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Palmsonntag 2025: Mehr Trauer als Jubel

Der Palm­sonn­tag gilt als hoher christ­li­cher Fei­er­tag. Er erin­nert an den Ein­zug von Jesus in Jeru­sa­lem, wo ihm seine Anhänger:innen mit Palm­zwei­gen zuju­bel­ten. Nur wenige Tage spä­ter folg­ten Ver­rat, Fest­nahme und Hin­rich­tung. Der Palm­sonn­tag sei des­halb ein Tag «zwi­schen Jubel und Trauer», ist etwa auf der Web­site des Ver­eins swiss.cath. nach​zu​le​sen​.ch.

Am dies­jäh­ri­gen Palm-Wochen­ende gab es jedoch wenig Anlass für Jubel – dafür umso mehr Trauer. Trauer, Wut und Befrem­den – ins­be­son­dere beim Blick auf drei Kriegs­schau­plätze, wo Angriffe durch Bom­ben, Rake­ten und Boden­trup­pen Hun­derte von Zivi­li­sten töte­ten und Tau­sende ver­letz­ten und in die Flucht trieben.

Der rus­si­sche Rake­ten­an­griff auf die ost­ukrai­ni­sche Stadt Sumy, wo 35 Men­schen getö­tet und über Hun­dert ver­letzt wur­den, sorgte in den hie­si­gen Medien für dicke Schlag­zei­len. Fast durch­gän­gig wurde das Attri­but «Kriegs­ver­bre­chen» ver­wen­det, da die rus­si­schen Rake­ten gezielt auf Zivilist:innen abge­feu­ert wor­den seien.

Die Tat­sa­che, dass in Sumy zum Zeit­punkt des Beschus­ses eine mili­tä­ri­sche Ordens­ver­lei­hung statt­ge­fun­den hat, wurde von den Medien mehr­heit­lich unter den Tisch gewischt. Dies, obschon ein solch bri­san­tes Detail eigent­lich zur Bericht­erstat­tung gehört hätte – auch wenn es nichts daran ändert, dass der töd­li­che Angriff eine von unzäh­li­gen Kriegs­hand­lun­gen dar­stellt. Und im Krieg kommt die Zivil­be­völ­ke­rung auf allen Sei­ten als «Kol­la­te­ral­scha­den» unter Feuer. Unver­meid­lich, so will es die Kriegslogik.

Weit weni­ger pro­mi­nent und ohne Nen­nung von Opfer­zah­len, wurde über einen ähn­li­chen Angriff der israe­li­schen Streit­kräfte auf das Al-Ahli-Spi­tal in Gaza-Stadt berich­tet, sowie über wei­tere am sel­ben Tag von der IFD began­gene Mas­sa­ker. Die Schwei­zer Medien begnüg­ten sich damit, die immer­glei­chen Ver­laut­ba­run­gen der israe­li­schen Armee wei­ter­zu­ver­brei­ten, wonach sich im Spi­tal eine Hamas-Kom­man­do­zen­trale befun­den habe…

An die­sem Tag star­ben in Gaza, laut einer Mel­dung der west­li­chen Nach­rich­ten­agen­tur AP, ver­öf­fent­licht bei POLITICO, min­de­stens 41 Men­schen durch israe­li­sche Rake­ten und Bom­ben. Der in die USA geflüch­tete palä­sti­nen­si­sche Poet Mosab Abu Toha, der es sich zur Auf­gabe gemacht hat, dank sei­nes Netz­werks von zurück­ge­blie­be­nen Ver­wand­ten und Bekann­ten aus erster Hand über das Lei­den in Gaza zu berich­ten, hat auf Face­book eine Liste ver­öf­fent­licht, auf der er die Namen von 44 Men­schen auf­führt, die am Palm­sonn­tag durch die IDF getö­tet wurden.

Dies ist ein berüh­ren­des und über­prüf­ba­res Gegen­do­ku­ment zur kalt­schnäu­zi­gen Ver­laut­ba­rung durch die IDF, man habe am Palm­sonn­tag in Gaza «mehr als 90 Ziele ange­grif­fen.» Wäh­rend die in Gaza getö­te­ten Men­schen in unse­ren Medien weder erwähnt noch die Zahl der Opfer genannt wurde, stel­len Berichte wie jener von Poli­tico sowie die Namens­nen­nung der Ermor­de­ten durch Mosab Abu Toha klar, dass auch in Gaza Men­schen gezielt getö­tet wur­den. Ein Kriegs­ver­bre­chen wie in Sumy.

Damit nicht genug. Wei­tere, hor­rende Kriegs­ver­bre­chen wer­den aus dem Sudan ver­mel­det: Dort töte­ten die RSF-Mili­zen bei einem Angriff auf das Flücht­lings­la­ger Zamzam allein am Palm-Wochen­ende über 450 Men­schen. Laut dem UN-Büro für huma­ni­täre Hilfe (OCHA) grei­fen die Mili­zen das Flücht­lings­la­ger, wo eine halbe Mil­lion durch den Bür­ger­krieg intern ver­trie­bene Men­schen Zuflucht such­ten, seit Wochen immer wie­der an. Tau­sende von Fami­lien wur­den so erneut in die Flucht geschla­gen. Sol­da­ten der Regie­rung gibt es dort nicht, wohl aber eine bedau­erns­werte Zivilbevölkerung.

Ein Drama, das den Schwei­zer Medien wenig Erwäh­nung wert ist und hin­ter den gros­sen Sumy-Schlag­zei­len zurück­ste­hen muss. Immer­hin: In der Haupt­aus­gabe der Tages­schau vom 14. April war ein rund zwei­mi­nü­ti­ger Bericht der aktu­el­len Situa­tion in Nord­dar­fur gewid­met. Mit einem unmiss­ver­ständ­li­chen State­ment vom Ein­satz­lei­ter von «Ärzte ohne Gren­zen», Jean-Nico­las Arm­strong Dan­gel­ser: «Allein wir von Ärzte ohne Gren­zen haben seit Beginn des Kon­flikts mehr als 80 gewalt­tä­tige Angriffe auf unser Per­so­nal, unsere Gesund­heits­ein­rich­tun­gen, unsere Hilfs­gü­ter und unsere Ambu­lan­zen registriert.»

Kriegs­ver­bre­chen, aus­ser­halb der Ukraine, die hier­zu­lande ob der gros­sen Zahl abge­hakt und abge­legt werden.

Man fragt sich schon: Ist das Leben einer Suda­ne­sin, eines Palä­sti­nen­sers eigent­lich weni­ger wert als Men­schen­le­ben in der Ukraine? Die Ant­wort lau­tet: Nein und noch­mals Nein. Men­schen­rechte gel­ten für alle. Ohne Ausnahme.

Warum pran­gen Medien und Politiker:innen in der Schweiz wie auch in Deutsch­land und in wei­te­ren west­li­chen Län­dern ein­zig rus­si­sche Kriegs­ver­bre­chen als sol­che an? Warum schweigt man zu Gaza, zum Sudan – und zu den Krie­gen im Kongo, in Jemen, in Syrien???

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