Ausgepresste Zitronen und unnötige Stromfresser

Die Schwei­zer Ener­gie­wirt­schaft liebt es, den Teu­fel an die Wand zu malen. Die Rede ist von Ener­gie­krise, dro­hen­der Strom­lücke, Black­out… Nun wird das Ganze zusätz­lich befeu­ert durch die ange­sagte «Ener­gie­wende», sprich den Aus­stieg aus Atom­kraft und fos­si­len Energieträgern.

Des­halb, so lau­tet das, auf dem poli­ti­schen Par­kett von Wirt­schaft­stur­bos bis zu Tief­grün, unbe­strit­tene Nar­ra­tiv, brau­che es rundum einen mas­si­ven Aus­bau der «Erneu­er­ba­ren». Künf­tig soll der immense Ener­gie­hun­ger unse­rer Zivi­li­sa­tion durch eine wei­ter inten­si­vierte Nut­zung von Wind, Sonne und Was­ser gestillt wer­den. Sonst drohe eine Ener­gie­hun­gers­not, heisst es.

Die Schwei­zer Ener­gie­mi­ni­ste­rin Simo­netta Som­ma­ruga agiert dabei als wil­lige Was­ser­trä­ge­rin der Elek­tri­zi­täts­wirt­schaft. Die Bun­des­rä­tin rührt kräf­tig die Trom­mel für den Bau neuer Stau­mau­ern und Kraft­werke in den Alpen. Zudem sol­len die Bewil­li­gungs­ver­fah­ren für die Erstel­lung von Ener­gie­ge­win­nungs-Anla­gen erleich­tert und beschleu­nigt wer­den. Der wäh­rend Jahr­zehn­ten hart erkämpfte Schutz ein­ma­li­ger Land­schaf­ten wird mit die­ser Poli­tik wie­der infrage gestellt. Ein Rück­schritt ohnegleichen.

Dies zeigt sich beson­ders deut­lich am Bei­spiel des Run­den Tischs, an wel­chem im Auf­trag von Som­ma­ru­gas Depar­te­ment neue Was­ser­kraft­pro­jekte mög­lichst wider­stands­frei auf­ge­gleist wer­den soll­ten. Das Ziel: Zusätz­li­che zwei Tera­watt­stun­den Was­ser­strom müs­sen her – auf Teu­fel komm raus. Obschon das Poten­zial der Was­ser­kraft hier­zu­lande weit­ge­hend aus­ge­schöpft ist. «Die Zitrone ist aus­ge­presst», lässt sich etwa Rai­mund Rode­wald von der Stif­tung für Land­schafts­schutz SLS im «Beob­ach­ter» zitieren.

Trotz­dem hat Som­ma­ru­gas Run­der Tisch das von ihm gefor­derte Resul­tat gelie­fert. Immer­hin ver­wei­gerte die SLS die Unter­schrift unter das Schluss­do­ku­ment. Ein ver­zwei­felt anmu­ten­der Ver­such, Sand ins Som­ma­ru­ga­ge­triebe zu streuen. Schon die Idee zu die­sem Run­den Tisch ist mehr als stos­send: Es wäre höch­ste Zeit, statt stets dem Wachs­tum zu frö­nen, sich end­lich ernst­haft Gedan­ken dar­über zu machen, wie jähr­lich zwei Tera­watt­stun­den Ener­gie (oder mehr) ein­ge­spart wer­den könnten.

Ener­gie spa­ren ist näm­lich nicht nur mög­lich, son­dern über kurz oder lang unum­gäng­lich. Aller­dings scheint heut­zu­tage schon der Gedanke an mög­li­che Ein­schrän­kun­gen des Ener­gie­ver­brauchs, mehr denn je, ein Tabu zu sein. Statt­des­sen tole­riert und unter­stützt man ohne mit der Wim­per zu zucken den Bau eines gan­zen Arse­nals von strom­fres­sen­den Data- und Rechen­zen­tren für IT-Rie­sen, für Bit­coin-Mining­far­men und die Pro­mo­tion von Crypto-Valleys.

Frau Som­ma­ruga scheint völ­lig ver­ges­sen zu haben, dass sie nicht nur Energie‑, son­dern auch Umwelt­mi­ni­ste­rin ist. Und dies­be­züg­lich eben­falls eine Ver­ant­wor­tung zu tra­gen hat. Statt­des­sen über­nimmt sie unhin­ter­fragt die Panik­ma­che der Bran­chen­ver­tre­ter und for­dert über den Aus­bau der «Erneu­er­ba­ren» hin­aus sogar noch die völ­lig absurde Erstel­lung von Gaskraftwerken.

Als ober­ste Prä­misse dient ihr dabei die Sorge um die «Sicher­heit» unse­res Lan­des. Die­ses in Tat und Wahr­heit kurz­fri­stige Den­ken, unter dem Druck von pro­fit­ori­en­tier­ten Inter­es­sen, führt lei­der dazu, dass eine viel stär­ker bedrohte Sicher­heit – näm­lich die Sicher­heit der künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen – auf die lange Bank gescho­ben wird, bis sie hin­un­ter­fällt. Oder anders gesagt: Es ist höch­ste Zeit, dass wir uns als Gesell­schaft end­lich ein­ge­ste­hen, dass auch die Zitrone der unauf­hör­li­chen Ener­gie­ver­schwen­dung all­mäh­lich aus­ge­presst ist.

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