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Billiges Trittbrettfahren

Der 6. Novem­ber 2024 ist ein düste­rer Tag. Man musste damit rech­nen, doch für mich ist und bleibt unfass­bar, dass Donald Trump die Wah­len in den USA gewon­nen hat. Mit ande­ren Wor­ten: Mehr als die Hälfte jener, die in den USA gewählt haben, gaben Trump ihre Stimme. Das Ergeb­nis wird als demo­kra­tisch kor­rekt bewer­tet und von nie­man­dem angefochten.

Ein Ras­sist, Sexist und Des­pot als Füh­rer der west­li­chen Super­macht, der seine Ver­ach­tung für Mensch­lich­keit und Demo­kra­tie lust­voll zele­briert und wie­der­holt in Aus­sicht gestellt hat, dass es ein Ende haben werde mit der lei­di­gen Wäh­le­rei, sollte er 2024 zum zwei­ten Mal Prä­si­den­ten werden.

Nun hat er es also wie­der geschafft, demo­kra­tisch legi­ti­miert und gefähr­li­cher denn je. Wäh­rend die einen spe­ku­lie­ren, was auf die Schwei­zer Wirt­schaft zukommt und andere über die Aus­wir­kun­gen auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten rät­seln, zie­hen nicht wenige Kommentator:innen in den Sozia­len Medien das simple Fazit: Wir haben es schon immer gewusst – die Amis spin­nen, die ticken halt anders als wir…

Solch selbst­ge­rechte Ver­höh­nung ist so dane­ben wie falsch: Trump ist zwar ein beson­ders kras­ser Ver­tre­ter der macht­hung­ri­gen und geld­gie­ri­gen Élite, bei der sich alles um die Durch­set­zung der eige­nen Inter­es­sen dreht.

Letzt­end­lich tickt aber ein Trump nicht anders als andere Rechts­po­pu­li­sten. Zwar ist etwa das poli­ti­sche System in der Schweiz bes­ser auf­ge­stellt, unsere Politiker:innen fech­ten (in der Regel) mit fei­ne­rem Flo­rett als der US-Prä­si­dent in spe, aber machen wir uns nichts vor: Wie Bun­des­rä­tin Kel­ler-Sut­ter und ihre Kolleg:innen Amherd, Cas­sis, Par­me­lin und Rösti sind auch unsere Regie­rungs­mit­glie­der Teil einer Macht­elite, die unsere viel­ge­lobte Demo­kra­tie mehr oder weni­ger offen mani­pu­lie­ren. Zum eige­nen Vor­teil und der ihrer Klientel…

Es ist kein Zufall, dass Trump einem wie Albert Rösti gefällt. Der uner­war­tet deut­li­che Sieg der Repu­bli­ka­ner in den USA dürfte denn auch den Rechts­po­pu­li­sten hier­zu­lande und welt­weit wei­te­ren Auf­wind bescheren.

Keine schö­nen Per­spek­ti­ven. Aller­dings soll­ten wir die Trump-Wahl dies­be­züg­lich nicht überschätzen.

Abso­lut geschmack­los und bedenk­lich finde ich im Nach­gang zur Trump­wahl aller­dings all die Aktio­nen, mit wel­chen schon kurz nach Bekannt­gabe des Wahl­re­sul­tats ver­sucht wurde, aus der kol­lek­ti­ven Depres­sion Gewinn für die eigene Sache herauszuschlagen.

In mei­ner «Blasé» wurde ich am Tag nach den Wah­len gleich mehr­fach mit irri­tie­ren­den Rund­mails und Bet­tel­brie­fen ein­ge­deckt. Den Anfang mach­ten schon am Vor­mit­tag des 6. Novem­bers die Grü­nen, die in den Sozia­len Medien eine düstere Foto­mon­tage mit Trump vor dem Weis­sen Haus poste­ten, dar­über in fet­ten Let­tern der Slo­gan «Wider­stand ist Pflicht» – ver­bun­den mit der Auf­for­de­rung, der Grü­nen Par­tei beizutreten.

Wer den ent­spre­chen­den Link klickt, lan­det auf der Web­site mit dem Titel «Ich wehre mich gegen Rechts­po­pu­li­sten und werde Mit­glied» – dar­un­ter das Anmel­de­for­mu­lar und Infor­ma­tio­nen über die Höhe des Mit­glie­der­bei­trags, der etwa im Kan­ton Zürich, je nach Gemeinde, zwi­schen 60 und 250 Fran­ken beträgt…

Um 12.15 Uhr dann lan­dete eine Rund­mail des «Guar­dian» in mei­ner Mail­box. «It starts now», lässt des­sen Chef­re­dak­to­rin ver­lau­ten und weist dar­auf hin, dass wir soeben Zeu­gen eines «aus­ser­ge­wöhn­li­chen, ver­hee­ren­den Moments in der Geschichte der USA» gewor­den seien. Die Zei­tung werde ihre Anstren­gun­gen ver­dop­peln, so das Ver­spre­chen, und wie schon 2016 die Prä­si­dent­schaft genau unter die Lupe neh­men und Trump wie auch seine Entou­rage jour­na­li­stisch beglei­ten. Gleich unter dem kur­zen Text der Spen­den­but­ton mit der Bitte: «Please choose to sup­port our inde­pen­dent jour­na­lism today.»

Zwei Stun­den spä­ter Post von SP-Mat­tea Meyer und Céd­ric Wer­muth mit dem Titel: «Trump: Jetzt braucht es uns alle!» Ein Mas­sen­ver­sand der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei, der mich – wie zuvor schon die Grü­nen – als Mit­glied anwer­ben will, mit den Wor­ten: «Guten Tag – Wir sind schockiert: Donald Trump wird erneut Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten (…) Diese Wahl wird auch in der Schweiz Fol­gen haben (…) Wir machen uns grosse Sor­gen, aber klar ist auch: Jetzt ist nicht die Zeit, klein bei­zu­ge­ben (…) Des­halb möch­ten wir Sie an die­sem bit­te­ren Tag herz­lich ein­la­den, der SP bei­zu­tre­ten. Wir kämp­fen für eine soli­da­ri­sche, femi­ni­sti­sche und öko­lo­gi­sche Gesell­schaft – gemein­sam mit Ihnen gewin­nen wir.»

Schliess­lich, mit­ten in der Nacht, um 01.01 Uhr, eine wei­tere uner­wünschte Mail­be­lä­sti­gung. Der gefitzte Star-Cam­pai­gner und Poli­ti­cal Entre­pre­neur Daniel Graf, des­sen Crowd­fun­ding-Platt­form «WeColl­ect» in finan­zi­elle Schwie­rig­kei­ten gera­ten ist und drin­gend neue Spen­den­gel­der braucht, kann nicht ein­schla­fen, wie er mir per Mail mit­teilt – wegen Trump… Es folgt ein pathe­ti­sches Bekennt­nis zu Grund­rech­ten und Demo­kra­tie, die auch bei uns in Gefahr seien – das übli­che Geschwur­bel, und schliess­lich der wirk­li­che Grund des Schrei­bens: «Unsere Demo­kra­tie-Platt­form WeColl­ect steht kurz vor dem Aus. Wir benö­ti­gen bis Ende Jahr noch 97’000 von 250’000 Fran­ken, um den Betrieb für die näch­sten sechs Monate zu sichern.»

Alles pein­li­che Ver­su­che, um aus der Trump­wahl Kapi­tal zu schla­gen, um die klamme Kasse aufzufüllen.

Plump wie Trump.





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