Wie sauber ist «saubere Energie»?

Es ist höch­ste Zeit, die Ölhei­zung still­zu­le­gen und durch eine Wär­me­pumpe zu erset­zen. Dass man damit für das alte Haus mehr Strom braucht, ist kein Pro­blem: Eine Pho­to­vol­ta­ik­an­lage auf dem Dach und die Spei­cher­bat­te­rie im Kel­ler sor­gen künf­tig für eine aut­arke Ver­sor­gung mit erneu­er­ba­rer Ener­gie, rund um die Uhr.

«Damit wird auch das Woh­nen sau­ber», freut sich die öko­lo­gie­be­wusste Mie­te­rin. Ihre Nach­barn haben soeben eine Pel­let­hei­zung instal­liert, andere hof­fen auf einen bal­di­gen Fern­wär­me­an­schluss. Der Trend ist klar: Alle wol­len weg von Gas und Öl. Endlich!

Das ist gut so, der Schritt weg von den fos­si­len Ener­gien war längst über­fäl­lig – aber wie sau­ber ist die «sau­bere Ener­gie» wirk­lich? Sind die land­auf landab pro­pa­gier­ten Alter­na­ti­ven tat­säch­lich gut genug? Schaf­fen wir es damit aus der aktu­el­len Sackgasse?

In der all­ge­mei­nen Eupho­rie für Alter­na­ti­ven zu Öl- und Gas­kraft­wer­ken sowie fos­si­len Heiz­an­la­gen wer­den die Schat­ten­sei­ten der Ersatz-Tech­no­lo­gien unter den Tisch gewischt, mit­un­ter wird auch gelo­gen und betro­gen, was das Zeug hält.

Ein kras­ses Bei­spiel dafür ist etwa die Umstel­lung des gröss­ten Strom­kraft­werks in Eng­land von Kohle auf Pel­lets. Damit erhält die­ser Strom das Label «grün», weil er mit Holz – einem nach­wach­sen­den Roh­stoff – pro­du­ziert wird.

Wie die BBC in ihrem Dok­film «The Green Energy Scan­dal Expo­sed» auf­zeigt, ist das Ver­hei­zen von Pel­lets in die­sem Mass­stab jedoch alles andere als nach­hal­tig: Der Kraft­werks­gi­gant ver­brennt jähr­lich sie­ben Mil­lio­nen Ton­nen Pel­lets – der Gross­teil davon wird aus Kanada her­an­ge­schifft. Das Holz stammt zu einem guten Teil aus Urwäl­dern im hohen Nor­den, die sehr viel CO2 bin­den und bekannt­lich viel län­ger brau­chen, um nach­zu­wach­sen als Wäl­der in wachs­tums­freund­li­che­ren Umgebungen.

Money makes the pel­lets go round – Distan­zen und Trans­port spie­len keine Rolle, wenn der Ener­gie­markt soviel bezahlt, dass das Pel­let­busi­ness Pro­fit abwirft.

Dies nota­bene mit gross­zü­gi­ger Unter­stüt­zung durch den bri­ti­schen Staat, der die Ver­feue­rung von Pel­lets anstelle von Kohle als «grüne Alter­na­tive» sub­ven­tio­niert! Wer zudem meint, Pel­lets seien immer­hin «bes­ser» als Kohle, sitzt offen­bar einem Mär­chen auf. Seit die Drax Power Sta­tion im eng­li­schen York­shire Holz­pel­lets ver­feu­ert, weist sie laut Recher­chen der BBC eine CO2-Bilanz auf, die noch schlech­ter aus­fällt als der ein­stige Kohlebetrieb.

Auch in der Schweiz wird die Umstel­lung auf Pel­let­hei­zun­gen sub­ven­tio­niert. Weil wir (noch!) genü­gend Holz haben, das sich für die Ener­gie­er­zeu­gung eig­net, so die Wer­be­sprü­che. Aller­dings stos­sen Pel­let­hei­zun­gen nach wie vor eine Menge CO2 und zusätz­lich Fein­staub aus. Kommt hinzu, dass es auch hier­zu­lande bloss eine Frage der Zeit ist, bis die hei­mi­sche Pel­let­pro­duk­tion die Nach­frage nicht mehr befrie­di­gen kann.

In der Abtei­lung «sau­bere» Ener­gie­pro­duk­tion fin­den wir sodann Solar- und Wind­kraft. Beide sind in Wahr­heit nicht ganz so sau­ber, wie es deren Pro­mo­to­ren gerne ver­kün­den: Für die Her­stel­lung von Wär­me­pum­pen und ‑son­den, Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen, Wind­tur­bi­nen und Bat­te­rien wer­den Roh­stoffe benö­tigt, deren Gewin­nung die Umwelt bela­stet und die noch weit davon ent­fernt sind, in eine Kreis­lauf­wirt­schaft ein­ge­bun­den zu sein. Unter dem Strich also Ener­gie­an­la­gen, die schon eine Menge Ener­gie geko­stet haben, bevor sie über­haupt in Betrieb gehen.

Noch wis­sen wir wenig über deren Lebens­dauer. Fest steht: Keine die­ser Anla­gen ist ein Per­pe­tuum Mobile. Bei Wind­kraft­tur­bi­nen spricht man von einer Betriebs­dauer von rund 20 Jah­ren, in der Ver­gan­gen­heit war es auch schon weni­ger. Bei Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen wer­den 25 bis 40 Jahre pro­gno­sti­ziert, bei Wär­me­pum­pen 15 bis 20 Jahre.

Klar kann man hof­fen, dass dank For­schung und Ent­wick­lung in Zukunft auch die Ener­gie­ge­win­nung immer effi­zi­en­ter und sau­be­rer wird, und dass dies die kur­zen Lebens­zy­klen der Anla­gen auf­wie­gen mag.

Trotz­dem: Sau­bere Ener­gie gibt es nicht. Man muss beim Ver­glei­chen von mehr oder weni­ger sau­be­ren Ener­gie­for­men sogar höl­lisch auf­pas­sen und genau rech­nen, bevor das Eti­kett «sau­be­rer als…» auf­ge­klebt wird.

Wohl­stand auf dem Niveau unse­rer hoch­in­du­stria­li­sier­ten Län­der mit ste­tig wach­sen­der Mobi­li­täts­sucht lässt sich nicht grün­sa­nie­ren. Ohne Erkennt­nis und Akzep­tanz, dass weni­ger mehr ist, wird das Errei­chen der Kli­ma­ziele ein from­mer Wunsch blei­ben. Dies umso mehr, wenn zuoberst auf der Trak­tan­den­li­ste der Mäch­ti­gen das Füh­ren von Krie­gen steht.

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