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Leisetreten, wie einst im zweiten Weltkrieg

Bald sind es dreissig Jahre, dass die oppor­tu­ni­stische Haltung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg inter­na­tional unter Beschuss kam und im Rahmen einer breiten Aufarbeitung unter­sucht wurde. Über 50 Jahre nach Kriegsende war es damals höchste Zeit, dass das geschönte Selbstbild der Schweiz als Hort der Menschlichkeit und Zuflucht für verfolgte Menschen zurecht­ge­rückt wurde. Allerdings erfolgte diese kritische Aufarbeitung der Schweizer Politik im und nach dem zweiten Weltkrieg erst auf Druck aus dem Ausland, im Rahmen der Entdeckung der auf Schweizer Banken liegen­ge­blie­benen sogenannten nachrich­ten­losen Vermögen.

Als junge Historikerin verfolgte ich die Arbeit der 1997 in aller Eile vom Bundesrat einge­setzten «Bergier-Kommission» mit grossem Interesse. Den Vorsitz hatte der erfahrene Schweizer Wirtschaftshistoriker François Bergier, deshalb der Name. Bald schon wurde das Mandat, über die nachrich­ten­losen Vermögen hinaus, auf eine weiter­füh­rende Untersuchung über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg ausge­dehnt. Nach fünf Jahren inten­siver Forschungsarbeit legte die Kommission schliesslich 2002 einen über 600seitigen aufschluss­reichen Schlussbericht vor.

Basierend auf der Auswertung Tausender Dokumente stellte die Kommission damals anhand zahlreicher Beispiele fest, dass in der Schweiz während und nach dem zweiten Weltkrieg «wirtschaft­liches und/​oder politi­sches Eigeninteresse das Verhalten dominierte». Eine Tatsache, die nicht weiter erstaunt, betrachtet man die in der Schweiz bis heute hochge­haltene und nach wie vor gültige «Staatsräson», dass die Politik in erster Linie – wenn nicht gar ausschliesslich – der Schweizer Wirtschaft und unserem Wohlstand zu dienen habe.

Eine andere Parallele zur aktuellen Politik in der Schweiz findet sich auf Seite 541 des Bergier-Berichts, wo in Bezug auf die Zeit des 2. Weltkriegs steht: «Im beson­deren fällt die mangelnde Präsenz des Bundesrats bei entschei­denden Fragen auf. Ein paradoxes Phänomen», weil man hätte erwarten können, so das Fazit der Autor:innen, dass sich, gerade in der damals besonders schwie­rigen Zeit, die Regierung «für die Erfüllung wichtiger Staatsaufgaben besonders verant­wortlich fühlte, und zwar sowohl um die Sicherheit der eigenen Bevölkerung zu gewähr­leisten als auch um die Glaubwürdigkeit des Landes nach aussen zu dokumentieren.»

Schweigen und (zumindest vorder­gründige) Passivität sind auch 2025 Kennzeichen des bundes­rät­lichen Handelns oder Nichthandelns. Besonders stossend ist dies in Bezug auf das inakzep­table, kriegs­ver­bre­che­rische Vorgehen des israe­li­schen Regimes in den von Israel wider­rechtlich besetzten Gebieten. Dessen Vertreibungs- und Genozidpolitik gegenüber der palästi­nen­si­schen Bevölkerung wird als Staatsräson Israels dekla­riert und unver­mindert fortgesetzt.

Statt wie andere Länder dem Mörderstaat Sanktionen oder die symbol­trächtige Anerkennung Palästinas als Staat entge­gen­zu­setzen, unter­stützt die Schweiz Ministerpräsident Netanyahu und seine Schergen weiterhin, indem sie unver­drossen an der wirtschaft­lichen und militä­ri­schen Zusammenarbeit mit Israel festhält.

Dabei hatte Bundesrat Ignazio Cassis offenbar im Frühjahr in seiner Abteilung für Völkerrecht ein Gutachten in Auftrag gegeben zur Frage, ob die Schweiz Palästina als Staat anerkennen solle. Ein wichtiger diplo­ma­ti­scher Schritt, zu dem sich mittler­weile eine grosse Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten entschieden haben. Am letzten Wochenende gaben Grossbritannien, Kanada und Australien bekannt, dass auch sie Palästina ab sofort als Staat anerkennen würden.

Ganz anders die Schweiz: Wie der Sonntagsblick am Wochenende publik machte, hält das EDA die Ergebnisse seiner Abklärungen seit Mitte Juni unter Verschluss. Der Versuch der Rechercheure des Sonntagsblicks, unter Berufung auf das Öffentlichkeitsgesetz Einsicht in das Dokument zu erhalten, wurde blockiert. Das EDA verwei­gerte die Offenlegung mit der Begründung, dass diese «die aussen­po­li­ti­schen Interessen und die inter­na­tio­nalen Beziehungen der Schweiz «wesentlich beein­träch­tigen» könnte» und verwies auf den Schutz der «freien Meinungs- und Willensbildung» des Bundesrats.

Dieser ist ganz offen­sichtlich weiterhin nicht gewillt, die seit über 80 Jahren missach­teten Rechte der Palästinenser:innen auf ein selbst­be­stimmtes Leben in ihrem Land anzuer­kennen und Unterstützung zu leisten, damit die Völkermordpolitik Israels endlich gestoppt werden kann. In der Medienmitteilung über die Teilnahme von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Aussenminister Ignazio Cassis an der diesjäh­rigen UNO-Vollversammlung in New York, ist dieses zentrale Thema nicht einmal erwähnt – man tut so, als ob Palästina die Schweiz nichts angehen würde…

Damit schaut unsere Regierung dem durch die USA unter­stützten Völkermord Israels einmal mehr tatenlos zu. Aussenminister Cassis brüstet sich gerne damit, dass er – in Kriegszeiten – sogenannt sanfter Diplomatie den Vorzug gebe. Dabei hätte die Schweiz dieses Jahr eine ganz andere, wichtige Rolle spielen können, nachdem die US-Regierung unter Donald Trump der palästi­nen­si­schen Delegation keine Visa erteilt und somit die Teilnahme an der UNO-Versammlung in New York verun­mög­licht hatte.

Wir erinnern uns an 1988: Als die USA unter Ronald Reagan dem damaligen PLO-Chef Jassir Arafat ebenfalls die Einreise in die USA verboten, trafen sich die UNO-Mitglieder kurzerhand in Genf, um ihm und seiner Delegation eine Teilnahme an der UN-Sitzung zu ermöglichen.

Warum ist dies 2025 nicht erneut möglich? Ein solcher Schritt hätte nicht nur verhindert, dass nun erneut – wie in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschehen – Staatsmänner und ‑frauen über das Schicksal der Palästinenser:innen verhandeln, ohne dass diese mitreden, geschweige denn mitbe­stimmen können. Darüber hinaus hätte die Verlegung der Sitzung von New York nach Genf der Trump-Administration endlich einmal auch bitter notwendige Grenzen gesetzt.

Stattdessen gehört die Schweiz zur schrump­fenden Minderheit der Länder dieser Welt, die nach wie vor dem faschi­sti­schen Terrorstaat Israel die Stange halten. Eine krasse, beschä­mende Realität, der wir weiterhin mit aller Kraft Gegensteuer geben müssen. Oder, wie es eine Freundin kürzlich in einem Kommentar treffend auf den Punkt gebracht hat: «Der Bundesrat täuscht sich, wenn er meint, er handle im Interesse des Schweizer Volkes. Das Volk will nicht, dass es in 50 Jahren heisst, die Schweiz habe nur wirtschaftlich profi­tiert und sich nicht am Versuch beteiligt, einen Völkermord zu verhindern, obwohl die Mittel dazu vorhanden gewesen wären.»


Weitere Infos über die Haltung der Schweiz zu Palästina:

Mise au Point vom 21. September 2025

click und schau

… und zur Anerkennung des Staates Palästina:

Gaza – historisches Brachland
oder Kulturschatz?

«Trésors sauvés de GAZA» – der Titel einer Ausstellung im Institut du Monde Arabe in Paris weckt unsere Aufmerksamkeit. Beim Frühstück fragen wir uns: Kann man, soll man sich in einer Zeit, da der Name Gaza zu einem Synonym für Völkermord und Zerstörung geworden ist, der Betrachtung archäo­lo­gi­scher Funde aus eben diesem Gaza widmen?

Wir kommen zum Schluss: Ja, man kann – muss dies tun. Vielleicht mehr denn je! Während die israe­lische Armee dieser Tage mit ihrer Vertreibungs- und Zerstörungspolitik in Gaza zum «Endkampf» bläst, machen wir uns also auf den Weg ins Museum.

Am Abend werden wir dann lesen müssen, dass die israe­li­schen Truppen wohl just zur gleichen Zeit, als wir in Paris in die 5000jährige Geschichte des Gazastreifens eintauchten, in Gaza-Stadt die im 13. Jahrhundert von den Mamluken errichtete Aybaki-Moschee bombar­diert und dem Erdboden gleich­ge­macht haben. Filmaufnahmen zeigen, wie das 800 Jahre alte, elegante Minarett in der Altstadt von Gaza in einem Feuerball zusam­men­stürzt und als Trümmerhaufen endet.

Die ewiggleiche Ausrede der Israelischen Demolition Forces (IDF), wonach die Hamas das histo­rische, religiöse Bauwerk als Schutzschild oder Kommandoposten genutzt habe, glauben inzwi­schen nur noch die aller­treusten Israelverteidiger im Westen und in Israel.

Die Ausstellung in Paris zeigt in einem grossen Raum zahlreiche archäo­lo­gische Objekte aus dem einst als «Waddy Gaza» weitherum bekannten Knotenpunkt am östlichen Mittelmeer, wo sich die Handelsrouten zwischen Asien, Afrika und Europa kreuzten. Eindrückliche Fundstücke dokumen­tieren die wechsel­volle, reiche Geschichte des Gazastreifens, darunter Schiffsanker, elegante Amphoren, eine wundervoll gearbeitete Aphrodite, kunst­volle Mosaike und mit Ornamenten verzierte Stehlen.

Da war und ist also seit 5000 Jahren viel mehr als die vom israe­li­schen Narrativ behauptete blosse Wüste mit ein paar rückstän­digen, erwerbs­ar­beits­fernen Beduinen. Vielmehr war Gaza jahrhun­der­telang ein kultu­relles und wirtschaft­liches Zentrum – schon zu Zeiten der alten Aegypter, der Griechen – später mit christ­licher und danach ottoma­ni­scher Dominanz…

Man nannte es «Perle am Mittelmeer», mit einem florie­renden Hafen und Hinterland. Was für ein völlig anderer Blick wird uns in dieser Ausstellung auf einen Küstenstreifen vermittelt, der hierzu­lande seit Jahrzehnten einzig für Terror, Krieg und Leiden steht.

Spannend aber auch die Herkunft der Ausstellungsstücke: Die Fundorte erstrecken sich über den gesamten Gazastreifen. Viele davon hatte der palästi­nen­sische Bauunternehmer Jawdat Khoudary gesammelt – oder sammeln lassen. Andere wurden von inter­na­tio­nalen Forschungsteams in den letzten Jahrzehnten ausge­graben. Sie alle zeugen vom reichen, erhaltens- und schüt­zens­werten kultu­rellen Erbe Gazas.

Das Musée d’Art et d’Histoire (MAH) in Genf hatte bereits 2007 die erste grosse Ausstellung von Antiquitäten aus Gaza organi­siert. Ein Teil der Exponate, die zu diesem Zweck nach Genf ausge­liehen wurden, sind nun auch in Paris zu sehen. Dabei sollten sie eigentlich längst zurück in ihrer Herkunftsregion sein, wo im Norden von Gaza, auf dem Areal des antiken Hafens, der Bau eines archäo­lo­gi­schen Museums geplant war.

Nachdem die Hamas 2007 in Gaza an die Macht gekommen war, wurde dieses Projekt jedoch auf Eis gelegt. Einzig Jawdat Khouadry setzte das geplante Unterfangen auf privater Basis fort und richtete mit zahlreichen Stücken aus seiner Sammlung im Norden Gazas ein kleines, idyllisch anmutendes Museum ein. Dieses wurde jedoch durch die israe­li­schen Demolierer bereits Ende 2023 vollkommen zerstört…

Jene archäo­lo­gi­schen Kostbarkeiten, die ursprünglich nur zu Ausstellungszwecken nach Genf gereist sind, befinden sich hingegen nach wie vor in der Schweiz in Sicherheit. Sie haben Asyl erhalten und werden in Genf treuhän­disch aufbe­wahrt, bis zum Tag, da eine Rückkehr in ihre Ursprungsregion möglich sein wird.

Mehr noch: Im Frühjahr 2025 hat das MAH den palästi­nen­si­schen Archäologen Fadel Alutol, der an zahlreichen Ausgrabungen in Gaza beteiligt war, in die Schweiz geholt und mit der Aufarbeitung der aus seiner Heimat stammenden Fundstücke betraut. In einem Interview mit der Tribune de Genève schildert Alutol, wie er während der Kriegsmonate in Gaza versucht hat, nicht nur seine Familie zu retten, sondern auch die archäo­lo­gi­schen Fundstätten weiterhin zu dokumen­tieren – und wo möglich zu schützen.

Angesichts des aktuellen israe­li­schen Wütens eine schmerz­liche Sisyphusarbeit. Das israe­lische Regime hat sich noch nie dadurch ausge­zeichnet, kultu­relle und religiöse Stätten anderer zu verschonen – im Gegenteil: Alles deutet darauf hin, dass Israel zielge­richtet vorgeht, um mit der Zerstörung von Schulen, Bibliotheken, Universitäten und histo­ri­schen Kulturstätten die tausende Jahre alte Geschichte Gazas und ganz Palästinas auszu­lö­schen. Und durch die wahrheits­widrige Erzählung zu ersetzen, das Land gehöre «vom Fluss bis zum Meer» seit alters her einzig und allein dem jüdischen Volk.

Eine Behauptung, die in der Pariser Ausstellung auf Schritt und Tritt widerlegt wird. Eindrücklich diesbe­züglich auch die zahlreichen Fotos aus den 1920er Jahren, die ein so anderes Bild von Gaza zeigen, als wir es heute kennen: Eine idyllisch anmutende orien­ta­lische Altstadt, auf einem Hügelzug gelegen, inmitten von Olivenbäumen…

Erst mit der Nabka und der israe­li­schen Vertreibungspolitik entwickelte sich Gaza notge­drungen in den letzten Jahrzehnten zu einer der am dichtesten besie­delten Regionen der Welt. Wo zwangs­läufig Hochhäuser aus dem Boden schossen. Verdichtung halt, um all die Menschen im von Israel seit Jahren abgerie­gelten und kontrol­lierten Gefängnis Gaza unterzubringen.

Bis das israe­lische Terrorregime – unter­stützt vom Westen – nach dem 7. Oktober 2023 zum Endkampf blies. Mit dem erklärten Ziel, ganz Gaza platt­zu­machen und die Menschen zu vertreiben. Auch dies wird in der Ausstellung dokumen­tiert – mit erschüt­ternden Vorher-Nachher Bildern, die zeigen, wie Israel hemmungslos das kultu­relle Erbe Gazas zerstört: Archäologische Ausgrabungsstätten, histo­rische Kirchen und Moscheen werden entwürdigt und eine nach der anderen dem Erdboden gleich­ge­macht – eine bereits seit Monaten andau­ernde kristallene Nacht…


Weitergehende Infos: Das MAH engagiert sich über die Betreuung der im Genfer Zollfreilager einge­la­gerten und seit 2007 in der Schweiz blockierten archäo­lo­gi­schen Funde hinaus für die Rettung palästi­neni­scher Kulturgüter in Gaza. Dazu ein aktueller Artikel des Art Newspaper, der aufzeigt, wie skrupellos Israel die eigentlich durch inter­na­tio­i­nales Recht verbotene Zerstörung von histo­ri­schem Erbe vorantreibt:

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Wie die israe­lische Armee mit ihren Bomben das Herz einer Stadt und deren jahrtau­sen­de­altes Kulturgut zerstört… Ein erschüt­ternder Bericht der BBC:

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Ultrarechter aus Israel sucht
Investoren an der
Zürcher Bahnhofstrasse

Ende August 2025 hat das Westschweizer Radio berichtet, dass die ehemalige Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle neu im Beirat für Rüstungsinvestitionen der israe­li­schen Investmentgesellschaft Champel Capital* sitzt. Die Firma mit Hauptsitz in Jerusalem pflegt seit Jahren enge Beziehungen zur Schweiz, vor allem in Genf und Zürich (s.Nachtrag).

Am 9. September hat Champel Capital zu einem Pitching-Event nach Zürich an die Bahnhofstrasse einge­laden. Bereits vier Monate zuvor hatte dessen Gründer und Co-Chef Amir Weitmann anlässlich einer Veranstaltung der Schweizer Vernetzungsplattform Sphere im Baur au Lac in Zürich erklärt, weshalb seine Firma neu einen mit 100 Millionen USD dotierten Fund für «Sicherheit und Verteidigung» lanciert.

Das Kapital solle in israe­lische Firmen fliessen, mit Fokus auf innovative Technologien im sogenannten «Verteidigungssektor», gab der israe­lisch-schwei­ze­rische Doppelbürger bekannt. Israel sei in diesem Bereich weltweit führend, sagt Weitmann und begründet dies mit der allge­meinen Militärpflicht in Israel, die aufgrund der aktuellen Konfliktsituation dazu führe, dass künftige Firmengründer:innen und Unternehmer:innen aus eigener Erfahrung auf dem Schlachtfeld wüssten, wo die Probleme lägen und was es brauche…

«Dies ist der Grund, weshalb in den letzten 12 Monaten in Israel allein im Verteidigungssektor über 200 neue Firmen entstanden sind», so Weitmann weiter. Im Kontext des aktuellen Aufschwungs in der Rüstungsindustrie biete sich hier eine einmalige Gelegenheit – als Investoren hätten sie die Pflicht, diese zu nutzen.

In der Vergangenheit investierte Champel Capital in erster Linie in israe­lische Unternehmen aus dem Finanz- und Gesundheitssektor. Weil gegen­wärtig im Rüstungssektor aber mit Abstand am meisten Geld zu verdienen ist, setzen die israe­li­schen Investoren nun auf dieses neue, dritte Standbein.

Dafür holten sie den israe­li­schen Ex-General Giora Eiland, der mit seinem «Plan der Generäle» bereits kurz nach dem 7. Oktober 2023 für eine Vertreibung der palästi­nen­si­schen Bevölkerung aus dem Norden von Gaza und das Aushungern all derer, die nicht gehen wollten, plädiert hatte. Eiland ist Mitglied der Geschäftsleitung von Champel Capital und hat sich laut dem Tech Magazin Calcalist in den letzten Monaten mit insti­tu­tio­nellen Investoren in den USA und in Israel getroffen, um Gelder für den neuen Fund locker zu machen.

Im sechs­köp­figen Beirat sitzen, nebst der Schweizer Doppelvertretung Nicoletta della Valle und David Shapira (s. Nachtrag), der ehemalige IDF-Generalmajor Yoav Har-Even, der während 31 Jahren eine leitende Rolle in sämtlichen israe­li­schen Kriegsoperationen spielte und von 2016 bis 2024 CEO des israe­li­schen Rüstungskonzerns Rafael Advanced Defense Systems Ltd. war. Als weiterer «Big Shot» ist der ehemalige israe­lische Polizeipräsident Kobi Schabtai mit von der Partie, der für seine araber­feind­liche Haltung und seine Nulltoleranz-Politik gegenüber Antikriegsdemonstrationen nach dem 7. Oktober 2023 bekannt geworden ist.

Die beiden hochrangige US-Ex-Militärs im Beirat – John Spencer (laut Champel Capital weltweit führender Spezialist für «städtische Kriegsführung und moderne Konflikt-Umgebungen») und Thomas Trask (pensio­nierter Generalleutnant der US Air Force mit eigener Beratungsfirma im Verteidigungssektor) – dürften engagiert worden sein, um US-ameri­ka­ni­sches Kapital für den neuen Fund zu generieren, während die promi­nente und im «Sicherheitsbereich» gut vernetzte Nicoletta della Valle und der Zürcher Maschinenbauingenieur David Shapira mit ihren engen Beziehungen zur Schweizer Armee und zur Bundespolizei für eine wirkungs­volle Bearbeitung des Schweizer Markts einge­spannt sein dürften (s. Nachtrag).

Diese Liaison von Schweizer Geheimnisträger:innen, die offen­sichtlich dazu da ist, Schweizer Gelder (und wohl auch Know-how) in die israe­lische Kriegsindustrie zu lenken und die bereits bestehenden Verbandelungen mit dem israe­li­schen Militärsektor zu vertiefen, müsste eigentlich einen Aufschrei in den Medien und in der Öffentlichkeit zur Folge haben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die von RTS publik gemachte Geschichte über Nicoletta della Valles Beratungsmandat in fremden Diensten ist in der Deutschschweiz wenig bekannt. Sie wurde von anderen Medien kaum aufge­nommen, geschweige denn weiterverfolgt.

Dabei gäbe es über Champel Capital und dessen Verstrickungen in die israe­lische Genozidpolitik so einiges zu berichten. Insbesondere auch über Gründer und Managing Partner Amir Weitmann. Der in Genf aufge­wachsene Vermögensverwalter lebt seit über 20 Jahren vor den Toren Jerusalems in einer israe­li­schen Siedlung auf illegal besetztem palästi­nen­si­schem Boden und ist aktives Mitglied von Netanjahus Regierungspartei Likud.

Er äussert sich gerne und oft in den sozialen Medien, wo er auch eine grosse Zahl von Followern hat. Auf Linkedin wirbt er aktuell vor allem für den neuen Rüstüngsfund seiner Firma. So hat er sich vor den Pitchingmeetings in der Schweiz in seiner alten Heimatstadt Genf vor der Mauer der Reformatoren im Parc des Bastions ablichten lassen, um mit einem englisch­spra­chigen Post für sein Business zu werben.

Keine Stunde nach dem Ende der Veranstaltung in Zürich, setzte Weitmann schon das nächste Bild von sich ins Netz – mit dem Kommentar:

«Ich habe gerade eine Präsentation in Zürich beendet, 
bei der ich unseren «Champel Capital Defense & 
Security Fund»  Investoren und Interessenvertretern 
der Sicherheits- und Rüstungsbranche vorgestellt habe.
Wie ich zu vermitteln versucht habe, glaube ich, dass 
dies der richtige Zeitpunkt, die richtige Branche, 
das richtige Land und das richtige Team ist.
Die Verteidigungsbudgets explodieren, im Hinblick darauf, 
dass die NATO-Budgets innerhalb eines Jahrzehnts 5% 
des BIP der Mitgliedländer erreichen werden.
Wir müssen diese Situation nutzen.»

Auf Linkedin gibt Weitmann gerne den engagierten, weitsich­tigen Geschäftsmann. Seine Beiträge sind durchwegs in engli­scher Sprache, sachlich verfasst und an ein Business-Publikum gerichtet. Ganz anders das Profil von Amir Weitmann auf Facebook, wo er sehr oft und auf hebräisch postet. Hier erst wird klar, wie extre­mi­stisch und rassi­stisch der israe­lisch-schwei­ze­rische Geschäftsmann tatsächlich tickt.

So postete Weitmann zum Beispiel am 1. September eine Karte vom Gazastreifen mit den bereits erfolgten immensen Zerstörungen durch Israel – und dem Kommentar: «Ausgezeichnet! Aber man muss 100% des Streifens plattmachen.»**

Bereits einen Tag zuvor, am 31. August hatte er unver­blümt verkündet, wie seiner Meinung mit den Palästinenser:innen in Israel (gemeint ist damit Grossisrael – from the river to the sea…) zu verfahren sei:

«Palästinenser sollten die Gebiete des Landes nicht 
betreten dürfen. Überhaupt nicht. Auch nicht die 
Siedlungen in Judäa und Samaria. Sie sollten komplett 
ausgetrocknet und ihre Auswanderung gefördert werden.»

Am 8. September – einen Tag vor seiner Präsentation in Zürich – kommen­tierte Weitmann auf FB den Anschlag in Ostjerusalem, bei dem sechs Passant:innen und die beiden Angreifer erschossen wurden:

«Letztendlich handelt es sich um muslimisch-arabische 
Terroristen, die im Namen des Dschihad nach den Regeln 
dieser Barbaren handeln. Solange sie in Israel leben, 
wird es nicht aufhören. Es gab nie etwas Intelligentes 
über diese Bevölkerungsgruppe zu sagen, zumindest, 
solange sie weiterhin den Islam praktizieren, und es 
wird auch nie etwas geben. Das ist hart, aber es ist 
die Wahrheit.»

Diese extrem rassi­stische und menschen­ver­ach­tende «Wahrheit» von Amir Weitmann ist ein Kernelement auch seiner Geschäftstätigkeit. Dass er ihr in der Schweiz – unhin­ter­fragt und ungehindert – nachgehen kann, ist an sich schon ein Skandal. Noch empörender ist, dass er und seine Firma dabei von Schweizer:innen wie Nicoletta della Valle und David Shapira gegen gutes Honorar unter­stützt werden. Im Falle einer russi­schen Firma, hätte man diesem Gebaren längst einen Riegel geschoben. Zu Recht. – Doch, wenn es um Israel geht, gelten in der Schweiz besondere Regeln oder Auslegungen von Gesetzen.

Dies, obschon der vielzi­tierte Holocaust-Bonus für Israel angesichts des aktuellen israe­li­schen Vernichtungskriegs längst aufge­braucht ist. Statt Israel weiterhin mit samtenen Handschuhen zu behandeln, sollte sich die Schweizer Politik endlich auf das Völkerrecht besinnen und diesbe­züglich ihren Pflichten nachkommen. 

Nachtrag vom 9.10.2025:

Shapira und della Valle sind aus dem Beirat von Champel Capital ausge­schieden – zumindest lässt sich das vermuten, da sie auf deren Website nicht mehr aufge­führt sind.

*Die Firmenbezeichnung Champel Capital leitet sich vom Genfer Quartier Champel ab. – Weitmann ist als Zweijähriger mit seinen Eltern nach Genf und hat dort auch studiert.

** Alle hebräi­schen Texte mit Deepl übersetzt

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