Ab 2012 wird im Stade de Suisse, sechs Jahre nach der Verlegung von Kunstrasen im neu gebauten Stadion, wieder auf „Naturrasen“ gekickt. Eine gute Nachricht für den Stadionbetreiber, den Fussballclub und seine Fans – eine schlechte hingegen für’s globale Klima.
Der Begriff „Natur“ muss im Zusammenhang mit dem neuen Rasen grosszügig ausgelegt werden und ist nicht mit natürlich zu verwechseln: Produziert wird er von einem auf Rollrasen spezialisierten Grossbetrieb in Deutschland. Dieser zieht seine Graspflanzen in grossem Stil auf laborüberwachten Sandböden und Rasentragschichten. Ihr Gedeihen wird durch „organisch-mineralische Düngung, Verwendung hochenergetischer Vitalisierungsgranulate, Einsatz effektiver Mikroorganismen, sowie rechtsdrehendem und vorgewärmtem Beregnungswasser“ optimiert.
Nach einer Wachstumszeit von eineinhalb Jahren kommt der so gezogene „Naturrasen“ nach Bern, wo er über den ungeliebten Plastikrasen gelegt, den Spielern als bessere Unterlage dienen soll. Der fussballerischen Tortur einmal ausgesetzt, wird der echte Rasenteppich laut Schätzungen der Verantwortlichen gerade mal vier Monate durchhalten, danach muss er ersetzt werden.
Mit anderen Worten: Drei- bis viermal im Jahr erhält das Stade de Suisse künftig eine neue Lieferung „Naturrassen“ aus Deutschland. Das sind jedesmal 30 Sattelschlepper, die rund 240 Rasenrollen aus Ingolstadt herankarren.
Die Rechnung ist schnell gemacht: Auch wenn die Millionen kleiner, fleissiger Graspflänzchen auf dem Fussballplatz noch so emsigen CO2-Abbau betreiben – in ihrem kurzen Leben werden sie es niemals schaffen, den Energieaufwand, der mit ihrer Existenz verbunden ist, auch nur annähernd zu kompensieren.
Noch ärger dürfte die Ökobilanz eines anderen „Naturprodukts“ ausfallen: Der US-amerikanische Wissenschaftler Evan Mills hat in einer Studie den Energieverbrauch bei der Produktion von Cannabis untersucht und ist dabei zu haarsträubenden Ergebnissen gekommen: Hanfplantagen werden (nicht nur) in den USA vorwiegend in Innenräumen angelegt, um die vom Staat für illegal erklärten Pflanzungen vor polizeilichen Eingriffen und Diebstählen zu schützen.
Diese Indoor-Anlagen benötigen für Beleuchtung, Klimatisierung, Bewässerung und Entlüftung extrem viel Energie. Nicht zuletzt, so Miller, weil durch die Kriminalisierung der Anbau versteckt erfolgt, was oft eine besonders ineffiziente Energieversorgung nach sich zieht.
Laut Miller verschlingen die Indoor-Hanfplantagen in den USA ein Prozent des gesamten US-Stromverbrauchs, dies entspricht 2 Prozent des von privaten Haushalten konsumierten Stroms. Die Studie rechnet vor, dass der ökologische Fussabdruck der US-Hanfproduktion etwa gleich gross ist wie der jährliche CO2-Ausstoss von drei Millionen Autos. Bricht man diese Rechnung auf einen einzelnen Joint herunter, verbraucht dieser gleich viel Energie wie eine 100-Watt-Glühbirne, die 17 Stunden lang brennt.
Egal ob Fussball oder Cannabis. Beispiele dieser Art gibt es zu Hunderten. Sie zeigen, dass die Botschaft vom Energiesparen, obschon laufend laut propagiert, vielerorts (noch) nicht angekommen ist. Allein mit dem Verzicht auf Absurditäten wie Rollrasen oder Indoor-Cannabis, könnten Tonnen von CO2 eingespart werden. Ohne den geringsten Verlust.