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Mobilmachung beim Bauernverband

Der Abstim­mungs­kampf um die Bio­di­ver­si­täts-Initia­tive, der lang­sam in Fahrt kommt, nimmt immer gro­tes­kere For­men an. Die Geg­ner­schaft – ange­führt vom Schwei­ze­ri­schen Bau­ern­ver­band – scheut keine Kosten und Mit­tel, um das Volks­be­geh­ren mit der etwas län­ge­ren, dafür tref­fen­de­ren Über­schrift «Für die Zukunft unse­rer Natur und Land­schaft» zu bodigen.

Die Ziel­set­zung der Initiant:innen – den Schutz unse­rer Lebens­grund­la­gen in der Ver­fas­sung bes­ser zu ver­an­kern – ist so ein­fach wie ver­nünf­tig. Denn eigent­lich wis­sen es alle, auch die, die es nicht wis­sen wol­len: Ein sorg­fäl­ti­ger Umgang mit Umwelt und Res­sour­cen tut drin­gend Not.

Nicht erst seit heute. Eini­ges wurde schon erfolg­reich getan, wie fol­gende drei Bei­spiele zei­gen: Dank dem Bau von Klär­an­la­gen und gesetz­lich ver­lang­ten Gewäs­ser­schutz­mass­nah­men, geht es unse­ren Flüs­sen und Seen heute wesent­lich bes­ser als noch vor 30 Jah­ren. Zwei­tens gibt es mit dem Raum­pla­nungs­ge­setz ein Instru­ment, um die Zer­sie­de­lung zu begren­zen. Schliess­lich för­dern land­auf, landab Hun­derte von Pro­jek­ten, ver­ord­net oder frei­wil­lig, die Bio­di­ver­si­täts­för­de­rung, den Arten­schutz und eine nach­hal­tige Entwicklung. 

Tat­sa­che ist aber auch, dass der Schutz unse­rer Res­sour­cen und Land­schaf­ten allzu oft hint­an­ste­hen muss, weil andere Begehr­lich­kei­ten Prio­ri­tät genies­sen. Wenn es um den Aus­bau von Tou­ris­mus- oder Mobi­li­täts­in­fra­struk­tur geht, um die Inter­es­sen von Bau­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­bran­che, um die Errich­tung von neuen Ener­gie­an­la­gen im Grü­nen – stets hat der Hei­mat- und Natur­schutz das Nachsehen.

Auch der Schwei­ze­ri­sche Bau­ern­ver­band wird nicht müde zu behaup­ten, es gebe gar kei­nen Hand­lungs­be­darf in Sachen Bio­di­ver­si­tät, die Land­wirt­schaft tue dies­be­züg­lich längst mehr als genug.

Das Gegen­teil ist der Fall. Natür­lich tra­gen zahl­rei­che Bäue­rin­nen und Bau­ern, ihren Res­sour­cen Sorge. Mit dem Ver­zicht auf Pesti­zide und Kunst­dün­ger lei­stet die bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft nicht nur einen wich­ti­gen Bei­trag zu unse­rer Lebens­mit­tel­ver­sor­gung, son­dern sie sorgt auch dafür, dass die Böden gesund und frucht­bar blei­ben und die Bio­di­ver­si­tät in unse­rem Land erhal­ten und geför­dert wird.

Die­ser Teil der Bau­ern­schaft ist aber nur eine kleine Min­der­heit, die vom Schwei­ze­ri­schen Bau­ern­ver­band mar­gi­na­li­siert wird. Die mäch­tige Bau­ern­lobby setzt nach wie vor alles daran, die Land­wirt­schaft aus ihrer Ver­ant­wor­tung zum Erhalt der Bio­di­ver­si­tät zu ent­las­sen. So war sie mass­geb­lich daran betei­ligt, einen kon­struk­ti­ven Gegen­vor­schlag zur vor­lie­gen­den Initia­tive im Par­la­ment zu ver­sen­ken, genau gleich wie eine schon beschlos­sene Ver­ord­nung zu Bio­di­ver­si­täts­flä­chen im Ackerbau.

Mehr noch: Der Schwei­ze­ri­sche Bau­ern­ver­band for­dert in der Ver­nehm­las­sung zur Total­re­vi­sion der Pflan­zen­schutz­mit­tel­ver­ord­nung die prü­fungs­freie Zulas­sung aller in der EU bewil­lig­ten Pflan­zen­schutz­mit­tel für die Schweiz. Damit will er das Mit­spra­che­recht der Umwelt­ver­bände bei der Zulas­sung von Insek­ti­zi­den und Her­bi­zi­den unterbinden. 

Trotz­dem haben Bau­ern­chef Mar­kus Rit­ter und seine Leute die Chuzpe zu behaup­ten, die Landwirt:innen seien Spit­zen­rei­ter in Sachen Enga­ge­ment für Bio­di­ver­si­tät. Tat­sa­che ist, dass bereits heute 19 Pro­zent der gesam­ten land­wirt­schaft­li­chen Nutz­flä­che in der Schweiz als soge­nannte Bio­di­ver­si­täts­för­der­flä­chen (BFF) aus­ge­wie­sen wer­den. Dies, wenig über­ra­schend, weil es dafür Sub­ven­tio­nen vom Bund gibt. Mit der Menge allein ist es aber nicht getan…

Sogar der Bio­loge Mar­cel Züger, der im Auf­trag des Bau­ern­ver­ban­des eine Stu­die zum Zustand der Bio­di­ver­si­tät in Bezug auf die Land­wirt­schaft erstellt hat, kommt zum Schluss: Die ver­lang­ten Min­dest-Bio­di­ver­si­täts-Flä­chen (BFF) in der Land­wirt­schaft (sprich: Flä­chen, für wel­che die Bau­ern Sub­ven­tio­nen erhal­ten, weil sie sie exten­siv bewirt­schaf­ten) wer­den zwar erreicht und gar über­trof­fen, aber es mangle an Qualität.

Sprich: Beim Aus­schei­den von BFF steht bei vie­len Bäue­rin­nen und Bau­ern nicht die Frage nach dem grösst­mög­li­chen Nut­zen für die Bio­di­ver­si­tät im Zen­trum – sie bevor­zu­gen jene Par­zel­len, die abge­le­gen sind oder in der Ver­gan­gen­heit eh am wenig­sten abge­wor­fen haben.

Gleich­zei­tig wird auf dem übri­gen Land­wirt­schafts­land wei­ter­hin mit Pesti­zi­den und Dün­ger gefuhr­werkt, was das Zeug hält. Davon wis­sen Landwirt:innen ein Lied­chen zu sin­gen, die ihr Land bio­lo­gisch bewirt­schaf­ten, aber immer wie­der von Pesti­zid­ne­beln ein­ge­deckt wer­den, die ihre Kol­leg: innen auf angren­zen­den Fel­dern ausbringen.

Mit sei­ner Fron­tal­op­po­si­tion gegen einen mode­ra­ten Ver­fas­sungs­ar­ti­kel zur För­de­rung von Bio­di­ver­si­tät und Res­sour­cen­schutz scha­det der Bau­ern­ver­band letzt­end­lich sei­nen eige­nen Leuten.

Genauso wie jene in den Städ­ten und Agglo­me­ra­tio­nen, die in jeg­li­cher Grün­flä­che nur das Poten­zial für Immo­bi­li­en­busi­ness sehen und so tun als wären die übrig­ge­las­se­nen Grün­streif­chen ein gross­zü­gi­ger Bei­trag zum Erhalt der Biodiversität. 

Des­halb muss lei­der fest­ge­stellt wer­den, dass es unsin­nig ist in Sachen Bio­di­ver­si­tät auf Frei­wil­lig­keit zu set­zen. Wäre dies ziel­füh­rend, könnte der Staat auch bei Steu­er­ein­nah­men das Prin­zip der Frei­wil­lig­keit anwenden.

Ein Ja zur Initia­tive ist auch ein Ja zum Gemein­wohl – anstelle der vom Par­la­ment befeu­er­ten Beloh­nung von rück­sichts­lo­sen Eigeninteressen. 

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