Die meisten Weltverbesserer, die in jungen Jahren auf Demos und in linken oder gar revolutionären Vereinigungen für eine bessere Welt eingestanden sind, haben ihre damaligen Ideale längst verraten. Wie viele von ihnen sind im Lauf der Zeit den Annehmlichkeiten eines regelmässigen Salärs erlegen, haben den Marsch durch die Institutionen angetreten und sich arrangiert.
Diejenigen, die sich immer noch und konsequent für soziale Arbeits- und Lebensbedingungen sowie eine gerechtere Einkommensverteilung engagieren, kämpfen oft auf verlorenem Posten. Ab und zu gelingt ein kleiner Erfolg. Aber die grosse Revolution ist bisher nicht nur ausgeblieben, sondern in weite Ferne gerückt. Das Sagen haben die Reichen und Mächtigen, die ihren Reichtum und ihre Macht auf Kosten der andern erfolgreich zu mehren wissen.
Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, braucht es mehr als guten Willen und Durchhaltevermögen. Mit blosser Integrität und dem Sammeln von Unterschriften ist den negativen Auswüchsen des wuchernden Kapitalismus nicht beizukommen — das hat die Geschichte längst gezeigt. Wer der immer stärker auseinander klaffenden Schere beikommen und seinen Kindern eine bessere Welt hinterlassen will, muss zu drastischen Mitteln greifen. Dies die Einsicht jenes Mannes, der wie kein anderer in der Schweiz, mit Raffinesse und Weitsicht genau dieses Ziel konsequent und mit Erfolg verfolgt.
Sein jüngster Coup ist einmal mehr ein Beweis dafür, dass der Mann keine Mühen und Widerwärtigkeiten scheut, um die Sache der Gerechtigkeit voran zu treiben, und die Menschen in der trägen Schweiz aufzurütteln: Indem er nämlich von seinem ehemaligen Arbeitgeber fünf Millionen Franken für «Übergangsleistungen» und künftig ein Beraterhonorar in der Höhe von 25’000 Dollar pro Tag akzeptiert, hat er nicht nur sich, sondern vor allem die Diskussion um Lohngerechtigkeit, einmal mehr zielsicher in die Schlagzeilen gebracht.
Sein Kalkül ist aufgegangen: Der umtriebige SP-Nationalrat Cédric Wermuth zum Beispiel, hat sogleich ausgerechnet, dass 25’000 Doller pro Tag einem Stundenlohn von 3’400 Dollar entspricht und das eindrückliche Resultat auf Facebook gepostet, mit einem Link zur Webseite der 1:12-Initiative.
Was zeigt, dass die NZZ zu recht befürchtet: «Die Befürworter der 1:12-Initiative reiben sich die Hände:» Mit dem Vorwurf hingegen, dass sich der Verwaltungsrat von Novartis und dessen Ex-Präsident um das politische Geschehen in der Schweiz foutieren würden, liegt die alte Tante völlig falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Die Publikation der Millionen-Vergütung und die astronomischen Honoraransätze sollen der Schweizer Bevölkerung die Augen öffnen und sie zum Widerstand anstacheln.
Dies der raffinierte Plan eines ehemaligen Marxisten, der schon früh begriffen hat, dass der Kapitalismus nur überwunden werden kann, wenn man ihn ad absurdum führt. Und dies seither konsequent getan hat.