Um es gleich vorweg zu nehmen: Meine JA-Stimme, sowohl für die Pestizid- wie für die Trinkwasserinitiative, ist gesetzt. Was mich allerdings total verunsichert ist die Frage, wo ich künftig einkaufen, welchen Produkten und Labels ich noch vertrauen kann.
Bis anhin war für mich klar: Gemüse, Salat, Früchte, Fisch und Fleisch sind am besten frisch vom Markt, gekauft bei den Bäuerinnen und Produzierenden meines Vertrauens. Bei den Grossverteilern achte ich auf das Bio-Label und natürlich immer auch darauf, woher das Produkt kommt.
Nachdenklich stimmte mich bereits ein vorösterlicher Spaziergang über Land: Von zahlreichen Bauernhäusern prangten uns Plakate entgegen, die aggressiv für ein doppeltes Nein gegen die «extremen Agrar-Initiativen» warben. Als ob die Forderung nach einem wirksamen und nachhaltigen Schutz unserer Böden und unseres Trinkwassers ein Verbrechen wäre…
Nachdem die Agrar-Lobbyisten zusammen mit den Exponenten des Bauernverbands im Parlament bereits die dringend notwendige Agrarreform versenkt haben, schalten Bauernpräsident Ritter + Co nun selbstbewusst noch einen Gang höher und ziehen alle Register. Nichts lassen sie aus, von Untergangsdrohungen über bäuerliches Selbstmitleid bis zu Beschönigungen betreffend Trinkwasserqualität in der Schweiz. Das war nicht anders zu erwarten: Die aktuelle Führung des Bauernverbands hat wiederholt gezeigt, dass sie mit harten Bandagen und allen Mitteln für den Erhalt altbewährter Privilegien und sprudelnder Geldquellen kämpft.
Um das eigene Portemonnaie geht es auch bei Bio Suisse: Deren Delegiertenversammlung hat am 14. April mit grossem Mehr die NEIN-Parole zur Trinkwasser-Initiative beschlossen. Mit der Begründung, diese würde zu einer (von BioSuisse!) unerwünschten Zunahme von Bio-Betrieben führen und in der Folge zu einem Preiszerfall bei Bioprodukten aus Schweizer Anbau.
Dies ist nun wirklich die definitive Bankrotterklärung von Bio Suisse: Ursprünglich zum Schutz von Natur und Gesundheit ins Leben gerufen, verkommt die Bio-Knospe so zu einer blossen Etikette, hinter der kurzfristiger Profit höher gewichtet wird als Umwelt und Nachhaltigkeit.
Tatsache ist: In der Schweiz sind laut dem Präsidenten von Bio Suisse aktuell gerade mal 16 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe biozertifiziert. Befremdend, dass sich da ausgerechnet jener Verein, der sich der Förderung der Biolandwirtschaft verschrieben hat, vor weiteren Biobetrieben fürchtet. Zumal sich der Konsum von Bioprodukten hierzulande stetiger Zunahme erfreut.
Tatsache ist aber auch: Nur ein Bruchteil des Mehrpreises, den Konsumentinnen und Konsumenten für Bioprodukte bezahlen, kommt den Produzentinnen und Produzenten zugute. Insbesondere die Grossverteiler schlagen hohe Margen auf Bioprodukte, um ihre Billig-Angebote aus konventionellem Anbau und industrieller Landwirtschaft noch günstiger zu vermarkten.
Ein doppelter Schlag ins Gesicht der BioproduzentInnen. Umso wichtiger wäre es, faire und nachhaltige Produktions- und Absatzbedingungen für alle zu schaffen. Ein Prozess, der auch von Biobetrieben nicht Halt machen darf, denn auch dort gibt es vielerorts Verbesserungspotenzial: So ist etwa weder der Import von (bio-zertifizierten) Futtermitteln aus Übersee nachhaltig, noch der längerfristige Einsatz von Kupfer-Spritzmitteln. Probleme, die durch angepasste Produktion sowie weitere Entwicklung und Forschung entschärft und gelöst werden können.
Genau dafür bieten die beiden Initiativen eine einmalige Chance: Die Trinkwasserinitiative verknüpft künftige Subventionen in der Landwirtschaft mit der Forderung nach nachhaltiger Produktion. Und die Initiative, die ein Verbot von synthetischen Pestiziden will, führt dazu, dass Bio in der Schweiz zur Normalität und zum Standard wird. Zum Vorteil aller.
Wie lautete doch der dem Häuptling Seattle zugeschriebene bekannte Slogan: «Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.»
Ja leider verkehrt sich die Bioknospe langsam aber sicher in ihr Gegenteil. Schon seit längerer Zeit kaufe ich keinen Lachs mehr, wenn die Knospe aufgedruckt ist. So sehe ich schon von Weitem, dass hier Gefängslachse verkauft werden.