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Kuschen und dealen

Am Mitt­woch­abend, 2. April also eine wei­tere Macht­de­mon­stra­tion des US-ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Donald Trump. Insze­niert im Rosen­gar­ten vor dem Weis­sen Haus, live über­tra­gen in alle Welt. Mit Span­nung erwar­tet, löste der seit Wochen gross­mun­dig ange­kün­digte Zoll­ham­mer schon im Vor­feld hek­ti­sches Trei­ben aus. Vor und hin­ter den Kulissen.

Der Tenor war und ist dabei immer der Glei­che: Trotz vor­der­grün­dig rhe­to­ri­scher Empö­rung über die ras­si­sti­schen und men­schen­ver­ach­ten­den Metho­den von Trump & Co, ver­su­chen die mei­sten, ihre Schäf­chen mög­lichst unge­scho­ren ins Trockene zu brin­gen, indem man sich mit dem laut­star­ken Mann im Weis­sen Haus und sei­ner Entou­rage arrangiert.

Das Power­play des Immo­bi­li­en­ty­coons auf dem Prä­si­den­ten­thron und sei­ner Tech-Mil­li­ar­däre zeigt Wir­kung. Inner­halb weni­ger Wochen haben sie es geschafft, nicht nur in den USA immense Schä­den anzu­rich­ten, ins­be­son­dere mit ihren Angrif­fen und Kahl­schlä­gen in Ver­wal­tung und Justiz; die Eli­mi­nie­rung von USAID trifft arme Men­schen weltweit.

Diese haben keine Wahl, sie kön­nen gegen das ame­ri­ka­ni­sche Power­play nichts aus­rich­ten. Ganz anders sieht es jedoch bei Insti­tu­tio­nen wie Uni­ver­si­tä­ten, Gross­un­ter­neh­men oder Anwalts­kanz­leien in den USA und welt­weit aus, die durch­aus über Mög­lich­kei­ten und Reser­ven ver­fü­gen, um sich der Trump­schen Poli­tik zu wider­set­zen. Dafür gibt es durch­aus Bei­spiele, wie etwa die inter­na­tio­nale Wirt­schafts­kanz­lei Per­kins Coie. Sie hat sich gewei­gert, den Trump­schen For­de­run­gen nach­zu­kom­men, «Viel­falt, Gerech­tig­keit und Inklu­sion» aus ihren Unter­neh­mens­richt­li­nien zu streichen.

Die Trump-Admi­ni­stra­tion hat umge­hend mit dem Ent­zug von Man­da­ten reagiert und Geschäfts­part­ner von Per­kins Coie unter Druck gesetzt – wor­auf die Anwalts­kanz­lei gegen die­ses Vor­ge­hen geklagt hat. In einer ersten Runde mit Erfolg.

Lei­der ste­hen aber längst nicht alle Anwält:innen so kon­se­quent und mutig für ihre Unab­hän­gig­keit und ihre Über­zeu­gun­gen ein, wie jene von Per­kins Coie. Eine Reihe gros­ser Anwalts­kanz­leien haben sich umge­hend Trumps For­de­run­gen gebeugt und die ange­droh­ten Mass­nah­men durch die Anpas­sung ihrer Geschäfts­be­din­gun­gen sowie durch Mil­lio­nen­zah­lun­gen abge­wen­det. Eine gefähr­li­che Ent­wick­lung, wie der deut­sche Justiz­pro­fes­sor Niko Här­ting in der Legal Tri­bune Online schreibt. Er for­dert unmissverständlich:

«Wenn eine Regie­rung Anwalts­kanz­leien ins Visier nimmt und drang­sa­liert, sind Anwäl­tin­nen und Anwälte in aller Welt zur Ver­tei­di­gung der freien Advo­ka­tur auf­ge­ru­fen. Lei­se­tre­te­rei, vor­aus­ei­len­der Gehor­sam oder gar die Hoff­nung auf Bera­tungs­man­date im Zusam­men­hang mit den neuen US-Bestim­mun­gen sind fehl am Platz.»

Das Glei­che gilt auch für Uni­ver­si­tä­ten, wo die «Frei­heit von For­schung und Wis­sen­schaft» auf dem Spiel steht, wie auch für alle gros­sen und klei­nen Unter­neh­men, die Trump durch ein Bom­bar­de­ment von Erlas­sen, Ver­bo­ten und Straf­zöl­len auf seine Linie zwin­gen will. In den USA und welt­weit, auch in der Schweiz.

Wie den Medien zu ent­neh­men war, haben auch hier­zu­lande bereits eine ganze Reihe von Unter­neh­men – zum Bei­spiel Roche und die UBS – dem ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Gehor­sam signa­li­sie­rend (oder auf bereits erfolg­ten Druck?) ihren Ver­hal­tens­ko­dex flugs geän­dert und die För­de­rung und Beach­tung von «Viel­falt, Gerech­tig­keit und Inklu­sion» in ihren Betrie­ben schlicht und ein­fach gestrichen.

Im Jah­res­be­richt der UBS waren die Begriffe «Diver­si­tät, Inklu­sion und Gleich­be­rech­ti­gung» im Jah­res­be­richt 2023 noch 21-mal ent­hal­ten gewe­sen, schreibt etwa die NZZ. Im aktu­el­len Bericht seien diese Wör­ter nun aber voll­stän­dig ver­schwun­den, und das UBS- Ziel, den Anteil von Frauen im Kader auf 30 Pro­zent zu erhö­hen, sei eben­falls gestri­chen worden.

Das Glei­che gilt für Stad­ler Rail – zumin­dest auf den ersten Blick. In deren Geschäfts­be­richt von 2023 steht auf Seite 35 unter dem Titel «Nach­hal­tig­keit»: «Viel­falt ist Teil der Unter­neh­mens­kul­tur von Stad­ler und sie wird geschätzt und als Berei­che­rung wahr­ge­nom­men. Ziel ist es, allen Mit­ar­bei­ten­den glei­che Chan­cen zu bie­ten, unab­hän­gig von Geschlecht, Alter, Natio­na­li­tät, sexu­el­ler Ori­en­tie­rung, Bil­dungs­stand oder Reli­gion. Stad­ler beschäf­tigt Men­schen mit über 75 Natio­na­li­tä­ten und bie­tet Tätig­kei­ten für Men­schen mit den unter­schied­lich­sten Bildungshintergründen und Lebens­läu­fen an.»

Im Geschäfts­be­richt 2024 fehlt die­ser Abschnitt. Dafür gibt es einen Link zum Nach­hal­tig­keits­be­richt, der von der Web­site sepa­rat her­un­ter­ge­la­den wer­den kann. Und siehe da: Hier gibt es das Kapi­tel «Diver­si­tät und Chan­cen­gleich­heit» nach wie vor, unge­kürzt und unzen­su­riert – inklu­sive der Ziel­set­zung, den Frau­en­an­teil in der Divi­sion Ser­vice im lau­fen­den Jahr um drei Pro­zent zu erhöhen…

Ob man sich mit die­sem Ver­steck­spiel der Trump­schen Anti-Diver­sity-Kon­trolle ent­zie­hen zu kön­nen glaubt? Im Ein­klang mit den Bestre­bun­gen von Stad­ler Rail, mit der Auf­wer­tung des Stand­orts USA als eigene Kon­zern­di­vi­sion sowie mit ange­kün­dig­ten Zusatz­in­ve­sti­tio­nen von über 70 Mil­lio­nen USD ins Werk von Salt Lake City dem Zoll­ham­mer zu entgehen…

An sich ein logi­scher Schach­zug. Weil es Sinn macht, dass Züge, die für die USA bestimmt sind, auch dort gefer­tigt wer­den. Unschön und gefähr­lich an der gan­zen Geschichte ist jedoch die Tat­sa­che, dass Wirtschafstführer:innen wie Politiker:innen sowohl in den USA wie auch welt­weit das Trump­sche Spiel mit­spie­len. Und darum bemüht sind, durch Kuschen, Krie­chen und mit Deals fürs eigene Unter­neh­men, für die eigene Uni, das eigene Land das Best­mög­li­che herauszuholen.

Der bis­he­rige Erfolg von Trumps unge­schmink­ter und gross­mau­li­ger Erpres­sungs­po­li­tik ent­larvt ein für alle Mal, wie fra­gil, ja marode das Ganze auf Eigen­in­ter­es­sen, Pro­fit­gier und Natio­na­lis­mus auf­ge­baute glo­bale System ist. Schlim­mer noch: Mit der Wahl von Trump zum US-Prä­si­den­ten haben welt­weit jene Kräfte Auf­trieb erhal­ten, die Men­schen­rechte, Bio­di­ver­si­tät oder Gerech­tig­keit als lästige Hin­der­nisse sehen und eli­mi­nie­ren wollen.

Diese macht­po­li­ti­sche Dampf­walze aus dem Oval Office muss drin­gend gestoppt wer­den. Das geht nur, wenn Trumpgegner:innen in den USA und welt­weit auf­ste­hen, sich zusam­men­tun und gemein­sam den For­de­run­gen von Trump und sei­nen Gesin­nungs­ge­nos­sen ent­ge­gen­tre­ten. Indem sie sich nicht von Straf­zöl­len und ande­ren Dro­hun­gen Angst machen und klein­krie­gen lassen.

Wir in der Schweiz sind keine Befehlsempfänger:innen von Ame­rika und es stünde uns gut an, das auch laut zu arti­ku­lie­ren. Auf die Gefahr hin, dass wir keine Tes­las mehr bekom­men. – Na und? Die brau­chen wir ja auch nicht wirklich. .. 

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