Manchmal schafft das Layout einer Zeitungsseite Verbindungen zwischen Dingen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Durch das schiere Nebeneinander von Texten kommt man auf abwegige Ideen und erliegt plötzlich der Versuchung, Zusammenhänge zu schaffen, wo es gar keine Zusammenhänge gibt… So erging es mir kürzlich beim Lesen der NZZaS.
Da standen zwei völlig unterschiedliche Geschichten nebeneinander. Eine aus dem revolutionsgeschüttelten Libyen, die andere aus der friedlichen Schweiz. Die eine handelt vom Bösen «als politische Kraft», vom Wahnsinn eines Politikers, der ein ganzes Land in den Abgrund reisst. Die andere von der Habgier eines Wirtschaftsführers. Zwei Typen, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier der polternde Wüstendespot, der vor Brachialgewalt nicht zurückschreckt – dort der smarte, sich nobel zurückhaltende Manager.
Die Machenschaften des einen bringen Tod und Elend. Die Geschäfte des andern Geld und Gesundheit. Kein Grund, zwischen den beiden Geschichten irgendwelche Verbindungen zu konstruieren. Hätte es da nicht Formulierungen gegeben, die ein Gedankenspiel direkt provoziert haben: «Ein Mann ohne Einsicht» – so der Titel des Artikels über Daniel Vasella, der genauso gut zur Gaddafi-Geschichte gepasst hätte. Doch damit nicht genug. «Und er bewegt sich nicht, kein Jota,» beginnt Gordana Mijuk ihr Psychogramm über den Pharmachef. Taub für jegliche Kritik kassiere er nach wie vor allein für sein Mandat als Verwaltungsratspräsident ein jährliches Gehalt von 25 Millionen Franken. Überzeugt davon, dass ihm dies zustehe.
Ohne die geringste Regung von Scham oder eben – Einsicht. Ganz im Gegenteil. Schlecht gehe es ihm, werden Beobachter zitiert. Weil er nur noch Verwaltungsratspräsident sei, und nicht mehr CEO. Das Fazit des Artikels: «Das erlaube sein Ego nicht. Deshalb bestehe er auch auf einem CEO-Salär dieser Höhe. Vasella will die Macht nicht hergeben.» Millionen, Macht und verletztes Ego. Eine hoch explosive Kombination. Damit schliesst sich der Kreis, meine Augen wandern zum ersten Artikel zurück. Gaddafi – ein übergeschnappter Egomane, der seine Macht und seine Millionen mit blutiger Gewalt verteidigt. Kein Einzelfall, wie David Signer in seinem Artikel zu Recht festhält. Und ein Beispiel dafür, wie schnell die Situation kippen kann:
Bis vor wenigen Wochen noch galt der libysche Diktator vielen als smart. Er war ein mächtiger Staatschef und potenter Geschäftsmann. Bis sich die Menschen gegen den Despoten zusammenschlossen. Unter dem Druck der Strasse, am Abgrund, schlägt er nun wie ein verwundetes Tier um sich. Ein typisches Verhalten für einen Machtmenschen in Bedrängnis. In diesem Fall allerdings besonders verheerend, angesichts der Mittel, die er dafür zur Verfügung hat.