Gross ist die Sorge bei den Strommanagern, in Bälde den wachsenden Energiehunger ihrer Kundschaft nicht mehr stillen zu können. Deshalb müssen sie viel Geld aufwerfen, um die Bevölkerung über die Unbedenklichkeit von Atomstrom aufzuklären. Eigentlich wäre die Abstimmung über die Zukunft des BKW-AKWs in Mühleberg eine gute Gelegenheit für schwungvolles Lobbying gewesen.
Doch die BKW, die zum grössten Teil dem Kanton Bern und damit dem Volk gehört, musste sich Zurückhaltung auferlegen. So wollte es die Regierung, und auch die Konzernleitung war offenbar zum Schluss gekommen, dass zuviel Propaganda in diesem Fall kontraproduktiv sein könnte. Noch vor zwei Jahren hatte der Schweiz drittgrösster Stromkonzern im Vorfeld einer ähnlich gelagerten Abstimmung in der Waadt eine halbe Million Franken verbuttert. Doch die Zeiten ändern sich – und mit ihnen die Methoden.
Weil viele BKW-KundInnen eine Abneigung gegen Atomstrom haben, hat der Konzern sein Angebot erweitert. Denn längst ist Strom nicht mehr gleich Strom. Zwar beträgt der Anteil an Atomstrom im BKW-Angebot nach wie vor 60 Prozent. Doch wer bereit ist, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, kann heute für einen bescheidenen Aufpreis von 3,5 Rappen pro Kilowattstunde zertifizierten reinen Strom aus Wasserkraft beziehen. Einiges teurer ist der Windstrom aus dem BKW-Netz, dafür müssen zusätzliche 18 Rappen bezahlt werden, für Solarstrom sogar 80 Rappen. Ein gutes Geschäft für den Stromlieferanten.
Auf den ersten Blick erstaunt deshalb, weshalb die BKW Mitte Januar medienwirksam verkündete, sie müsse ihr Engagement für den Ausbau erneuerbarer Energien in der Schweiz drastisch senken. Weil der Widerstand gegen neue Wind- und Wasserkraftwerke zu gross und die Bewilligungsverfahren zu kompliziert seien. Tatsache ist: Ökostrom lässt sich nur teuer verkaufen, solange er ein Nischenprodukt bleibt… Immerhin unterstützt die BKW Private, die sich eine eigene Solaranlage leisten wollen, mit einem einmaligen Beitrag von 1000 Franken. Eine schöne Geste, und vor allem elegant, denn für die Kosten dieser Imagekampagne kommen, wie Recherchen des Beobachters zeigen, die Hersteller und Installateure der Anlagen auf.
Ist so eine Kleinanlage erst einmal in Betrieb, wird die BKW sogar geizig: Während andere Netzbetreiber für Ökostrom im Sinne der Förderung von alternativen Energien einen guten Preis bezahlen, erhält, wer seinen überschüssigen Strom ins BKW-Netz einspeist, von ihr gerade mal das gesetzlich vorgeschriebene Minimum vergütet. Was natürlich die Investitionslust nicht gerade fördert. Auch das hat System: Mit jedem Einzelnen, der seine Energie aus eigener Produktion bezieht, entfällt ein Kunde. Wenn er darüber hinaus noch Strom ins Netz einspeist, wird er zum Konkurrenten. Dezentralisierung bedeutet Machtverlust für die Grossen.
Deshalb zieht die BKW den Bau von AKWs der Förderung erneuerbarer Energien vor. Trotz grosser Widerstände in der Bevölkerung, langwieriger Bewilligungsverfahren und – nach wie vor — ungelöster Abfallprobleme.