SRG-Spitze auf dem Holzweg

Der SRG-Ver­wal­tungs­rat hat ent­schie­den. Das öffent­lich-recht­li­che Radio und Fern­se­hen (SRF) wird seine Infor­ma­ti­ons-Pro­duk­tion künf­tig am Leut­schen­bach in Zürich kon­zen­trie­ren, in einer zen­tral gesteu­er­ten News- und Infor­ma­ti­ons­fa­brik mit Aus­sen­stel­len in den Regionen.

Dies ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich im Vor­feld der No-Bil­lag-Initia­tive für eine föde­rale SRG und einen Ser­vice Public, der die­sen Namen ver­dient, ein­ge­setzt haben.

Nicht, dass ich der Mei­nung bin, gute Radio-Infor­ma­tion könne nur in Bern gemacht wer­den. Es geht auch nicht darum, ob Jour­na­li­stIn­nen künf­tig pen­deln müs­sen – das tun viele schon heute. Aber die beschlos­sene Kon­zen­tra­tion der Infor­ma­ti­ons­re­dak­tio­nen am Leut­schen­bach steht in dia­me­tra­lem Wider­spruch zum Auf­trag der SRG. Aber auch zu dem, was die SRG in der Ver­gan­gen­heit ver­kör­pert und was sie im Vor­feld der Abstim­mung ver­spro­chen hat.

Als Vor­wand dien­ten Spar­übun­gen. Man wolle bei der Infra­struk­tur kür­zer tre­ten, statt bei den Löh­nen, liess Radio-Chef­re­dak­to­rin Lis Bor­ner ver­lau­ten. Aller­dings muss­ten die Initi­an­ten des Umzugs­pro­jekts die erwar­te­ten Ein­spa­run­gen in der Folge rela­ti­vie­ren. Zudem hat man bis heute kei­nen Nach­mie­ter für die teu­ren Räum­lich­kei­ten an der Gia­co­mett­i­strasse gefun­den. Die Gene­ral­di­rek­tion der SRG möchte bekannt­lich in die Räum­lich­kei­ten des Radio­stu­dios Bern zie­hen, des­sen Mit­ar­bei­te­rIn­nen nach Zürich ver­jagt werden.

Auch wenn es in Fran­ken und Rap­pen schwie­rig bezif­fer­bar ist: Ein rie­si­ger Ver­lust ist bereits gesche­hen. Das Ver­hält­nis zwi­schen den Vor­ge­setz­ten, die den Umzug vor­an­trie­ben und den Mit­ar­bei­te­rIn­nen an der Basis ist nach­hal­tig beschä­digt. Nicht nur im Radio Stu­dio Bern. Das ist keine gute Vor­aus­set­zung für künf­tige Qualitätsarbeit.

Fakt ist: SRG-Direk­tor Mar­chand und die Kader­leute um Ruedi Mat­ter und Lis Bor­ner haben sich mit dik­ta­to­ri­schen Allü­ren über alle und alles hin­weg­ge­setzt. Dro­hun­gen statt Dis­kus­sio­nen – Power­play statt Argu­mente. Maul­körbe wur­den ver­passt – wer nicht parierte, musste mit Sank­tio­nen rechnen.

Für die Chefs ist das Game auf­ge­gan­gen: Nun hat sich auch der neun­köp­fige Ver­wal­tungs­rat taub und unsen­si­bel gezeigt, gegen­über allen berech­tig­ten Ein­wän­den und Inter­ven­tio­nen. Das Ende der bis­he­ri­gen SRG-Infor­ma­ti­ons­struk­tur am Stand­ort Bern ist beschlos­sene Sache. Doch damit nicht genug:

Ein ähn­li­ches Trau­er­spiel zeich­net sich in der West­schweiz ab, wo TV und Radio an einem neuen Stand­ort in Lau­sanne kon­zen­triert wer­den sol­len. Pro­zesse, wie wir sie in den letz­ten Jah­ren bei den pri­va­ten Medi­en­an­bie­tern noch und noch erlebt und immer wie­der kri­ti­siert haben. Der Unter­schied: Wenn ich mit dem Geschäfts­ge­ba­ren von Tame­dia oder der NZZ nicht ein­ver­stan­den bin, kann ich mein Zei­tungs­abon­ne­ment kün­di­gen. Bei der SRG geht das nicht.

Umso wüten­der macht das selbst­herr­li­che Geba­ren der SRG-Füh­rung: Mut­wil­lig zer­stört sie, wofür die SRG in der Ver­gan­gen­heit stand – und wofür der Ser­vice Public eigent­lich ste­hen müsste.

Eine breite Ver­an­ke­rung der SRG in der Gesell­schaft und Qua­li­täts­ar­beit aus allen Tei­len des Lan­des sind unver­zicht­bar für das Funk­tio­nie­ren unse­rer Demo­kra­tie – so lau­tete die Selbst­dar­stel­lung, so lau­tete das Credo für den Erhalt eines star­ken Ser­vice Public.

Das ist mit dem Ent­scheid der SRG-Füh­rung mehr als in Frage gestellt. Bei einer näch­sten Abstim­mung dürf­ten die Gebüh­ren für den SRG-Kon­zern nicht län­ger geschont wer­den. Zu Recht. Denn eine SRG nach dem Gusto von Mat­ter, Bor­ner und Co brau­chen und wol­len wir nicht.

Äpfel im Sommer

Die Regale bei den Gross­ver­tei­lern sind gefüllt. Mit Äpfeln aus Neu­see­land, Chile und Süd­afrika sowie ein paar Gol­den Deli­cious und pinke Ladies aus Schwei­zer Kühl­häu­sern. Dies mit­ten im Som­mer, wo es zuhauf fri­sche ein­hei­mi­sche Früchte und Bee­ren gibt!

Der Apfel-Import folgt nicht einem Natur­ge­setz, son­dern hat sein eige­nes System: Bereits im Februar 2018 bewil­ligte der Bund ein Kon­tin­gent von 8000 Ton­nen Import-Äpfeln. Die Begrün­dung: 2017 fiel die Apfel­ernte hier­zu­lande infolge Früh­jahrs­frost mager aus. Also öff­nete man die Gren­zen für Äpfel aus Über­see, zum einen, damit die ein­hei­mi­schen Apfel­vor­räte län­ger reich­ten, vor allem aber, damit es keine «Ver­sor­gungs­lücken» bis zur neuen Ernte gebe. Es sei, so der Ver­band des Schwei­ze­ri­schen Früchte- Gemüse- und Kar­tof­fel­han­dels «Swiss­co­fel», den Kon­su­men­tIn­nen hier­zu­lande nicht zuzu­mu­ten, für ein paar Wochen auf «des Schwei­zers lieb­ste Frucht» zu verzichten.

Lie­ber lässt man Braeb­urn, Gala und Co. vom ande­ren Ende der Welt ein­flie­gen. Und zwar laut Bran­chen­ver­band min­de­stens noch bis Mitte August, um die Zeit bis die ein­hei­mi­schen Kom­merz­sor­ten reif sind, zu über­brücken. Eine Unsitte, die seit Jah­ren von Coop, Migros etc. geför­dert und gepflegt wird: Mög­lichst alle Pro­dukte – von Spar­geln über Erd­bee­ren bis zu Äpfeln soll alles immer und für alle ver­füg­bar sein.

Ein öko­lo­gi­scher Unsinn, der abge­stellt gehört! Zumal das Ange­bot an loka­len Pro­duk­ten gerade im Som­mer mehr als genügt – und beson­ders reich­hal­tig ist. Sogar Äpfel gibt es bereits frisch vom Baum! Zum Bei­spiel Klara-Äpfel. Eine tra­di­tio­nelle, ein­hei­mi­sche Sorte, deren Ernte die­ses Jahr beson­ders reich­hal­tig aus­fällt. In den Obst­gär­ten bie­gen sich die Äste unter der köst­li­chen Last.

Doch das inter­es­siert die Gross­ver­tei­ler nicht. Klara-Äpfel sind nicht Teil ihres Sor­ti­ments, denn die alte Apfel­sorte mit dem weiss­li­chen Frucht­fleisch ist sehr druck­emp­find­lich und kann nur zwei bis drei Wochen gela­gert wer­den. Damit erfül­len sie die heu­ti­gen Min­dest­an­for­de­run­gen nicht, betref­fend Halt­bar­keit und Trans­port­fä­hig­keit. Der Gross­han­del ver­langt heute nach stan­dar­di­sier­ten «Natur­pro­duk­ten» – auch wenn er diese vom andern Ende der Welt impor­tie­ren muss.

Es gibt aber einen Aus­weg: Wer wirk­lich fri­sches Obst schätzt und gerne in einen Apfel beisst, der nicht nur nach Apfel schmeckt, son­dern sogar noch duf­tet, kauft auf dem Markt ein. Ein sams­täg­li­cher Rund­gang auf dem Oer­li­ker Markt zeigt: Nebst Klara-Äpfeln bie­ten Bäue­rin­nen und Bau­ern bereits jetzt auch wei­tere Früh­sor­ten an, die köst­lich duf­ten und schmecken!

Aber auf­ge­passt: Auch auf den Wochen­märk­ten wer­den Braeb­urn und andere Stan­dard-Sor­ten aus Neu­see­land und Süd­afrika ange­bo­ten! Für Kon­su­men­tIn­nen, die jahr­ein, jahr­aus immer das Glei­che wol­len. Gegen Kon­sum­stur­heit gibt es offen­bar keine Glo­buli. Wer immer alles zur Ver­fü­gung hat, ver­passt jedoch die Vor­freude auf die sai­so­na­len Beson­der­hei­ten, die uns die Natur beschert.

Fazit: Wer direkt bei den Pro­du­zen­tIn­nen ein­kauft, setzt nicht nur ein Zei­chen gegen den öko­lo­gi­schen Unsinn der Apfel­im­porte. Gleich­zei­tig unter­stützt man so den Erhalt der ein­hei­mi­schen Sor­ten­viel­falt – und wird mit wun­der­ba­rem Ter­roir-Geschmack belohnt, wie ihn kein blank­po­lier­ter Indu­strie-Ein­heits-Apfel je auf die Zunge brin­gen kann.

Öko ja! – Aber do not touch meinen Ferienflieger

Seit Wochen andau­ernd wun­der­ba­res Som­mer­wet­ter! Kaum Regen. Seen und Flüsse laden zum Baden. Vor­aus­ge­setzt, sie haben noch genü­gend Was­ser. Im Thur­gau etwa gibt es bereits zahl­rei­che aus­ge­trock­nete Bach­bet­ten. Die Bewäs­se­rung der Fel­der wurde ratio­niert. Um die Fische zu ret­ten, wer­den sie vom Fische­rei­auf­se­her ein­ge­fan­gen und in grös­sere Gewäs­ser umge­sie­delt. Das funk­tio­niert, solange diese nicht eben­falls der Trocken­heit zum Opfer fal­len. Für die Fach­leute, die in der Natur arbei­ten, ist der Fall klar: Der Kli­ma­wan­del ist im Gang. Ohne Fragezeichen.

Noch viel schlim­mer sieht es in Bran­den­burg und Ost­deutsch­land aus: Dort bedroht eine der ver­hee­rend­sten Trocken­pe­ri­oden seit Beginn der regel­äs­si­gen Auf­zeich­nun­gen vor 55 Jah­ren die Exi­stenz von Bau­ern­be­trie­ben. Wald­brände und mas­sive Ern­te­aus­fälle sind Fol­gen der aktu­el­len Dürre.

Ernst Rauch, Kli­ma­ex­perte beim Rück­ver­si­che­rer Munich Re, rät in einem Inter­view mit dem Tages­spie­gel den Bran­den­bur­ger Bau­ern, künf­tig Oli­ven­bäume zu pflan­zen. «Die Klima- und Vege­ta­ti­ons­zo­nen rücken von Süden nach Nor­den vor», fasst er zusam­men und fährt fort: «Wenn die Ent­wick­lung so wei­ter geht, wer­den wir in Deutsch­land eine Vege­ta­tion haben wie in Nord­ita­lien. Die Land­wirt­schaft muss sich anpassen.»

Heisse, trockene Som­mer und wär­mere Win­ter – das mag für man­che Ohren hier­zu­lande sogar ver­lockend klin­gen. Wenn man aus­ser Acht lässt, dass damit auch das Schmel­zen der Glet­scher, unse­rer Was­ser­re­ser­voirs, ver­bun­den ist. Die nega­ti­ven Fol­gen des Kli­ma­wan­dels wer­den auch wir noch dra­sti­scher zu spü­ren bekom­men. Die gros­sen Rück­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten rech­nen bereits mit ent­spre­chen­den Szenarien.

Viele Betrof­fene, ins­be­son­dere in armen Län­dern, kön­nen sich kaum gegen die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels schüt­zen. Bereits heute sind Mil­lio­nen von Men­schen auf der Flucht, weil sich ihre Lebens­grund­lage infolge der Kli­ma­ver­än­de­run­gen dra­stisch ver­schlech­tert haben.

Und was tun wir? Europa, inklu­sive die Schweiz, schliesst seine Gren­zen. Aller­dings nur für Men­schen auf der Flucht. Denn sel­ber ver­reist man ja gerne – heute mehr und wei­ter denn je…

Der Flug­ha­fen Zürich ver­kün­det Jahr für Jahr neue Rekord­zah­len. Som­mer­fe­rien heisst Hoch­be­trieb. An sol­chen Tagen wer­den am Flug­ha­fen in Klo­ten täg­lich weit über 100’000 Per­so­nen abge­fer­tigt. Flie­gen ist spott­bil­lig, also ist blöd, wer nicht fliegt. Face­book und Insta­gram quel­len über von Sel­fies unse­rer Nach­barn und Freun­din­nen, je wei­ter weg, desto bes­ser. Schö­nes Som­mer­wet­ter daheim hin oder her. Öko­lo­gi­scher Fuss­ab­druck? Kein Thema.

Andere ver­rei­sen nach wie vor gerne mit dem Auto. In den Süden, was etwa am Gott­hard aktu­ell zu den sai­so­nal obli­ga­ten lan­gen Staus führt. Aber auch für Aus­flüge in die Region, sogar für das Ein­kau­fen in der Stadt oder das Ablie­fern der Kin­der in der Kita ist das Auto bei einem Gross­teil hier­zu­lande immer noch das Mit­tel erster Wahl.

Erstaun­lich, eigent­lich. Gerade Eltern und Gross­el­tern jener Gene­ra­tion, wel­che die mas­si­ven Fol­gen des Kli­ma­wan­dels der­einst voll zu spü­ren bekommt, müss­ten sich doch eines bes­se­ren besin­nen. Weil sie doch immer das Beste für ihre Kin­der und Enkel wol­len. Denn wer nichts ande­res kennt, als per Flug­zeug in die Ferien und mit dem Auto in die Berge, in die Kita oder ins Trai­ning trans­por­tiert zu wer­den, bleibt in genau die­sen Ver­hal­tens­mu­stern hocken. Es sei denn, äus­sere Ent­wick­lun­gen wür­den sie zu Neuem zwin­gen. So, wie die Getrei­de­bau­ern in Bran­den­burg, die künf­tig Oli­ven­bäume pflan­zen müssen.

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