dürfte Weih­nach­ten für die Kin­der gut betuch­ter Fami­lien in der Schweiz beson­ders üppig aus­fal­len: Nebst Ver­mö­gens­wer­ten von unbe­kann­tem Aus­mass, sol­len für den lie­ben Nach­wuchs vor allem Vil­len und Feri­en­häu­ser gleich rei­hen­weise unter dem Christ­baum liegen. 

Seit Wochen bekla­gen sich Ämter, sowie Advo­ka­tur- und Nota­ri­ats­bü­ros in ein­schlä­gi­gen Regio­nen mit hoher Mil­lio­närs-Dichte dar­über, dass sie dem Ansturm von ver­schrei­bungs­wil­li­gen Kli­en­ten kaum gewach­sen sind.

Der Grund für die plötz­li­che Schen­k­lust der Rei­chen: Momen­tan wer­den Unter­schrif­ten für die Ein­füh­rung einer natio­na­len Erb­schafts- und Schen­kungs­steuer gesam­melt. Bei Annahme der Initia­tive erhebt der Bund der­einst auf allen Nach­läs­sen ab 2 Mil­lio­nen Fran­ken eine Erb­schafts­steuer von 20 Pro­zent. Weil die Steuer bei Schen­kun­gen rück­wir­kend ab dem 1. Januar 2012 fäl­lig würde, wol­len nun viele ihr Ver­mö­gen bis Ende Jahr an die Jung­mann­schaft über­schrei­ben, um so die Steuer zu umgehen.

Haben sie schon Mil­lio­nen und Mil­lio­nen und Mil­lio­nen, klaun sie noch zehn Pfen­nig am Klo­sett“, zitiert die WOZ Georg Kreis­ler selig, und rech­net vor, dass laut Schwei­zer Ver­mö­gens­sta­ti­stik die Mul­ti­mil­lio­nä­rIn­nen in der Schweiz, die zwei und mehr Mil­lio­nen Fran­ken besit­zen, ihr Ver­mö­gen allein von 2003 bis 2008 um 40 Pro­zent auf ins­ge­samt 575 Mil­li­ar­den Fran­ken ver­mehrt haben.

Ein Gross­teil die­ser Ver­mö­gens­werte stammt bereits aus steu­er­freien Erb­schaf­ten und dar­aus resul­tie­ren­den Kapi­tal­ge­win­nen. – Wer hat, dem wird gege­ben – nir­gends bestä­tigt sich das alte Sprich­wort so ein­deu­tig, wie wenn es ums Erben geht.

Viele die haben, fin­den das auch gut so. Sie schrei­ben von Abzocke­rei oder Neid­kul­tur, wenn es um die Erb­schafts­steuer geht. Völ­lig absurd ist die Behaup­tung von NZZ-Gast­ko­lum­nist René Scheu, man habe es hier mit einer bri­san­ten fis­kal­po­li­ti­schen Kon­stel­la­tion zu tun: „Eine Mehr­heit der von der Initia­tive nicht tan­gier­ten Steu­er­zah­ler bestimmt über eine Min­der­heit von Steu­er­zah­lern, indem sie diese gross­zü­gig zur Kasse bit­tet.“ Scheu sei­ner­seits akzep­tiert den Staat bloss als Beschüt­zer von Eigen­tum, nicht aber als Garant für sozia­len Aus­gleich und mehr Gerechtigkeit.

Eine Ent­wick­lung zurück zum Feu­dal­staat, die in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt zu beob­ach­ten ist: Noch und noch wer­den Gesetze, Abkom­men und Ver­ein­ba­run­gen zugun­sten der Rei­chen und Reich­sten revi­diert – dazu gehört unter ande­rem auch die Abschaf­fung der Erb­schafts­steu­ern in den mei­sten Kan­to­nen. Eine Wie­der­ein­füh­rung auf natio­na­ler Ebene, mit der unter ande­rem die AHV gestützt wer­den könnte, hat nichts mit Neid zu tun, son­dern ist ein drin­gen­des Gebot der Stunde.

Es gibt übri­gens auch „tan­gierte Steu­er­zah­ler“, die das so sehen. So wie sich jüngst in den USA Mil­lio­näre dafür ein­set­zen, dass ihres­glei­chen mar­kant höhere Steu­ern bezah­len, um den Staat zu ret­ten, gibt es auch in der Schweiz rei­che Men­schen mit Herz und Ver­stand. So erhielt ein Finanz­be­ra­ter auf die Frage, was sein Kli­ent erb­tech­nisch auf Ende Jahr zu tun gedenke, die glas­klare Ant­wort: „Es gibt keine Steuer, die sozial so gerecht­fer­tigt ist, wie die Erb­schafts­steuer – des­halb werde ich nichts unter­neh­men, um sie zu umgehen.“

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