Es gibt tatsächlich Momente, da wünscht’ ich mir Roger Köppels Sicht auf die Welt. Gerade in diesen harschen Zeiten von Wahlkampf und Krise sehnt sich meine Seele danach, und sei es nur für einen einzigen Tag, die vom Weltwoche-Chefredaktor gebetsmühlenartig monierte links dominierte Medienberichterstattung zu orten.
Was ich lese, höre und vor allem sehe, ist das Gegenteil von dem, was von den einschlägigen politischen Kreisen in dieser Sache immer wieder behauptet wird. Läge nicht jeden Donnerstag die WOZ in meinem Briefkasten, ich hätte den Glauben an die Medien in diesem Land längst verloren…
Auch das Schweizer Fernsehen scheint alles daran zu setzen, sein längst nicht mehr den Realitäten entsprechendes linkes Image ins Gegenteil zu verkehren. Wie sonst ist zu erklären, dass in der Arena vom letzten Freitag, wo drei Chefredaktoren und Ringier-Publizist Hannes Britschgi über den Wahlkampf debattierten, das SVP-Revolverblatt Weltwoche vertreten war, niemand aber vom Tamedia-Konzern? Nebst Köppel stand mit NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann ein zweiter Rechtsaussen im Ring, der in seinem Blatt die Wahl von Christoph Blocher in den Ständerat propagiert.
Am Sonntagabend dann, ist der selbstverliebte Weltwoche-Mann schon wieder auf Sendung. Nicht zum ersten Mal, und immer mit der gleichen Platte darf er sich bei Giacobbo und Müller ins Zeug legen. Lauthals schnödet er über das öffentlich-rechtliche Fernsehen und seine faulen Angestellten und nutzt gleichzeitig diese TV-Plattform bis zum Geht-nicht-mehr. Inklusive geschickt platzierter Werbung für die neuesten Bücher von zwei Weltwoche-Leuten. Warum läuten da beim SF nicht alle Alarmglocken!
Aber nein, im Gegenteil. Am Mittwoch, eine halbe Woche vor den Wahlen, begleitet die Rundschau in einem Beitrag Auslandkorrespondenten bei ihrer Wahlkampfberichterstattung. Auch hier dominiert ein einziges Thema: die SVP. Im ganzen Beitrag kommen nur bürgerliche Politiker vor – insbesondere natürlich Vertreter der SVP und ihre Plakate.
Während sich der Korrespondent für die Golfregion darüber wundert, dass die FDP weniger Geld für den Wahlkampf zur Verfügung hat als ihre Konkurrentin rechts aussen, besucht die holländische Berichterstatterin eine Wahlveranstaltung der SVP, an der Christoph Blocher spricht. Natürlich kommt seine Rede so auch im Beitrag ausgiebig zum Zug. Als wäre dies nicht schon des Schlechten genug, wird die Korrespondentin fürs Interview auch noch vor ein Blocher-Plakat gezerrt, so dass er ihr während des ganzen Interviews über die Schulter und mir direkt in die Stube glotzt.
Dabei hätte es durchaus andere Berichterstatter gegeben, die man anderswohin hätte begleiten können. In der Berliner Zeitung, zum Beispiel, war vor wenigen Tagen eine spannende Geschichte zu lesen — unter anderem über das Ausländerstimmrecht in der Appenzeller Gemeinde Wald.
Auch der Korrespondent der Berliner Zeitung hat für seine Berichterstattung das Thema SVP und deren Ausländerfeindlichkeit gewählt. Allerdings lässt er die Rechtsaussen nicht einfach poltern, sondern recherchiert und fährt unter anderem auch nach Appenzell. In jenes Dorf, das 1999 als erste deutschschweizer Gemeinde das Ausländerstimm- und wahlrecht eingeführt hat.
In seiner feinfühligen Reportage kommen Menschen aus allen politischen und gesellschaftlichen Lagern zu Wort. Vor allem aber jene aus diesem kleinen Dorf auf dem Land, wo Fremde integriert sind, unterstützt werden und mitreden dürfen.
Eine Geschichte, die auch dem Schweizer Fernsehen gut angestanden hätte. — Wenn schon Trittbrett fahren, liebe Leute von der Rundschau, dann bitte bei den richtigen KollegInnen!