Déjà-vu…

Transparente bewe­gen sich im Wind, Informations- und Essensstände, Zelte – ein jun­ger Rapper, der die Anwesenden in sei­nen Bann zieht. Unbeschwerte Frühlingsstimmung im Protestcamp vor dem BKW-Hauptsitz in Bern, wo sich Mütter und Väter, Kinder, StudentInnen und auch AKW-GegnerInnen gesetz­te­ren Alters zum Picknick ver­sam­melt haben. Während sich die meis­ten Anwesenden den lau­ni­gen Sprüchen des Performers hin­ge­ben, erzählt an einem der lan­gen Holztische eine Frau aus längst ver­gan­ge­nen Zeiten. Ihre jun­gen Tischnachbarn wol­len genau wis­sen, wie es damals war, in den 1970er Jahren, bei der Besetzung von Kaiserangst.

«Die Stimmung war ähn­lich – auch wir hat­ten sol­che Informationswände wie ihr hier. Was man heu­te weiss, wuss­te man schon damals – unglaub­lich, dass wir jetzt wie­der am glei­chen Punkt ste­hen wie vor über dreis­sig Jahren», zieht sie Bilanz. Nach der beweg­ten Zeit in den 1970er und 80er Jahren haben sie und ihr Mann, trotz geblie­be­ner Überzeugung, den akti­ven Kampf gegen die AKWs auf­ge­ge­ben: «Das Ohnmachtsgefühl damals war enorm; zwar konn­ten wir mit der Gelände-Besetzung schliess­lich das AKW in Kaiseraugst ver­hin­dern – jene in Gösgen und Leibstadt aber nicht.» Nach der gros­sen Enttäuschung lan­de­ten die Badges mit dem berühm­ten «ATOMKRAFT? NEIN DANKE» in einer Schublade. Erst jetzt, wo die lachen­de Sonne auf gel­bem Grund wie­der auf­er­stan­den ist, haben sie sich ihrer erin­nert – und tra­gen sie nun wieder.

«Erst mit der Katastrophe von Fukushima», sagt ein jun­ger Mann, «ist mir bewusst gewor­den, dass nicht nur der radio­ak­ti­ve Abfall ein Problem ist. Wenn im hoch tech­no­lo­gi­sier­ten Japan so eine Katastrophe mög­lich war, könn­te sie auch hier ein­tre­ten.» Für ihn ist des­halb klar: AKWs gehö­ren abge­schal­tet. Und er will wis­sen, ob und was für alter­na­ti­ve Energien in den 1970er Jahren zur Diskussion stan­den. «Wasser natür­lich, aber auch Wind- und Sonnenenergie waren bereits ein Thema», erin­nert sich der eins­ti­ge Aktivist. Und sei­ne Frau ergänzt: «Damals steck­te die gan­ze Entwicklung noch in den Kinderschuhen. Heute nut­zen wir die Energie viel effi­zi­en­ter – aller­dings wer­den die gan­zen Einsparungen immer wie­der durch neue Stromfresser zunich­te gemacht.»

Alle sind sich einig: Der Stromverbrauch muss ein­ge­dämmt wer­den. Wie genau, dar­über gehen die Meinungen aus­ein­an­der. Die jun­gen Leute zäh­len auf, wo sie über­all Sparpotenzial aus­ge­macht haben – und wie sie sel­ber dazu bei­tra­gen. «Das indi­vi­du­el­le Engagement allein genügt nicht», dämpft die alte Kämpferin den Enthusiasmus: «Die Politik muss in die Pflicht genom­men wer­den – lei­der ist es bis heu­te nicht gelun­gen, den Einfluss der Atomlobbyisten auf unse­re ParlamentarierInnen einzuschränken.»

Zum Glück sind im Herbst Wahlen, sagen die Jungen. Wichtig sei, dafür zu sor­gen, dass das Thema im Gespräch blei­be und nicht durch eine die­ser unse­li­gen Ausländerdebatten in den Hintergrund gedrängt wer­de. Die Frau nickt zustim­mend. Auch sie und ihr Mann wer­den an der gros­sen Demonstration vom 22. Mai dabei sein. «Also tref­fen wir uns hof­fent­lich bald wie­der», sagt der jun­ge Mann beim Abschied. «Wir blei­ben dran – ich bin, trotz allem, opti­mis­ti­scher als sie.» Das sei gut so, lacht sie. Der Optimismus der Jungen sei wich­tig und gebe neue Kraft:«Was man braucht, ist ein lan­ger Atem – und die Gewissheit, dass wir vie­le sind.»

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