Libyen

Die Nachrichten und Bilder aus Libyen las­sen uns erschauern:

Tote, Verletzte, Verzweifelte. Bewunderung und Respekt für den Mut die­ser Menschen – Trauer, Erschrecken und Verständnis für alle, die da weg wol­len. Reiche Länder wie die Schweiz, Deutschland oder die USA holen ihre Staatsbürger aus dem Inferno. Ägypter und Tunesier, die in Libyen gear­bei­tet haben, flie­hen auf dem Landweg nach Hause – für Tausende von Fremdarbeitern aus Asien und dem süd­li­chen Afrika dürf­te die Heimreise, sofern über­haupt mög­lich, wesent­lich schwie­ri­ger sein.

Wer die Berichterstattung in unse­ren Medien ver­folgt, erhält leicht den Eindruck, dass uns die Situation vor Ort, dass Menschen in töd­li­cher Gefahr sind, ziem­lich kalt lässt. Was die Schweiz beschäf­tigt ist, dass der Bund das dro­hen­de Schiedsgerichtsverfahren ein­stel­len konn­te, dass die Ölpreise in die Höhe schies­sen und vor allem der „dro­hen­de Flüchtlingsstrom“ – schon wie­der. Diesmal viel schlim­mer als die Flüchtlingsboote aus Tunesien, die vor Wochenfrist für Aufregung sorgten.

Gestern Abend in der Rundschau leg­te Alard du Bois-Reymond, Direktor des Bundesamts für Migration, besorgt die Stirn in Falten: «…das sind nicht ein­fach Wirtschaftsflüchtlinge, da gibt es wahr­schein­lich auch rea­le Flüchtlinge und auf die­se müss­ten wir uns vor­be­rei­ten – die­sen müss­ten wir ja dann Schutz gewäh­ren.» Entsprechend ein­dring­lich die Frage von Moderator Urs Leuthard an den aus Berlin zuge­schal­te­ten Nahostspezialisten: «Was kommt da auf die EU, die euro­päi­schen Länder und auch auf die Schweiz zu?» Wohltuend Michael Lüders klä­ren­de Worte: «…man darf das Dilemma nicht allein auf die Flüchtlingsfrage redu­zie­ren. Europa bekommt ein biss­chen auch die Quittung für eine völ­lig ver­fehl­te Politik gegen­über Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten in den ver­gan­ge­nen Jahren, die über­wie­gend dar­in bestand, dass man sich mit jedem belie­bi­gen Despoten ins Benehmen setz­te, solan­ge er nur gegen Bezahlung west­li­che Interessen vertrat.»

Gaddafi war für Europa ein will­kom­me­ner Türwächter, ein wohl­fei­ler Öllieferant und ein poten­ter Auftraggeber. — Viele haben pro­fi­tiert, auch Schweizer Unternehmen. Dass Rundschau-Moderatorin Sonja Hasler nicht solch einem Geschäftsmann, son­dern dem Wissenschaftler Jean Ziegler aus sei­nen Beziehungen zu Gaddafi einen Strick zu dre­hen ver­such­te, ist nicht wei­ter erstaun­lich: Gaddafi war offen­bar ein Bewunderer von Zieglers Schriften und lud den Soziologen ver­schie­dent­lich zu Diskussionsrunden ein. Das macht Jean Ziegler hier­zu­lan­de für vie­le schon verdächtig…

Das Gespräch ges­tern Abend wäre span­nend gewe­sen — hät­te sich die Moderatorin nicht zum Ziel gesetzt, den Wissenschaftler wegen sei­ner Besuche bei Gaddafi bloss­zu­stel­len. Sondern ihn erzäh­len las­sen, was er dort erlebt hat und wie er die Entwicklung des Diktators bis hin zur aktu­el­len Verrücktheit einschätzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.