Auf dem Radar der Online-News tauchten gestern zwei Meldungen fast gleichzeitig auf: In Basel wurde eine Taschendiebin auf frischer Tat geschnappt, als sie – ausgerechnet – einen Polizisten bestehlen wollte. Das war kein Zufall, denn die Polizei hatte laut Pressecommuniqué die Diebesbande schon lange im Visier und stellte eine die Falle, die nun zugeschnappt ist. Der Fall scheint klar, die Diebin muss mit einer Verurteilung rechnen. Wie viele Leute sie in den letzten Tagen und Wochen bestohlen hat, und wie gross die Beträge sind, die sie entwendet hat, darüber war nichts zu lesen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich höchstens um ein paar hundert Franken handeln dürfte.
Ganz anders die zweite Nachricht: Hier scheint die Rechtslage weitaus weniger klar – dafür ist der Betrag von zwei Milliarden Franken in aller Munde. Ein Banker, der sich verzockt haben soll. Seine Arbeitgeberin, die UBS, sprach von einem Einzelfall, einem Händler mit „grosser krimineller Energie“.
Allerdings mehrten sich bereits gestern und insbesondere heute Informationen und Stimmen, die in eine ganz andere Richtung weisen: Der sogenannte Einzelfall scheint vielmehr Teil eines Systems zu sein, der festgenommene Trader ist einer von vielen. Solange seine Wetten aufgingen, kassierte er Bonis. Wären die zwei Milliarden Gewinn statt Verlust gewesen, kein Mensch hätte davon erfahren. Kommt dazu, dass sich diese zwei Milliarden ja nicht in Luft aufgelöst haben, unter dem Strich ist auch das Investment-Banking ein Nullsummen-Spiel.
Diesmal stand einfach die UBS, die offenbar auf Geheiss von ganz oben nach wie vor mit hohen und riskanten Einsätzen spielt, auf der Verliererseite. Und UBS-Chef Grübel sieht sich dazu genötigt, sich bei seiner Belegschaft „für den peinlichen Vorfall zu entschuldigen.“
So zumindest formulierte die NZZ. Was einiges aussagt über das Selbstverständnis dieses Systems: Zwei Milliarden verlochen ist nicht ein Skandal, nein – es handelt sich dabei gerade mal um einen peinlichen Vorfall. Der bald wieder in Vergessenheit geraten dürfte. Darauf zumindest setzt Oberzocker Grübel: Den Sündenbock sperrt man hinter Schloss und Riegel, sein direkter Vorgesetzter nimmt den Hut – and the show can go on.
Die Rechnung bezahlen schlussendlich sowieso die andern. Davon handelt die dritte Meldung zum Thema „das Geld der andern“, die gestern für Schlagzeilen sorgte: Die Zürcher Kantonsregierung sieht sich gezwungen, den Staatssteuerfuss für 2012 von 100 auf 107 Prozent, ab 2015 gar auf 109 Prozent zu erhöhen. Notwendig wird dies u.a., weil auch Pensionskassengelder in rauen Mengen verzockt worden sind. Und nun die kantonale Pensionskasse BVK saniert werden muss. Dafür wird natürlich der Staat – sprich wir, die Steuerzahlerinnen und –zahler – zur Kasse gebeten. Man kennt das – Zürich ist kein Einzelfall. Was mich aber schon interessieren würde: Wer hat die zwei Milliarden, die wir nun brennen dürfen, kassiert? – Und: wurden sie bereits wieder weiter verzockt? Oder im Gegenteil, gar vergoldet?