Skip to content

SRF-Arena erfreut die Autolobby

©SRF

Drei Wochen vor der Abstim­mung über die 5‑Milliardenvorlage zum Aus­bau der Auto­bah­nen bekommt ein Bun­des­rat wie immer eine Platt­form in der SRF-Arena, um für seine Vor­lage zu wer­ben… Man dis­ku­tiere an die­sem Abend, so Mode­ra­tor San­dro Brotz bei der Begrüs­sung, damit sich die Zuschaue­rin­nen und Zuschauer eine Mei­nung bil­den können.

Bald wird klar: Die ver­meint­li­che Aus­ge­wo­gen­heit beim Schwei­zer Fern­se­hen hat Schlag­seite. Schon die Rund­schau-Repor­tage zur Lan­cie­rung des The­mas macht deut­lich: Die Redak­tion neigt zum Autobahnausbau.

Kein Wun­der, dass zuerst ein Last­wa­gen­chauf­feur lamen­tie­ren darf, im Stau ste­hen zu müs­sen. Genauso wie der Feu­er­wehr­mann, der dank Auto­bahn­aus­bau hofft, schnel­ler an den Ein­satz­ort zu gelan­gen. Ein Zufall, dass es sich beim Inter­view­ten um den ehe­ma­li­gen SVP-Prä­si­den­ten von Basel­land han­delt? Für die Geg­ner­seite darf ein älte­rer Herr den Ver­lust sei­nes Schre­ber­gar­tens bekla­gen, aber wenn es um Leben und Tod geht, muss man halt Prio­ri­tä­ten setzen.

Fakt ist: Sowohl die Staus auf der Auto­bahn wie die Ver­kehrs­über­la­stun­gen in den Dör­fern und Quar­tie­ren besei­tigt man nicht, indem wei­tere Mil­li­ar­den in den Kapa­zi­täts­aus­bau der Schwei­zer Auto­bah­nen ver­but­tert wer­den. Es braucht ein ver­nünf­ti­ges Ver­kehrs­ma­nage­ment. Genau dar­auf weist auch der Appell von 344 Mobi­li­täts­fach­leu­ten hin. Sie rufen mit ihrem Schrei­ben, das am Tag der Aus­strah­lung der Arena-Sen­dung publik wurde, zur Ableh­nung der Auto­bahn­vor­lage auf. Mit stich­hal­ti­gen Argu­men­ten und alter­na­ti­ven Lösungs­vor­schlä­gen. Ein star­kes Zeichen.

Auch der Ver­kehrs­experte, der im Rund­schaubei­trag zu Wort kommt, spricht Klar­text: Alex­an­der Erath, Pro­fes­sor für Ver­kehr und Mobi­li­tät an der Fach­hoch­schule Nord­west­schweiz weist dar­auf hin, dass der geplante Aus­bau, die soge­nannte «Eng­pass­be­sei­ti­gung», letzt­end­lich zu noch mehr Ver­kehr füh­ren und damit das Pro­blem wei­ter ver­schär­fen wird.

Ein Argu­ment, das sich in der Rea­li­tät noch und noch bestä­tigt hat und in Fach­krei­sen längst unbe­strit­ten ist. Nichts­de­sto­trotz ver­steigt sich SVP-Bun­des­rat Rösti in der Arena-Sen­dung zur Behaup­tung, Mehr­ver­kehr durch Stras­sen­bau gebe es nur beim Bau neuer Stras­sen­ver­bin­dun­gen, bei der Eng­pass­be­sei­ti­gung sei dies kein Thema.

Der ehe­ma­lige Erd­öl­lob­by­ist und heu­tige Vor­ste­her des UVEK sagt also genau das Gegen­teil von dem, was die Fach­welt längst erforscht und nach­ge­wie­sen hat. Rösti wie­der­holt diese Fehl­aus­sage wäh­rend der Sen­dung sogar mehr­mals. Der Mode­ra­tor wider­spricht nicht, er ist damit beschäf­tigt, seine Fra­gen vom Spick­zet­tel abzulesen.

Mehr noch: Der Appell der Verkehrsexpert:innen kommt in der Arena zwar zur Spra­che, auf des­sen Inhalt wird aber nicht ein­ge­gan­gen. Im Gegen­teil, das Schrei­ben wird unter den Tisch gewischt und von Rösti als grün­li­be­ra­les Mach­werk abge­stem­pelt. Mitt­ler­weile hat er den unrühm­li­chen Ruf, beim Durch­drücken sei­ner Poli­tik Fach­leute und wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nisse nicht zu berück­sich­ti­gen. Dem Mode­ra­tor ist das Einer­lei, er ist dar­auf kon­zen­triert, die Sprech­zeit sekun­den­ge­nau auf die Par­teien zu verteilen.

Es geht wei­ter, im glei­chen Stil: Rösti, sekun­diert von FDP-Natio­nal­rä­tin Jac­que­line de Quat­tro und Mitte-Natio­nal­rat Phil­ipp Kut­ter spielt den Land­ver­lust her­un­ter, rela­ti­viert die Kosten und ver­tei­digt das Recht auf freie Fahrt und unbe­grenz­ten Päcklitransport.

Natür­lich hal­ten die Gegner:innen – ver­tre­ten durch die Natio­nal­räte Jon Pult (SP) und Beat Flach (GL) und VCS-Co-Prä­si­den­tin Jelena Fili­po­vic – mit stich­hal­ti­gen Argu­men­ten dage­gen. So weist etwa SP-Natio­nal­rat Jon Pult dar­auf hin, dass die Aus­bau­pro­jekte alle im Mit­tel­land ange­sie­delt sind und somit gerade jenen, die in der Peri­phe­rie und in den Berg­ge­bie­ten aufs Auto ange­wie­sen sind, gar nichts brin­gen. Im Gegen­teil: Sie finan­zie­ren über den Ben­zin­preis Pro­jekte mit, die wei­ter­hin fal­sche Anreize in der Mobi­li­täts­po­li­tik set­zen. Beat Flach schil­dert die Situa­tion am Gubrist, die er aus eige­ner Erfah­rung kennt: Trotz zwei­ma­li­gem Aus­bau auf jetzt 6 Spu­ren staut es dort wie­der, genau wie vor dem Aus­bau – eine moderne Ver­kehrs­po­li­tik, sagt auch er, müsse andere Prio­ri­tä­ten setzen.

Wer in die­sen 60 Minu­ten auf mei­nungs­bil­dende Fak­ten und Argu­mente von Ver­kehrs­fach­leu­ten gehofft und gewar­tet hat, muss auf­ge­ben. SRF hat keine Expert:innen ein­la­den wol­len und macht lie­ber eigene hand­ge­strickte «Erklär»-Videos.

Der smarte Mode­ra­tor ver­steht die Argu­mente der Geg­ner­schaft nicht oder will sie offen­sicht­lich nicht ver­ste­hen. Schliess­lich ist sich Brotz nicht zu schade, Jelena Fili­po­vic wie auch Jon Pult die blöd­sin­nige Frage zu stel­len, ob sie tat­säch­lich gegen die Auto­bahn­pro­jekte seien, oder ob sie nicht viel­mehr halt Kraft ihres Amtes, respek­tive der Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit für ein NEIN plädierten.

Fazit: Das war bil­li­ges Info­tain­ment, wel­ches die Ausbaubeführworter:innen gefreut haben dürfte. Aber ein Bei­trag zur Mei­nungs­bil­dung? No.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.