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GABRIELA NEUHAUS

35 Zeilen zum Lauf der Welt

35 Zeilen zum Lauf der Welt

Billiges Trittbrettfahren

Der 6. Novem­ber 2024 ist ein düste­rer Tag. Man musste damit rech­nen, doch für mich ist und bleibt unfass­bar, dass Donald Trump die Wah­len in den USA gewon­nen hat. Mit ande­ren Wor­ten: Mehr als die Hälfte jener, die in den USA gewählt haben, gaben Trump ihre Stimme. Das Ergeb­nis wird als demo­kra­tisch kor­rekt bewer­tet und von nie­man­dem angefochten.

Ein Ras­sist, Sexist und Des­pot als Füh­rer der west­li­chen Super­macht, der seine Ver­ach­tung für Mensch­lich­keit und Demo­kra­tie lust­voll zele­briert und wie­der­holt in Aus­sicht gestellt hat, dass es ein Ende haben werde mit der lei­di­gen Wäh­le­rei, sollte er 2024 zum zwei­ten Mal Prä­si­den­ten werden.

Nun hat er es also wie­der geschafft, demo­kra­tisch legi­ti­miert und gefähr­li­cher denn je. Wäh­rend die einen spe­ku­lie­ren, was auf die Schwei­zer Wirt­schaft zukommt und andere über die Aus­wir­kun­gen auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten rät­seln, zie­hen nicht wenige Kommentator:innen in den Sozia­len Medien das simple Fazit: Wir haben es schon immer gewusst – die Amis spin­nen, die ticken halt anders als wir…

Solch selbst­ge­rechte Ver­höh­nung ist so dane­ben wie falsch: Trump ist zwar ein beson­ders kras­ser Ver­tre­ter der macht­hung­ri­gen und geld­gie­ri­gen Élite, bei der sich alles um die Durch­set­zung der eige­nen Inter­es­sen dreht.

Letzt­end­lich tickt aber ein Trump nicht anders als andere Rechts­po­pu­li­sten. Zwar ist etwa das poli­ti­sche System in der Schweiz bes­ser auf­ge­stellt, unsere Politiker:innen fech­ten (in der Regel) mit fei­ne­rem Flo­rett als der US-Prä­si­dent in spe, aber machen wir uns nichts vor: Wie Bun­des­rä­tin Kel­ler-Sut­ter und ihre Kolleg:innen Amherd, Cas­sis, Par­me­lin und Rösti sind auch unsere Regie­rungs­mit­glie­der Teil einer Macht­elite, die unsere viel­ge­lobte Demo­kra­tie mehr oder weni­ger offen mani­pu­lie­ren. Zum eige­nen Vor­teil und der ihrer Klientel…

Es ist kein Zufall, dass Trump einem wie Albert Rösti gefällt. Der uner­war­tet deut­li­che Sieg der Repu­bli­ka­ner in den USA dürfte denn auch den Rechts­po­pu­li­sten hier­zu­lande und welt­weit wei­te­ren Auf­wind bescheren.

Keine schö­nen Per­spek­ti­ven. Aller­dings soll­ten wir die Trump-Wahl dies­be­züg­lich nicht überschätzen.

Abso­lut geschmack­los und bedenk­lich finde ich im Nach­gang zur Trump­wahl aller­dings all die Aktio­nen, mit wel­chen schon kurz nach Bekannt­gabe des Wahl­re­sul­tats ver­sucht wurde, aus der kol­lek­ti­ven Depres­sion Gewinn für die eigene Sache herauszuschlagen.

In mei­ner «Blasé» wurde ich am Tag nach den Wah­len gleich mehr­fach mit irri­tie­ren­den Rund­mails und Bet­tel­brie­fen ein­ge­deckt. Den Anfang mach­ten schon am Vor­mit­tag des 6. Novem­bers die Grü­nen, die in den Sozia­len Medien eine düstere Foto­mon­tage mit Trump vor dem Weis­sen Haus poste­ten, dar­über in fet­ten Let­tern der Slo­gan «Wider­stand ist Pflicht» – ver­bun­den mit der Auf­for­de­rung, der Grü­nen Par­tei beizutreten.

Wer den ent­spre­chen­den Link klickt, lan­det auf der Web­site mit dem Titel «Ich wehre mich gegen Rechts­po­pu­li­sten und werde Mit­glied» – dar­un­ter das Anmel­de­for­mu­lar und Infor­ma­tio­nen über die Höhe des Mit­glie­der­bei­trags, der etwa im Kan­ton Zürich, je nach Gemeinde, zwi­schen 60 und 250 Fran­ken beträgt…

Um 12.15 Uhr dann lan­dete eine Rund­mail des «Guar­dian» in mei­ner Mail­box. «It starts now», lässt des­sen Chef­re­dak­to­rin ver­lau­ten und weist dar­auf hin, dass wir soeben Zeu­gen eines «aus­ser­ge­wöhn­li­chen, ver­hee­ren­den Moments in der Geschichte der USA» gewor­den seien. Die Zei­tung werde ihre Anstren­gun­gen ver­dop­peln, so das Ver­spre­chen, und wie schon 2016 die Prä­si­dent­schaft genau unter die Lupe neh­men und Trump wie auch seine Entou­rage jour­na­li­stisch beglei­ten. Gleich unter dem kur­zen Text der Spen­den­but­ton mit der Bitte: «Please choose to sup­port our inde­pen­dent jour­na­lism today.»

Zwei Stun­den spä­ter Post von SP-Mat­tea Meyer und Céd­ric Wer­muth mit dem Titel: «Trump: Jetzt braucht es uns alle!» Ein Mas­sen­ver­sand der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei, der mich – wie zuvor schon die Grü­nen – als Mit­glied anwer­ben will, mit den Wor­ten: «Guten Tag – Wir sind schockiert: Donald Trump wird erneut Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten (…) Diese Wahl wird auch in der Schweiz Fol­gen haben (…) Wir machen uns grosse Sor­gen, aber klar ist auch: Jetzt ist nicht die Zeit, klein bei­zu­ge­ben (…) Des­halb möch­ten wir Sie an die­sem bit­te­ren Tag herz­lich ein­la­den, der SP bei­zu­tre­ten. Wir kämp­fen für eine soli­da­ri­sche, femi­ni­sti­sche und öko­lo­gi­sche Gesell­schaft – gemein­sam mit Ihnen gewin­nen wir.»

Schliess­lich, mit­ten in der Nacht, um 01.01 Uhr, eine wei­tere uner­wünschte Mail­be­lä­sti­gung. Der gefitzte Star-Cam­pai­gner und Poli­ti­cal Entre­pre­neur Daniel Graf, des­sen Crowd­fun­ding-Platt­form «WeColl­ect» in finan­zi­elle Schwie­rig­kei­ten gera­ten ist und drin­gend neue Spen­den­gel­der braucht, kann nicht ein­schla­fen, wie er mir per Mail mit­teilt – wegen Trump… Es folgt ein pathe­ti­sches Bekennt­nis zu Grund­rech­ten und Demo­kra­tie, die auch bei uns in Gefahr seien – das übli­che Geschwur­bel, und schliess­lich der wirk­li­che Grund des Schrei­bens: «Unsere Demo­kra­tie-Platt­form WeColl­ect steht kurz vor dem Aus. Wir benö­ti­gen bis Ende Jahr noch 97’000 von 250’000 Fran­ken, um den Betrieb für die näch­sten sechs Monate zu sichern.»

Alles pein­li­che Ver­su­che, um aus der Trump­wahl Kapi­tal zu schla­gen, um die klamme Kasse aufzufüllen.

Plump wie Trump.





Behauptungen und Unwahrheiten

Im Abstim­mungs­kampf um die Auto­bahn­mil­li­ar­den zie­hen die Aus­bau­be­für­wor­ter alle Regi­ster. Die Palette reicht von fal­schen Behaup­tun­gen über unhalt­bare Ver­glei­che bis zur Miss­ach­tung wis­sen­schaft­li­cher Fakten.

Tat­kräf­tig unter­stützt ein­mal mehr von den Leit-Medien in unse­rem Land. Nicht nur die Arena-Sen­dung von SRF zeigte beäng­sti­gend Schlag­seite Rich­tung Auto­bahn­aus­bau – auch die Sonn­tags­presse bläst ins glei­che Horn. Dabei wäre es jour­na­li­sti­sche Pflicht, die Behaup­tun­gen und Schein­ar­gu­mente der Befür­wor­t­erschaft auf ihren Wahr­heits­ge­halt zu untersuchen:

So behaup­ten Bun­des­rat Rösti und Co unver­dros­sen, die Auto­bahn­ka­pa­zi­tä­ten ent­sprä­chen dem Bedarf einer 6‑Mil­lio­nen-Schweiz – in den letz­ten 30 Jah­ren habe man es ver­passt, die Infra­struk­tur der wach­sen­den Bevöl­ke­rung anzu­pas­sen. Ein Blick in die Zah­len des Bun­des­amts für Sta­ti­stik macht deut­lich: Falsch. Stimmt nicht!

In den letz­ten 30 Jah­ren wurde näm­lich kräf­tig am Schwei­zer Natio­nal­stras­sen­netz wei­ter­ge­baut: Heute haben wir in der Schweiz ins­ge­samt 1549 Kilo­me­ter Auto­bahn. Das sind über 350 Kilo­me­ter mehr als noch 1995 – im Klar­text: Eine Zunahme von fast 30 Pro­zent (ent­spricht der Strecke St. Gal­len-Genf). Hinzu kom­men all die Spur­er­wei­te­run­gen vom Grau­holz bis zur drit­ten Röhre am Bar­egg und am Gubrist sowie der Neu- und Aus­bau von Autobahnanschlüssen.

Ein wei­te­rer Punkt, den die Pro­mo­to­ren des 5‑Milliardenkredits absicht­lich unter­schla­gen: Die sechs Aus­bau­pro­jekte, über die wir am 24. Novem­ber abstim­men, sind nur ein Teil einer viel umfas­sen­de­ren, teils bereits lau­fen­den Kapa­zi­täts­er­wei­te­rung. So wird ab Früh­jahr 2025 im Kan­ton Solo­thurn die A1 auf einer Strecke von 22 Kilo­me­tern – zwi­schen Lut­er­bach und Här­kin­gen – von heute vier auf sechs Spu­ren aus­ge­baut. Die Vor­ar­bei­ten sind bereits im Gang. Bud­ge­tierte Bau­ko­sten: 1,06 Mil­li­ar­den Franken.

Auf der Web­site des ASTRA fin­den sich wei­tere Aus­bau­pro­jekte, die sepa­rat auf­ge­gleist wer­den. So etwa die umstrit­tene Erwei­te­rung der A1 zwi­schen der Ver­zwei­gung Birr­feld und Aarau Ost auf sechs Spu­ren – Länge 14 Kilo­me­ter, Kosten rund 770 Mil­lio­nen Franken.

Mit ande­ren Wor­ten: An unse­ren Natio­nal­stras­sen wird auch nach abge­lehn­ter Auto­bahn­vor­lage mun­ter wei­ter­ge­baut. Aller­dings ist zu beden­ken, dass damit die jähr­li­chen Unter­halts­ko­sten wei­ter stei­gen. Je mehr Stras­sen­flä­che wir haben, desto teu­rer wird es, diese instand zu hal­ten. Dies gilt ganz beson­ders für die Tun­nel, deren Betrieb und Unter­halt beträcht­li­che Kosten (und Stau wäh­rend der Reno­vie­rung) verursacht.

Fakt ist: Kapa­zi­täts­er­wei­te­run­gen füh­ren erfah­rungs­ge­mäss zu mehr Ver­kehr, bis es wie­der irgendwo von neuem staut. «Freie Fahrt für freie Bür­ger» à dis­cretion endet so zwangs­läu­fig im Stau – ins­be­son­dere wäh­rend den Spit­zen­zei­ten, wenn alle zur glei­chen Zeit pen­deln und freizeitverkehren.

Das Inter­net­por­tal Mobi­mag nennt dazu ein frap­pan­tes aktu­el­les Bei­spiel: Auf der Nord­um­fah­rung Zürich, wo die Auto­bahn zwi­schen Zürich-Affol­tern und der Ver­zwei­gung Zürich Nord in beide Rich­tun­gen von zwei auf drei Spu­ren erwei­tert wurde, hat der Ver­kehr mas­siv zuge­nom­men. Die Gemein­de­stras­sen wur­den dadurch nur teil­weise ent­la­stet – auf ein­gen nahm der Ver­kehr sogar deut­lich zu. «Von einer gross­flä­chi­gen Ent­la­stung durch den Aus­bau der Auto­bahn kann keine Rede sein», ist Fakt und belegbar.

Schliess­lich wer­den, um die Aus­bau­pläne zu recht­fer­ti­gen, durch Stau ver­ur­sachte volks­wirt­schaft­li­che Ver­lu­ste in Mil­li­ar­den­höhe her­bei­ge­rech­net. Aller­dings basiert die angeb­li­che Zahl der soge­nann­ten Stau­stun­den wie auch der dadurch «ver­lo­re­nen Zeit» auf ziem­lich wacke­li­gen Annah­men und Hoch­rech­nun­gen. Wenn soge­nannte Öko­no­men das Ganze dann noch in ver­lo­rene Schwei­zer Fran­ken umrech­nen, lan­det man end­gül­tig im Märchenland.

So lau­tet die Defi­ni­tion von Stau auf der Auto­bahn beim ASTRA: «Wenn auf Hoch­lei­stungs­stras­sen oder Haupt­stras­sen aus­ser­orts die stark redu­zierte Fahr­zeug­ge­schwin­dig­keit wäh­rend min­de­stens einer Minute unter 10 km/​h liegt und es häu­fig zum Still­stand kommt.»

Wie genau das vague umschrie­bene Phä­no­men Stau gemes­sen und zu Stau­stun­den zusam­men­ge­rech­net wird, ist ziem­lich aben­teu­er­lich.

Tat­sa­che jedoch ist, dass die tat­säch­li­che Zunahme von Staus in den letz­ten Jah­ren längst nicht so dra­ma­tisch war, wie die Aus­bau­be­für­wor­ter behaupten.

Wer genau hin­schaut, fin­det beim ASTRA Zah­len, die sogar bele­gen, dass zum Bei­spiel am Grau­holz der Ver­kehr von 2018 bis 2023 ABGENOMMEN hat!

«Es ist davon aus­zu­ge­hen», ist auf der Web­seite des Bun­des­amts für Sta­ti­stik nach­zu­le­sen, «dass ein Teil der zusätz­lich gemes­se­nen Stau­stun­den auf eine ver­bes­serte Erfas­sung des Ver­kehrs­ge­sche­hens zurück­zu­füh­ren ist.» Dies, weil das ASTRA wäh­rend Mona­ten nicht in der Lage war, zuver­läs­sig funk­tio­nie­rende Mess­ge­räte zu instal­lie­ren und zu betrei­ben (siehe Jah­res­be­richt ASTRA 2018).

«Täglich werden die auf Stunden aggregierten Verkehrswerte 
von den Zählstellen zur zentralen Verkehrsdatenbank VMON 
des ASTRA übertragen. Dort werden die Daten plausibilisiert 
und daraus abgeleitete Kennzahlen publiziert. 
(www.verkehrsdaten.ch).»   Quelle: Rosenthal und Partner AG

All diese Fak­ten fin­den in den Main­stream-Medien kaum Beach­tung. Statt­des­sen erhält Bun­des­rat Rösti in der NZZ vom Mon­tag, 4. Novem­ber eine wei­tere ganz­sei­tige Platt­form für seine Auto­bahn­wer­bung. Bei der Lek­türe fragt sich die infor­mierte Lese­rin: Kann Rösti eigent­lich nicht rechnen?

Und der BLICK versucht’s noch ein­mal mit Emo­tio­nen: Er beglei­tet eine LKW-Chauf­feu­rin auf ihrer (ärger­li­cher­weise weit­ge­hend) staufreien Fahrt von Altis­ho­fen nach Vevey, wo sie ihre Ware pünkt­lich ablie­fert. – Das glei­che «Pro­blem» hatte vor einer Woche bereits das Repor­ta­ge­team der Rund­schau, das eben­falls einen Chauf­feur beglei­tete, ohne einem Stau zu begegnen…

Also wer­den die Stau­erleb­nisse bloss geschil­dert. Sie sei schon bis zu zwei Stun­den im Stau gestan­den, erzählt die Chauf­feu­rin dem Blick. Wie oft das vor­kommt, wird in der Zei­tung aller­dings nicht erwähnt. Zudem nutzt die kluge Frau ihre Zeit unter­wegs «um Musik zu hören, mit Freun­den zu tele­fo­nie­ren oder Spra­chen zu lernen.»

Ver­lo­rene Zeit? 

SRF-Arena erfreut die Autolobby

©SRF

Drei Wochen vor der Abstim­mung über die 5‑Milliardenvorlage zum Aus­bau der Auto­bah­nen bekommt ein Bun­des­rat wie immer eine Platt­form in der SRF-Arena, um für seine Vor­lage zu wer­ben… Man dis­ku­tiere an die­sem Abend, so Mode­ra­tor San­dro Brotz bei der Begrüs­sung, damit sich die Zuschaue­rin­nen und Zuschauer eine Mei­nung bil­den können.

Bald wird klar: Die ver­meint­li­che Aus­ge­wo­gen­heit beim Schwei­zer Fern­se­hen hat Schlag­seite. Schon die Rund­schau-Repor­tage zur Lan­cie­rung des The­mas macht deut­lich: Die Redak­tion neigt zum Autobahnausbau.

Kein Wun­der, dass zuerst ein Last­wa­gen­chauf­feur lamen­tie­ren darf, im Stau ste­hen zu müs­sen. Genauso wie der Feu­er­wehr­mann, der dank Auto­bahn­aus­bau hofft, schnel­ler an den Ein­satz­ort zu gelan­gen. Ein Zufall, dass es sich beim Inter­view­ten um den ehe­ma­li­gen SVP-Prä­si­den­ten von Basel­land han­delt? Für die Geg­ner­seite darf ein älte­rer Herrn den Ver­lust sei­nes Schre­ber­gar­tens bekla­gen, aber wenn es um Leben und Tod geht, muss man halt Prio­ri­tä­ten setzen.

Fakt ist: Sowohl die Staus auf der Auto­bahn wie die Ver­kehrs­über­la­stun­gen in den Dör­fern und Quar­tie­ren besei­tigt man nicht, indem wei­tere Mil­li­ar­den in den Kapa­zi­täts­aus­bau der Schwei­zer Auto­bah­nen ver­but­tert wer­den. Es braucht ein ver­nünf­ti­ges Ver­kehrs­ma­nage­ment. Genau dar­auf weist auch der Appell von 344 Mobi­li­täts­fach­leu­ten hin. Sie rufen mit ihrem Schrei­ben, das am Tag der Aus­strah­lung der Arena-Sen­dung publik wurde, zur Ableh­nung der Auto­bahn­vor­lage auf. Mit stich­hal­ti­gen Argu­men­ten und alter­na­ti­ven Lösungs­vor­schlä­gen. Ein star­kes Zeichen.

Auch der Ver­kehrs­experte, der im Rund­schaubei­trag zu Wort kommt, spricht Klar­text: Alex­an­der Erath, Pro­fes­sor für Ver­kehr und Mobi­li­tät an der Fach­hoch­schule Nord­west­schweiz weist dar­auf hin, dass der geplante Aus­bau, die soge­nannte «Eng­pass­be­sei­ti­gung», letzt­end­lich zu noch mehr Ver­kehr füh­ren und damit das Pro­blem wei­ter ver­schär­fen wird.

Ein Argu­ment, das sich in der Rea­li­tät noch und noch bestä­tigt hat und in Fach­krei­sen längst unbe­strit­ten ist. Nichts­de­sto­trotz ver­steigt sich SVP-Bun­des­rat Rösti in der Arena-Sen­dung zur Behaup­tung, Mehr­ver­kehr durch Stras­sen­bau gebe es nur beim Bau neuer Stras­sen­ver­bin­dun­gen, bei der Eng­pass­be­sei­ti­gung sei dies kein Thema.

Der ehe­ma­lige Erd­öl­lob­by­ist und heu­tige Vor­ste­her des UVEK sagt also genau das Gegen­teil von dem, was die Fach­welt längst erforscht und nach­ge­wie­sen hat. Rösti wie­der­holt diese Fehl­aus­sage wäh­rend der Sen­dung sogar mehr­mals – der Mode­ra­tor wider­spricht nicht und ist damit beschäf­tigt, seine Fra­gen vom Spick­zet­tel abzulesen.

Mehr noch: Der Appell der Verkehrsexpert:innen kommt in der Arena zwar zur Spra­che, auf des­sen Inhalt wird aber nicht ein­ge­gan­gen. Im Gegen­teil, das Schrei­ben wird unter den Tisch gewischt und von Rösti als grün­li­be­ra­les Mach­werk abge­stem­pelt. Mitt­ler­weile hat er den unrühm­li­chen Ruf, beim Durch­drücken sei­ner Poli­tik Fach­leute und wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nisse nicht zu berück­sich­ti­gen. Dem Mode­ra­tor ist das Einer­lei, er ist dar­auf kon­zen­triert, die Sprech­zeit sekun­den­ge­nau auf die Par­teien zu verteilen.

Es geht wei­ter, im glei­chen Stil: Rösti, sekun­diert von FDP-Natio­nal­rä­tin Jac­que­line de Quat­tro und Mitte-Natio­nal­rat Phil­ipp Kut­ter spielt den Land­ver­lust her­un­ter, rela­ti­viert die Kosten und ver­tei­digt das Recht auf freie Fahrt und unbe­grenz­ten Päcklitransport.

Natür­lich hal­ten die Gegner:innen – ver­tre­ten durch die Natio­nal­räte Jon Pult (SP) und Beat Flach (GL) und VCS-Co-Prä­si­den­tin Jelena Fili­po­vic – mit stich­hal­ti­gen Argu­men­ten dage­gen. So weist etwa SP-Natio­nal­rat Jon Pult dar­auf hin, dass die Aus­bau­pro­jekte alle im Mit­tel­land ange­sie­delt sind und somit gerade jenen, die in der Peri­phe­rie und in den Berg­ge­bie­ten aufs Auto ange­wie­sen sind, gar nichts brin­gen. Im Gegen­teil: Sie finan­zie­ren über den Ben­zin­preis Pro­jekte mit, die wei­ter­hin fal­sche Anreize in der Mobi­li­täts­po­li­tik set­zen. Beat Flach schil­dert die Situa­tion am Gubrist, die er aus eige­ner Erfah­rung kennt: Trotz zwei­ma­li­gem Aus­bau auf jetzt 6 Spu­ren staut es dort wie­der, genau wie vor dem Aus­bau – eine moderne Ver­kehrs­po­li­tik, sagt auch er, müsse andere Prio­ri­tä­ten setzen.

Wer in die­sen 60 Minu­ten auf mei­nungs­bil­dende Fak­ten und Argu­mente von Ver­kehrs­fach­leu­ten gehofft und gewar­tet hat, muss auf­ge­ben. SRF hat keine Expert:innen ein­la­den wol­len und macht lie­ber eigene hand­ge­strickte «Erklär»-Videos.

Der smarte Mode­ra­tor ver­steht die Argu­mente der Geg­ner­schaft nicht oder will sie offen­sicht­lich nicht ver­ste­hen. Schliess­lich ist sich Brotz nicht zu schade, Jelena Fili­po­vic wie auch Jon Pult die blöd­sin­nige Frage zu stel­len, ob sie tat­säch­lich gegen die Auto­bahn­pro­jekte seien, oder ob sie nicht viel­mehr halt Kraft ihres Amtes, respek­tive der Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit für ein NEIN plädierten.

Fazit: Das war bil­li­ges Info­tain­ment, wel­ches die Ausbaubeführworter:innen gefreut haben dürfte. Aber ein Bei­trag zur Mei­nungs­bil­dung? No.

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