Heute befasst Mann sich mit einen Dauerbrenner, der diese Woche – einmal mehr – in die Aktualität hochgespült worden ist: Am Vorabend widmete bereits das Echo der Zeit dem Thema eine Reportage, und in der Arena äusserten sich dazu unter anderem SVP-Nationalrat Oskar Freysinger (mit Aussagen unter der Gürtellinie) sowie Julia Onken. Dies unter anderem, weil Viviane Reding, die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, eine 40%-Frauenquoten in den Führungsetagen festschreiben will. Und weil die Stadt Bern diese Woche als erste Gemeinde der Schweiz eine Frauenquote für Kaderstellen in der Verwaltung beschlossen hat
«Frauenquoten sind das falsche Mittel», titelt dazu die NZZ. Es gibt gescheite Menschen und gute Argumente, die diese Ansicht stützen. Wer will schon ein Quoten-Mensch sein? Allerdings: Angesichts der real existierenden Chancen-Ungleichheit zwischen Männern und Frauen und der Tatsache, dass sich in dieser Sache kaum etwas bewegt ohne Druck, sind Quoten nicht nur ein valables Mittel, sondern möglicherweise der einzig wirksame Weg
Matthias Müller, der Autor des NZZ-Artikels (selbstverständlich ein Mann – wie viele Samstags-Leiter wurden bisher von Frauen geschrieben?) sieht dies natürlich anders. Und zitiert, um seiner Argumentation Gewicht zu verleihen, eine Reihe wissenschaftlicher Studien – von Untersuchungen zu wirtschaftlichen Auswirkungen der Frauenquoten in Norwegen bis hin zur Verhaltensforschung
Sein Fazit: «Die Politik sollte der Wirtschaft das Leben mit neuen Vorgaben nicht zusätzlich erschweren.» Wie es sich für einen rechten NZZ-Redaktor gehört, steht für ihn die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen von Frauenförderung im Zentrum. So schlagen etwa Studien negativ zu Buche, die gezeigt hätten, dass «Gender Diversity» für einen Betrieb nicht unbedingt von Vorteil seien, «denn heterogene Belegschaften können die Diskussionskultur auch erschweren.»
Immerhin räumt Müller (Jahrgang 1969) ein, dass «Old Boys»-Netzwerke heute nicht mehr zeitgemäss seien: «Der in den von Männern besetzten Top-Gremien der Unternehmen vorherrschende Korpsgeist ist ein Relikt aus vergangenen Tagen.» Die Antwort auf die Frage, wie dieses Relikt denn aus der Welt geschafft werden könnte, bleibt der Autor allerdings schuldig
Männliche Monokultur nannte die deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin Elke Holst das Phänomen im Echo der Zeit. Sie plädiert für Frauenquoten, um diese alten Muster aufzubrechen und den Frauen vermehrt Zugang zu Führungsgremien zu verschaffen. «Niemand mag die Quote», zitiert Elke Holst in der Radioreportage die EU-Justizkommisarion Vivane Reding. «Aber alle mögen, was sie bewirkt.»
Ein gewagtes Fazit, das so nicht ganz stimmen dürfte. Jene Männer (und ja, auch eine Handvoll Frauen), die heute ohne mühselige Diskussionen ihr Süppchen unter sich am köcheln halten, dürften den Status quo bevorzugen. Beispiele dafür gibt es (zu) viele
Wie immer am Samstag, beglückt uns die NZZ auch heute mit einem Leitartikel auf der Frontseite. Ein Markenzeichen und der Stolz der Redaktion. Wer hier seinen Auftritt hat, gehört zum Olymp der Schreibenden. Oder zumindest zur Crème de la Crème der NZZ-Redaktoren