Die Regale bei den Grossverteilern sind gefüllt. Mit Äpfeln aus Neuseeland, Chile und Südafrika sowie ein paar Golden Delicious und pinke Ladies aus Schweizer Kühlhäusern. Dies mitten im Sommer, wo es zuhauf frische einheimische Früchte und Beeren gibt!
Der Apfel-Import folgt nicht einem Naturgesetz, sondern hat sein eigenes System: Bereits im Februar 2018 bewilligte der Bund ein Kontingent von 8000 Tonnen Import-Äpfeln. Die Begründung: 2017 fiel die Apfelernte hierzulande infolge Frühjahrsfrost mager aus. Also öffnete man die Grenzen für Äpfel aus Übersee, zum einen, damit die einheimischen Apfelvorräte länger reichten, vor allem aber, damit es keine «Versorgungslücken» bis zur neuen Ernte gebe. Es sei, so der Verband des Schweizerischen Früchte- Gemüse- und Kartoffelhandels «Swisscofel», den KonsumentInnen hierzulande nicht zuzumuten, für ein paar Wochen auf «des Schweizers liebste Frucht» zu verzichten.
Lieber lässt man Braeburn, Gala und Co. vom anderen Ende der Welt einfliegen. Und zwar laut Branchenverband mindestens noch bis Mitte August, um die Zeit bis die einheimischen Kommerzsorten reif sind, zu überbrücken. Eine Unsitte, die seit Jahren von Coop, Migros etc. gefördert und gepflegt wird: Möglichst alle Produkte – von Spargeln über Erdbeeren bis zu Äpfeln soll alles immer und für alle verfügbar sein.
Ein ökologischer Unsinn, der abgestellt gehört! Zumal das Angebot an lokalen Produkten gerade im Sommer mehr als genügt – und besonders reichhaltig ist. Sogar Äpfel gibt es bereits frisch vom Baum! Zum Beispiel Klara-Äpfel. Eine traditionelle, einheimische Sorte, deren Ernte dieses Jahr besonders reichhaltig ausfällt. In den Obstgärten biegen sich die Äste unter der köstlichen Last.
Doch das interessiert die Grossverteiler nicht. Klara-Äpfel sind nicht Teil ihres Sortiments, denn die alte Apfelsorte mit dem weisslichen Fruchtfleisch ist sehr druckempfindlich und kann nur zwei bis drei Wochen gelagert werden. Damit erfüllen sie die heutigen Mindestanforderungen nicht, betreffend Haltbarkeit und Transportfähigkeit. Der Grosshandel verlangt heute nach standardisierten «Naturprodukten» – auch wenn er diese vom andern Ende der Welt importieren muss.
Es gibt aber einen Ausweg: Wer wirklich frisches Obst schätzt und gerne in einen Apfel beisst, der nicht nur nach Apfel schmeckt, sondern sogar noch duftet, kauft auf dem Markt ein. Ein samstäglicher Rundgang auf dem Oerliker Markt zeigt: Nebst Klara-Äpfeln bieten Bäuerinnen und Bauern bereits jetzt auch weitere Frühsorten an, die köstlich duften und schmecken!
Aber aufgepasst: Auch auf den Wochenmärkten werden Braeburn und andere Standard-Sorten aus Neuseeland und Südafrika angeboten! Für KonsumentInnen, die jahrein, jahraus immer das Gleiche wollen. Gegen Konsumsturheit gibt es offenbar keine Globuli. Wer immer alles zur Verfügung hat, verpasst jedoch die Vorfreude auf die saisonalen Besonderheiten, die uns die Natur beschert.
Fazit: Wer direkt bei den ProduzentInnen einkauft, setzt nicht nur ein Zeichen gegen den ökologischen Unsinn der Apfelimporte. Gleichzeitig unterstützt man so den Erhalt der einheimischen Sortenvielfalt – und wird mit wunderbarem Terroir-Geschmack belohnt, wie ihn kein blankpolierter Industrie-Einheits-Apfel je auf die Zunge bringen kann.