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Mehr Flughafen – nein danke!

In die­sen Tagen ist am Flug­ha­fen Zürich wie­der der Teu­fel los: Laut Anga­ben der Flug­ha­fen Zürich AG, wer­den Jahr für Jahr in den Tagen vor, wäh­rend und nach dem WEF rund 1000 zusätz­li­che Flug­be­we­gun­gen abgefertigt.

Eine Auf­gabe, die zusätz­lich zu den 750 Flug­zeu­gen, die täg­lich in Zürich star­ten und lan­den, offen­bar pro­blem­los zu bewäl­ti­gen ist. Umso erstaun­li­cher, dass der Flug­ha­fen Sicher­heits-Argu­mente ins Zen­trum stellt, um die geplante Ver­län­ge­rung von zwei der drei Start- und Lan­de­pi­sten zu begründen.

Das Pro­jekt wurde im Som­mer 2023 im Zür­cher Kan­tons­rat mit 87 zu 83 Stim­men nur knapp durch­ge­winkt. In der Folge ergrif­fen die unter­le­ge­nen Parlamentarier:innen das Behör­den­re­fe­ren­dum. Dar­über hin­aus sam­melte der Ver­ein «Fair in Air» 5000 Unter­schrif­ten für ein Refe­ren­dum gegen das Bauvorhaben.

Am 3. März 2024 stimmt nun die Zür­cher Stimm­be­völ­ke­rung über die Frage der Pisten­ver­län­ge­rung ab. Seit Anfang Jahr brin­gen sich Befür­wor­ter und Geg­ner­schaft laut­stark in Stel­lung. Laut Medi­en­be­rich­ten sol­len beide Sei­ten rund 400’000 Fran­ken in den Abstim­mungs­kampf investieren.

Bereits letzte Woche begrüsste uns etwa am Bahn­hof Win­ter­thur eine ganze Armada von digi­ta­len Wer­be­pla­ka­ten, die mit Schlag­wor­ten wie «Mehr Sicher­heit», «Mehr Pünkt­lich­keit» – aber auch «Weni­ger CO2» oder «Ohne Steu­er­geld» für ein «JA zur Pisten­ver­län­ge­rung» werben.

In Win­ter­thur kämpft das Pro-Komi­tee mit sei­ner Offen­sive gegen die Stadt­re­gie­rung, die sich offi­zi­ell im Kampf gegen die Pisten­ver­län­ge­rung enga­giert. Win­ter­thur ist eine von rund 50 Gemein­den im Kan­ton, die sich gegen das Pro­jekt aus­spre­chen. Aus guten Gründen:

Die Bevöl­ke­rung in Win­ter­thur wäre, wie zahl­rei­che wei­tere Gemein­den im wei­te­ren Umkreis des Flug­ha­fens, vom Pisten­aus­bau durch zusätz­li­che Lärm- und andere Emis­sio­nen beson­ders betrof­fen. Des­halb das klare NEIN der Stadtregierung.

Soviel Weit­sicht würde man sich auch von ande­ren Volksvertreter:innen und der öffent­li­chen Hand über­haupt wün­schen. Doch weit gefehlt: Die Ein­sicht, dass man bes­ser bald als erst mit­tel­fri­stig beim Flug­ver­kehr zurück­schrau­ben statt aus­bauen sollte, ist bei den Ver­ant­wort­li­chen lei­der (noch) nicht angekommen.

Obschon die bör­sen­ko­tierte Zürich Flug­ha­fen AG zu einem Drit­tel dem Kan­ton gehört und die rot-grün regierte Stadt Zürich 10 Pro­zent der Aktien hält, agiert das Unter­neh­men wei­ter­hin unge­bremst Rich­tung Wachs­tum und Gewinnoptimierung.

Umso zyni­scher klin­gen des­sen Abstim­mungs­pa­ro­len – als ob der Flug­ha­fen­wolf Kreide gefres­sen hätte. Dies hält man wohl für nötig, in Zei­ten des Kli­ma­wan­dels und der – aller­dings längst wie­der abklin­gen­den – Flug­scham. Fakt ist, dass die Flie­ge­rei in der Schweiz heute mit 27 Pro­zent für den gröss­ten Anteil am Kli­ma­wan­del ver­ant­wort­lich ist.

Ganz im Sinne des Zeit­geists wird man von Sei­ten der Pisten­aus­bau-Lobby nicht müde zu ver­spre­chen, dass die geplan­ten Ver­län­ge­run­gen kei­nen Kapa­zi­täts­aus­bau zur Folge hät­ten. Dies, obschon ein etwas genaue­res Stu­dium des Pro­jekts durch­aus andere Schlüsse zulässt… Cle­ver weist man statt­des­sen dar­auf hin, dass die 250 Mil­lio­nen Fran­ken für den Pisten­aus­bau vom Unter­neh­men sel­ber gestemmt wür­den und keine Steu­ern invol­viert seien. Auch hier wären Fra­gen ange­bracht, ins­be­son­dere hin­sicht­lich der durch den Flug­ver­kehr ver­ur­sach­ten indi­rek­ten Kosten.

Was die wei­te­ren Ver­spre­chun­gen der Zürich Flug­ha­fen AG und ihrer Unter­stüt­zer bezüg­lich Sicher­heit, Pünkt­lich­keit oder Umwelt­schutz anbe­langt, bewe­gen sie sich alle inner­halb der alten Logik von Wachs­tum und end­lo­ser Optimierung.

Erhel­lend ist auch ein wei­te­rer Blick auf die Web­site der Flug­ha­fen Zürich AG: Die Pisten­ver­län­ge­rung, über die wir am 3. März abstim­men, ist nur eines von zahl­rei­chen Mil­lio­nen­pro­jek­ten, die aktu­ell auf dem Flug­ha­fen­areal getä­tigt wer­den, oder noch in der Pipe­line sind. Sie alle zei­gen in die glei­che Rich­tung: Wachstum!

Bei der Abstim­mung über die Pisten­ver­län­ge­rung haben wir die Chance, wenig­stens ein­mal unser Veto dage­gen ein­zu­le­gen. Tun wir das: NEIN zur Pistenverlängerung!

Aller­dings dürfte das Thema damit noch nicht gänz­lich vom Tisch sein: Weil die Flie­ge­rei ein Wirt­schafts­zweig von natio­na­ler Bedeu­tung ist, hat der Bund das letzte Wort. Und die­ser sieht im Sach­plan Infra­struk­tur der Luft­fahrt (SIL) von 2017 vor, dass die Pisten 28 und 32 in Zürich ver­län­gert und die Kapa­zi­tät von heute maxi­mal 66 auf 70 Flug­be­we­gun­gen pro Stunde erhöht werden.

Also doch ein Aus­bau. Den es mit allen Mit­teln zu ver­hin­dern gilt.

Mit einem NEIN am 3. März wird die Pisten­ver­län­ge­rung wohl erst ein­mal bloss ver­zö­gert. Die Wahr­schein­lich­keit, dass sie gegen den Wil­len der Bevöl­ke­rung je umge­setzt wer­den, ist aber gering. Und dürfte mit der Zeit und dem wach­sen­den Wider­stand noch gerin­ger werden. 

Feuer und Fluten

Video­schal­tung mit­ten ins Gesche­hen: Die bri­ti­sche Tou­ri­stin berich­tet in den BBC-News live aus ihrem Hotel­zim­mer auf Rho­dos. Zwei Tage nach der Lan­dung auf der Feri­en­in­sel, sei es aus gewe­sen mit Strand­plausch und Ent­span­nung. Hitze, Rauch, das Feuer.…

Wäh­rend rundum eva­ku­iert wird, müs­sen sie und ihre Fami­lie vor­läu­fig im Hotel­zim­mer aus­har­ren. Sie fühle sich sicher, beru­higt die Frau den mit­füh­len­den BBC-Redak­tor im fer­nen Stu­dio. Im Hin­ter­grund ein Teen­ager im Bett, der auf sei­nem Smart­phone herumdrückt.

Die Fami­lie hoffe, bald einen Flie­ger zurück nach Eng­land bestei­gen zu kön­nen, sagt die Tou­ri­stin und der Anchor­man wünscht mit aus­drucks­star­ker Empa­thie good luck.

In einem wei­te­ren News-Bei­trag aus der Rubrik «Wir schaf­fen Zuschauer:innen-Nutzen» wird die Reak­tion der Rei­se­ver­an­stal­ter und Air­lines auf die Situa­tion abge­ru­fen. TUI fliegt vor­erst keine Tourist:innen nach Rho­dos, wäh­rend Bri­tish Air­ways alle Tou­ris­mus­flücht­linge gra­tis heimbefördert.

Die Zei­tung BLICK zitiert die Swiss Air­lines: Keine Ver­an­las­sung, Rho­dos-Flüge ein­zu­stel­len. Dem Ver­neh­men nach soll im Nor­den der Insel nach wie vor unver­rauch­tes Feri­en­ma­chen mög­lich sein.

Men­schen­recht Urlaub – das lässt sich der Homo Turi­sti­cus nicht und von nie­man­dem ver­dries­sen! Schliess­lich hat man es sich hart ver­dient, mit all der Arbeit, dem Stress jahr­ein, jahraus.

Wald­brände wegen Kli­ma­er­wär­mung? – Reine Panik­ma­che, sagen viele. Andere geben sich durch­aus besorgt und zäh­len auf, was sie im All­tag so alles tun, gegen die Kli­ma­krise: Man isst weni­ger Fleisch als frü­her, inve­stiert in eine Wär­me­pumpe fürs Ein­fa­mi­li­en­haus oder fährt einen Tesla… Bei so viel Acht­sam­keit für die Umwelt darf man getrost wie gewohnt Ferien machen.

Ob mit dem Cam­per durch den Gott­hard oder mit dem Flug­zeug auf die Inseln – jetzt ist wie­der Mobi­li­tät à dis­cretion ange­sagt. Denn alles, was wir uns wün­schen ist ja:

Ein biss­chen Frie­den, ein biss­chen Sonne
Für diese Erde, auf der wir wohnen.
Ein biss­chen Frie­den, ein biss­chen Freude,
Ein biss­chen Wärme, das gönn» ich mir.

Das wird aller­dings immer schwie­ri­ger. Weil die Kata­stro­phe auch vor ver­meint­li­chen Para­die­sen nicht Halt macht. Schon allein die Hitze – über 40 Grad in man­chen Mit­tel­meer­de­sti­na­tio­nen – dürfte den Feri­en­ge­nuss dra­stisch schmä­lern. Wo es wegen Feuer oder Flu­ten zur Ver­trei­bung aus dem «Para­dies» kommt, hat der Spass end­gül­tig ein Ende.

Die Ver­wü­stun­gen in Ita­lien, Kanada oder Grie­chen­land sind nur die aktu­el­len Spit­zen­er­eig­nisse, die es in unsere Medien schaf­fen. Der Man­gel an Was­ser, die immer dra­sti­scher wer­den­den Unwet­ter – wir alle erle­ben bereits heute immer stär­ker die längst vor­aus­ge­sag­ten Aus­wir­kun­gen der Kli­ma­krise. Dabei ist das Lei­den der glück­lo­sen Tourist:innen, die durch ihr Ver­hal­ten diese Kata­stro­phen zusätz­lich beför­dern, noch das klein­ste Übel…

Die Rhodos-Tourist:innen ent­kom­men dem Inferno per Flug­zeug. Daheim, in ihrem «myhomeis­my­castle» wer­den sie sich, sobald der Schreck über­wun­den ist, bald an die Pla­nung der näch­sten Ferien machen und einen Flug in eine ver­meint­lich unver­sehrte Feri­en­de­sti­na­tion buchen. Unge­rührt der Tat­sa­che, dass sie dadurch – natür­lich bloss im Pro­mil­le­be­reich – zu den näch­sten Kata­stro­phen bei­tra­gen. Schliess­lich soll unbe­dingt nach­ge­holt wer­den, was man auf Rho­dos ver­passt hat.

Wäh­rend­des­sen müs­sen die Men­schen, die in den von Feu­ern und Unwet­tern zer­stör­ten Regio­nen leben, mit der Kata­stro­phe zurecht­kom­men. Und es wer­den immer mehr…

Ange­sichts der aktu­el­len Ent­wick­lun­gen braucht es keine hell­se­he­ri­schen Fähig­kei­ten, um vor­aus­zu­sa­gen, dass es zuse­hends schwie­ri­ger wer­den dürfte, sich in «Feri­en­pa­ra­die­sen» den Rea­li­tä­ten der Kli­ma­krise zu entziehen.

Wenig­stens kriegt man vor­der­hand dank Rei­se­ver­si­che­rung das Geld für die ver­dor­be­nen Ferien zurück – oder steht etwa neu­er­dings etwas ande­res im Kleingedruckten?

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