Seit Wochen andauernd wunderbares Sommerwetter! Kaum Regen. Seen und Flüsse laden zum Baden. Vorausgesetzt, sie haben noch genügend Wasser. Im Thurgau etwa gibt es bereits zahlreiche ausgetrocknete Bachbetten. Die Bewässerung der Felder wurde rationiert. Um die Fische zu retten, werden sie vom Fischereiaufseher eingefangen und in grössere Gewässer umgesiedelt. Das funktioniert, solange diese nicht ebenfalls der Trockenheit zum Opfer fallen. Für die Fachleute, die in der Natur arbeiten, ist der Fall klar: Der Klimawandel ist im Gang. Ohne Fragezeichen.
Noch viel schlimmer sieht es in Brandenburg und Ostdeutschland aus: Dort bedroht eine der verheerendsten Trockenperioden seit Beginn der regelässigen Aufzeichnungen vor 55 Jahren die Existenz von Bauernbetrieben. Waldbrände und massive Ernteausfälle sind Folgen der aktuellen Dürre.
Ernst Rauch, Klimaexperte beim Rückversicherer Munich Re, rät in einem Interview mit dem Tagesspiegel den Brandenburger Bauern, künftig Olivenbäume zu pflanzen. «Die Klima- und Vegetationszonen rücken von Süden nach Norden vor», fasst er zusammen und fährt fort: «Wenn die Entwicklung so weiter geht, werden wir in Deutschland eine Vegetation haben wie in Norditalien. Die Landwirtschaft muss sich anpassen.»
Heisse, trockene Sommer und wärmere Winter – das mag für manche Ohren hierzulande sogar verlockend klingen. Wenn man ausser Acht lässt, dass damit auch das Schmelzen der Gletscher, unserer Wasserreservoirs, verbunden ist. Die negativen Folgen des Klimawandels werden auch wir noch drastischer zu spüren bekommen. Die grossen Rückversicherungsgesellschaften rechnen bereits mit entsprechenden Szenarien.
Viele Betroffene, insbesondere in armen Ländern, können sich kaum gegen die Folgen des Klimawandels schützen. Bereits heute sind Millionen von Menschen auf der Flucht, weil sich ihre Lebensgrundlage infolge der Klimaveränderungen drastisch verschlechtert haben.
Und was tun wir? Europa, inklusive die Schweiz, schliesst seine Grenzen. Allerdings nur für Menschen auf der Flucht. Denn selber verreist man ja gerne – heute mehr und weiter denn je…
Der Flughafen Zürich verkündet Jahr für Jahr neue Rekordzahlen. Sommerferien heisst Hochbetrieb. An solchen Tagen werden am Flughafen in Kloten täglich weit über 100’000 Personen abgefertigt. Fliegen ist spottbillig, also ist blöd, wer nicht fliegt. Facebook und Instagram quellen über von Selfies unserer Nachbarn und Freundinnen, je weiter weg, desto besser. Schönes Sommerwetter daheim hin oder her. Ökologischer Fussabdruck? Kein Thema.
Andere verreisen nach wie vor gerne mit dem Auto. In den Süden, was etwa am Gotthard aktuell zu den saisonal obligaten langen Staus führt. Aber auch für Ausflüge in die Region, sogar für das Einkaufen in der Stadt oder das Abliefern der Kinder in der Kita ist das Auto bei einem Grossteil hierzulande immer noch das Mittel erster Wahl.
Erstaunlich, eigentlich. Gerade Eltern und Grosseltern jener Generation, welche die massiven Folgen des Klimawandels dereinst voll zu spüren bekommt, müssten sich doch eines besseren besinnen. Weil sie doch immer das Beste für ihre Kinder und Enkel wollen. Denn wer nichts anderes kennt, als per Flugzeug in die Ferien und mit dem Auto in die Berge, in die Kita oder ins Training transportiert zu werden, bleibt in genau diesen Verhaltensmustern hocken. Es sei denn, äussere Entwicklungen würden sie zu Neuem zwingen. So, wie die Getreidebauern in Brandenburg, die künftig Olivenbäume pflanzen müssen.