Quinoa

Beim Kor­rek­tur­le­sen stiess ich die­ser Tage auf eine Infor­ma­tion, die mir zuvor ent­gan­gen war: 2013 ist nicht nur das «Jahr der Was­ser-Koope­ra­tion», son­dern auch das «Jahr der Qui­noa». Bereits im Februar hatte UNO-Gene­ral­se­kre­tär Ban Ki-moon nach New York ein­ge­la­den, wo das «Super­nah­rungs­mit­tel» in Anwe­sen­heit des boli­via­ni­schen Prä­si­den­ten Evo Mora­les, der perua­ni­schen First Lady Nadine Here­dia Alar­cón de Humala sowie dem FAO-Direk­tor José Gra­ziano da Silva gefei­ert wurde

Wäh­rend Jahr­tau­sen­den Grund­nah­rungs­mit­tel der Anden­völ­ker, kam Qui­noa in den letz­ten Jah­ren glo­bal in Mode: NASA-Wis­sen­schaft­ler lenk­ten als erste die inter­na­tio­nale Auf­merk­sam­keit auf das «gol­dene Korn der Inkas», indem sie es als idea­les Nah­rungs­mit­tel für Lang­zeit­mis­sio­nen ins Welt­all anprie­sen. In der Folge ebne­ten Ent­wick­lungs­or­ga­ni­sa­tio­nen, die im Rah­men von land­wirt­schaft­li­chen Hilfs­pro­jek­ten Qui­noa für den Export fit mach­ten, den Weg in unsere Läden.

Mitt­ler­weile füh­ren auch Migros und Coop Qui­noa aus bio­lo­gi­schem Anbau mit Fair­trade-Label in ihrem Sor­ti­ment. Und prei­sen es als Win-Win-Pro­dukt, mit dem wir uns sel­ber und gleich­zei­tig den armen Bau­ern in Latein­ame­rika Gutes tun. Denn Qui­noa gilt als äus­serst gesund: Laut FAO ist es das ein­zige pflanz­li­che Nah­rungs­mit­tel, das alle wich­ti­gen Ami­no­säu­ren, Spu­ren­ele­mente und Vit­amine enthält.

Zudem ist die alte Kul­tur­pflanze, die bis auf eine Höhe von 4000 Metern über Meer ange­baut wer­den kann, äus­serst zäh: Sie gedeiht auch auf kar­gen und ver­sal­ze­nen Böden, ist resi­stent gegen Trocken­heit und tole­riert Tem­pe­ra­tu­ren zwi­schen minus acht und 38 Grad. Diese Eigen­schaf­ten will man künf­tig welt­weit nut­zen: Mit ersten Pilot­pro­jek­ten in Kenia und Mali habe man bereits gute Resul­tate erzielt, heisst es bei der FAO. Künf­tig soll das «gol­dene Korn» aus den Anden auch im Hima­laya, in Indien oder in der Sahel­zone ange­baut werden.

FAO-Direk­tor José Gra­ziano da Silva bezeich­net Qui­noa als den neuen Ver­bün­de­ten im Kampf gegen Hun­ger und Ernäh­rungs­un­si­cher­heit. Der künf­tig eine tra­gende Rolle bei der Aus­rot­tung von Hun­ger, Fehl­ernäh­rung und Armut spie­len könne. Eine ver­heis­sungs­volle Geschichte. Lei­der zu schön, um wahr zu sein.

Denn seit Qui­noa sei­nen Erobe­rungs­zug um die Welt ange­tre­ten hat, ist es dort, wo es her­kommt, aus dem All­tag ver­schwun­den. In den Läden und auf dem Markt im boli­via­ni­schen El Alto zum Bei­spiel, fragt man ver­ge­bens nach dem ein­sti­gen Grund­nah­rungs­mit­tel. Zu teuer, sagen die Händ­ler. Die Men­schen hier kön­nen sich Qui­noa längst nicht mehr leisten.

Weil der Export von Qui­noa so lukra­tiv ist, kommt es sogar in den Anbau­ge­bie­ten kaum mehr auf den Tisch: Laut Stu­dien hat die Fehl­ernäh­rung von Kin­dern in Regio­nen, die finan­zi­ell vom Qui­noa-Boom pro­fi­tie­ren, in den letz­ten Jah­ren stark zuge­nom­men. – Womit sich ein­mal mehr zeigt, wie schnell die freie Markt­wirt­schaft gute Absich­ten in schlechte Ent­wick­lung verwandelt. 

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