Neulich im Museum oder Das museale Stiefkind

Eine tolle Aus­stel­lung in den ehe­ma­li­gen Stal­lun­gen des Castello Vis­con­teo in Pavia – eine Werk­schau der Fotos von Elliott Erwitt – man taucht von einem Bild ins näch­ste. Grandios!

Der Mei­ster sel­ber hat die «Icons» aus sei­ner über 60jährigen Kar­riere für die Aus­stel­lung zusam­men­ge­stellt. Schuhe aus Hun­de­per­spek­tive gesel­len sich zu Moment­auf­nah­men von Vogel und Flug­zeug, Gän­sen und Mäd­chen, Mari­lyn in pri­va­ter Pose und Nixon im Streit­ge­spräch mit Chruscht­schow… Ein Ein­blick in die Kul­tur- und Poli­tik­ge­schichte neben Werbe- und Rei­se­fo­to­gra­fie. Immer mit dem schalk­haft-kri­ti­schen Blick des gros­sen Meisters.

Dazu Inter­view­sequen­zen und Zitate muse­ums­ge­recht auf­be­rei­tet – eine Reise wert! Inspi­riert durch die Bil­der sind wir neu­gie­rig auch auf das Film­schaf­fen des Mei­sters. Davon wer­den in einem abge­schlos­se­nen Raum zwei Kost­pro­ben ange­bo­ten. Den Films­ound hört man in der gan­zen Aus­stel­lung – also las­sen wir uns verführen.

Zwei Filme: «Beauty knows no pain» von 1973 – eine Doku über Majo­ret­ten in einem Col­lege in den USA, die andere über ein kolo­nia­les Polo­spiel auf Ele­fan­ten in Nepal. Die­ser läuft gerade, als wir ein­tre­ten: Die Kopie sicht­bar älte­ren Datums, aus­ge­wa­schene Far­ben, man­gel­hafte Schärfe. Das alles nimmt man in Kauf, das gehört irgend­wie zur Patina alter Pro­duk­tio­nen. Was uns aber wirk­lich wütend macht: Das For­mat ist völ­lig falsch: Da ren­nen ver­zerrte, dünne Ele­fan­ten über ein ver­zerr­tes Spiel­feld. Ein qua­dra­ti­sches Bild an die Wand pro­ji­ziert – statt des Ori­gi­nal­for­mats 4:3

Und dies in einer Foto­aus­stel­lung, wo die Qua­li­tät der Bild­ge­stal­tung und Repro­duk­tion im Zen­trum steht! Elliot Erwitt, der Per­fek­tio­nist, hat für ein­mal die Kon­trolle aus der Hand gege­ben. Ver­nünf­ti­ger­weise kann er ja nicht alle zwei Wochen zu sei­nen Aus­stel­lun­gen jet­ten, um zu über­prü­fen, ob alles so aus­ge­stellt ist, wie es sein muss.

Beim Ver­las­sen der Aus­stel­lung wei­sen wir auf das Mal­heur hin. Freund­li­ches Schul­ter­zucken. Lo sap­piamo sì, sagt man uns. Aber die Aus­stel­lung sei bald zu Ende, da könne man nichts mehr machen. Ent­täusch­tes Schul­ter­zucken unsererseits.

Die Moral von der Geschicht: Man könnte jetzt zum Ita­lien-Bas­hing aus­ho­len. Weit gefehlt! Im Zeit­al­ter von Video­in­stal­la­tio­nen im Stile des anything goes, wagen die Rezi­pi­en­tIn­nen gar nicht mehr zu fra­gen, ob die Pro­jek­tion «rich­tig» oder «gewollt falsch» ist. 

Immer wie­der machen wir diese Erfah­rung: Das bewegte Bild (Film und Video) ist das Stief­kind vie­ler Aus­stel­lun­gen. Haupt­sa­che, es bewegt sich was und flim­mert und tönt. Fal­sche For­mate, Ver­zer­run­gen, asyn­chrone Pro­jek­tio­nen.… immer wie­der. Auf Film/​Video ver­zich­ten mögen die Kura­to­rIn­nen aber immer weni­ger. Dann sol­len sie dem Medium und damit auch den Aus­stel­lungs­be­su­che­rIn­nen bit­te­schön Sorge tragen.

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