Was für ein Segen war doch die Erfindung des Klebers «Bitte keine Werbung». Die drei Worte, die hierzulande mittlerweile zur Standardbeschriftung von Briefkästen gehören, wirken wahre Wunder bei der Eindämmung unerwünschter Papierfluten.
Längst haben WerberInnen andere Wege gefunden, uns ihre Angebote doch noch per Post zukommen zu lassen. Sei es als «Beilagen» unserer Zeitungen und Zeitschriften oder als persönlich adressierte Briefe. Trotzdem scheint die grosse Wirkung der kleinen Bitte manchen das Geschäft zu vermiesen. Allen voran, offenbar, der Post.
Zum Glück kommen aber WerberInnen immer wieder auf neue Ideen. Letzte Woche zum Beispiel, erreichte uns ein persönlich adressiertes Schreiben aus Bern. Absenderin: Die Post CH AG.
Unter dem Titel «Jetzt gratis von attraktiven Warenmustern profitieren!» präsentiert uns Reto Zenger, Leiter Product Management PromoPost, ein umwerfendes Angebot: «In ihrem Wohngebiet verteilen wir von März bis Mai 2018 jeden Monat ein attraktives Warenmuster. Dieses können Sie jeweils zu Hause bequem und in aller Ruhe testen.»
Die als Köder abgebildeten Produkte schüren die Vorfreude: Im März werden wir in unserem Briefkasten einen Veggie-Couscous Snack – «ready in 5 Minuten!» finden, im April den Weichspüler mit «aufregendem Duft sowie einer besonders kuscheligen Weichheit», und für den Mai stellt man uns die «Spülmaschinentabs gegen Eingebranntes» in Aussicht.
Wer könnte da widerstehen? – Endlich handfeste Produkte im Briefkasten, statt bloss langweilige Zeitungen, nervige Rechnungen und traurige Todesanzeigen… und das alles geizistgeilgratis!
Natürlich hat das Ganze einen kleinen Haken: «Warenproben gelten als Werbesendungen», lässt uns Herr Zenger wissen und rät deshalb: «Wenn Sie den Vermerk ’Bitte keine Werbung’ an Ihrem Briefkasten haben und künftig Warenproben und andere Werbesendungen erhalten möchten, entfernen Sie diesen vom Briefkasten oder drehen einfach das integrierte Schildchen um.»
Für all jene, die den leidigen Kleber nicht wegknübeln können, oder wo das Schildchen fixiert ist, hat die Post auch schon vorgesorgt: via Internet bestellt man – kostenlos! – Kleber mit der Aufschrift «Werbung OK!». Die muss man nur noch am Briefkasten anbringen – und schon ist der Weg frei, für das neue Werbeerlebnis «mit echten und attraktiven Warenmustern in Ihrem Briefkasten!»
Liebe Post, für wie blöd haltet ihr uns eigentlich? Subventions-Skandal bei den Postautobetrieben, Gemischtwarenladen in den immer weniger werdenden noch bestehenden Postfilialen, gelbe Sammel-Briefkästen mit Seltenheitswert, die bereits morgens um 11.15 geleert werden, Veggie-Couscous und Spülmaschinentabs im Briefkasten. Service public ja, aber mit der Betonung auf SERVICE!