Bio Suisse, die Supermärkte und der grosse Schwindel

Nirgends ist das Einkaufen so bequem wie im Supermarkt. Hier fin­den Kundinnen und Kunden in einem ein­zi­gen Laden alles, was sie brau­chen – und noch viel mehr.

©Migros

Egal ob arm oder reich, bio oder vegan – jede und jeder kann das Einkaufsverhalten nach eige­nem Gusto gestal­ten. In der nicht mehr über­blick­ba­ren Produktschwemme «hel­fen» uns die Marketingabteilungen der Supermarktketten mit Myriaden von Logos und Labels, die uns Orientierungshilfe im Wirrwarr des Überflusses bie­ten sol­len, bevor wir nach den für uns rich­ti­gen Produkten zu grei­fen. Glauben wir.

So gilt in unse­rem Haushalt die Grundregel: Bio und regio­nal. Aber unter­stüt­zen wir damit wirk­lich immer die Richtigen? Diese Frage stellt sich umso dring­li­cher, seit die Delegierten von Bio Suisse am 14. April die Nein-Parole zur Trinkwasserinitiative beschlos­sen haben.

Wir wis­sen: Es gibt vie­le Bio-ProduzentInnen, die mit dem Entscheid von BioSuisse über­haupt nicht ein­ver­stan­den sind. Bio-PionierInnen wie etwa Martin Ott von der Landwirtschaftlichen Schule Rheinau ZH oder Bernhard Hänni aus Noflen BE enga­gie­ren sich mit Vehemenz und über­zeu­gen­den Argumenten sowohl für die Trinkwasser- wie für die Initiative gegen syn­the­ti­sche Pestizide – und haben sich vom Bio Suisse-Entscheid distanziert.

Die Naturaplan-Kartoffeln, die wir bei unse­rem letz­ten Einkauf bei Coop erstan­den haben, stam­men vom Bio Suisse-zer­ti­fi­zer­ten Hof von Martin Lussi in Tägerwilen. Was sei­ne Haltung betref­fend Boden- und Gewässerschutz ist, wis­sen wir nicht. Er ver­mark­tet sei­ne Produkte über den Lieferanten Rathgeb BioLog AG in Unterstammheim, wie der Produkteinformation auf der Verpackung zu ent­neh­men ist.

Beim Blick auf die Website die­ses Betriebs ver­geht uns aller­dings die Lust auf die soeben erstan­de­nen Kartoffeln. «Auch wir sagen NEIN zu den bei­den Agrarinitiativen», steht dort in gros­sen Lettern. Die Begründung: Die wei­te­re Ausdehnung des Biolandbaus sol­le über das Konsumverhalten gesche­hen und nicht «vom Staat ver­ord­net» werden.

Vermutlich gehört auch der Grossbetrieb Bio Rathgeb, der nebst einer aus­ge­dehn­ten eige­nen Produktion (unter ande­rem auch für Biotta) vor allem als Biogrosslieferant für Migros, Coop, etc.  figu­riert, zu den Profiteuren der aktu­el­len Situation. Genauso wie die Grossverteiler, die mit über­ris­se­nen Margen auf Bio-zer­ti­fi­zier­ten Produkten ihr übri­ges Sortiment quersubventionieren.

So wirbt die Migros aktu­ell zum Beispiel mit gros­sen Plakaten für «Feelgood auch für die Natur. Mehr Bio-Früchte und ‑Gemüse denn je.» Um im Rahmen der glei­chen Kampagne «Feelgood für einen Franken. Frische Früchte und Gemüse zum unschlag­ba­ren Preis» anzu­prei­sen. Die gross­in­dus­tri­el­le Gemüse- und Früchteproduktion aus Holland, Spanien, Marokko und aus dem Senegal  las­sen grüs­sen, und die Natur fühlt sich hier­bei nach mig­ro­lo­gi­scher Ansicht natür­lich good.

Die Grossverteiler brüs­ten sich ger­ne mit ihrem grü­nen Mäntelchen. Für sie wie für vie­le Produzenten ist Bio jedoch bloss ein Marktsegment von vie­len, das gewinn­brin­gend bear­bei­tet wird. So gehört etwa der Biofruchtsaftpionier Biotta heu­te dem Food-Konzern Orior. Dessen brei­tes Portfolio ent­hält unzäh­li­ge Produkte – von Fleischspezialitäten über Meeresfrüchte bis zu Trendfoods – die mit Nachhaltigkeit oder Bio nun aber wirk­lich nichts am Hut haben.

Die stän­di­ge Behauptung, dass wir Konsumentinnen und Konsumenten es in der Hand hät­ten, der bio­lo­gi­schen Landwirtschaft und dem nach­hal­ti­gen Umgang mit unse­ren Böden und Gewässern zum Durchbruch zu ver­hel­fen, ist ein rie­si­ger Schwindel. Leider ist unser Handlungsspielraum genau­so beschränkt wie jener der Bioproduzierenden, die es wirk­lich ernst mei­nen und die seit Jahren für fai­re Bedingungen und eine zukunfts­fä­hi­ge Landwirtschaftspolitik kämpfen.

Natürlich ver­su­chen wir trotz­dem, im Rahmen unse­rer Möglichkeiten, einen Beitrag zu leis­ten. Fest steht: Kartoffeln von Rathgeb und von Landwirtschaftsbetrieben, die Nein-Transparente zu den genann­ten Initiativen an Ihre Scheunentür nageln, kom­men bei uns nicht mehr auf den Tisch. Und auf dem Wochenmarkt kann am Biostand die Gretchenfrage gestellt wer­den: Wie hältst Du’s mit der Trinkwasserinitiative?

Auch wenn das Einkaufen etwas kom­pli­zier­ter wird: Wir müs­sen kon­se­quen­ter all jene Kräfte unter­stüt­zen, die nicht nur ans eige­ne Portemonnaie den­ken, son­dern sich für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft und beim Konsumverhalten engagieren.

Eine Antwort auf „Bio Suisse, die Supermärkte und der grosse Schwindel“

  1. das ist ein Schlag in unser Gesicht. alle guten Vorsätze für eine bio­lo­gi­sche Landwirtschaft wer­den qua­si ver­wäs­sert. Ich weiss echt nicht mehr wer was macht, die­se Knospen und Logos sind alle Schall und Rauch.

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