Ein neues Jahr, ein neuer Job. Beat Waber, bis Ende 2011 Leiter der Bundeshausredaktion der NZZ, ist neu Stabsmitarbeiter im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie. Ein weiterer Kollege, der seinen Journalistenberuf an den Nagel hängt und damit die Seite wechselt. Nicht ohne Neid meint ein Noch-Zeitungsredaktor: «Dort wird er bestimmt ein Mehrfaches seines bisherigen Salärs kassieren.»
Auch wenn es vielleicht nicht gerade das Mehrfache ist, steht fest, dass ein Stabsmitarbeiter in der Verwaltung deutlich mehr verdient, als ein NZZ-Redaktor. In wenigen Berufen klaffen Anforderungsprofil und Entlöhnung dermassen auseinander, wie im Journalismus.
Doch dies ist nicht der einzige Grund, weshalb sich immer mehr und gerade die guten Leute aus diesem Métier verabschieden. Die Nischen, in denen fundierte journalistische Arbeit gefragt, ja überhaupt noch möglich ist, werden immer enger. Das hat strukturelle Gründe, aber nicht nur.
Just in jener Ausgabe der NZZ, in der sein Abgang angekündigt und seine bisherige Arbeit verdankt werden, hat uns Beat Waber eine glasklare Analyse der aktuellen Medien-Misere geliefert – man kann davon ausgehen, dass das kein Zufall ist.
In seinem Artikel «Die ‚vierte Gewalt’ und ihre Schwächen» zeigt er auf, wie sehr sich die Medien hierzulande von Interessenvertretern manipulieren lassen und weshalb «Spardruck und das Kräfte-Ungleichgewicht zwischen Propaganda auf der einen und Fast-Food-Journalismus auf der anderen Seite» nicht alles erklären: «Selbstkritisch muss man zugeben, dass die Medien ihre Stellung auch selber schwächen. (…) Es gibt viel oberflächliche Besserwisserei, aber einen eklatanten Mangel an qualifiziertem Hinterfragen.»
Mit selten gelesener Offenheit thematisiert der scheidende Bundeshausredaktor das Verhältnis zwischen PolitikerInnen und Medien und wirft Letzteren vor, dass sie sich allzu leicht instrumentalisieren lassen: «Der Mangel an Kontinuität und Tiefenschärfe in der Recherché und an gelebter Unabhängigkeit liegt nicht nur an fehlenden Ressourcen, sondern hat auch mit Bequemlichkeit zu tun.»
Heftig kritisiert er die daraus resultierende Haltung vieler JournalistInnen: «Die offene Gesellschaft erfordert auch Offenheit im journalistischen Zugang, ein Denken in Optionen statt Ideologien, Skepsis gegenüber jedem absoluten Wahrheitsanspruch. Die Funktion des kritischen Beobachters verträgt keine Kumpanei und schon gar keine Vermischung mit der Rolle des politischen (oder auch wirtschaftlichen) Akteurs.»
Beim Schreiben dieser Zeilen muss Beat Waber auch – vielleicht sogar insbesondere – an seine eigenen Vorgesetzten gedacht haben. Bekanntlich versuchten sich sowohl NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann wie Inlandchef René Zeller in den letzten Monaten als Steigbügelhalter von SVP-Exponenten. Zum Glück mit mehr Eifer als Erfolg.
Markus Häfliger, der neue NZZ-Redaktionsleiter im Bundeshaus, hat sich mit ähnlichem parteipolitischem Eifer in seinen bisherigen Artikeln für den Job empfohlen. Mit ihm dürfte die Inlandberichterstattung der neuen Zürcher Zeitung weiter von der, vom Ex-NZZ-Redaktor Beat Waber geforderten, journalistischen Unabhängigkeit in die Politpropaganda abdriften.