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Bücklinge für die Wirtschaft, Schweigen zu Gaza…

Seit Wochen hält Donald Trump mit sei­ner Hau­ruck-Poli­tik die Welt in Atem. Mit sei­nen stän­di­gen Neu­an­kün­di­gun­gen, beherrscht er den poli­ti­schen Dis­kurs – sowohl in den USA wie welt­weit. Politiker:innen, Wirt­schaft, Medien – alle fol­gen Trumps Dreh­buch und las­sen sich vom Weis­sen Haus ihre Agenda diktieren.

Beson­ders effek­tiv: Die als grosse Show insze­nier­ten Zoll­in­ter­ven­tio­nen, die seit Tagen die Schlag­zei­len beherr­schen. Sämt­li­che ande­ren The­men sind in den Hin­ter­grund gerückt – Trumps Zoll-Ansa­gen geben den Takt an, nach dem aktu­ell alle tan­zen. Auch in der Schweiz.

Trumps Ankün­di­gung, dass aus­ge­rech­net die Schweiz künf­tig mit einem Zoll­ham­mer von 31 Pro­zent – weit höher als die EU – bestraft wer­den solle, löste hel­les Ent­set­zen und grösste Auf­re­gung aus. Bis Bun­des­prä­si­den­tin KKS es schaffte, am letz­ten Mitt­woch 25 Minu­ten lang mit dem US-ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten zu telefonieren.

Sie habe mit ihm über die wich­tige Rolle von Schwei­zer Unter­neh­men als Inve­sto­ren in den USA sowie über den Stel­len­wert unse­rer Edel-Export­pro­dukte wie Rolex und Käse für Ame­rika gespro­chen, und man sei über­ein­ge­kom­men, im Gespräch zu blei­ben und bila­te­ral eine für beide Län­der posi­tive Lösung zu suchen, war über den Inhalt des Tele­fo­nats zu ver­neh­men. Nicht mehr und nicht weniger.

Kurz und bün­dig: Ein Tele­fon in eige­ner Sache, mit dem Ziel, die Tücher für die rei­che Schweiz mit­hilfe von Son­der­re­ge­lun­gen, einem Frei­han­dels­ab­kom­men ins Trockene zu brin­gen. So ver­steht unsere Bun­des­prä­si­den­tin ihre Rolle. Ganz nach Trumps Motto: Jeder muss ver­su­chen, für sich und sein Land den besten Deal her­aus­zu­schla­gen. In die­sem Fall also: Switzerland’s pro­fit first!

Der Clou: Kurz nach dem Tele­fo­nat mit der Schwei­zer Bun­des­prä­si­den­tin blies Trump zur (vor­läu­fi­gen) Kehrt­wende und ver­kün­dete, die Zoll­erhö­hun­gen für alle Län­der aus­ser China doch nicht sofort umzu­set­zen. Wor­auf die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­leute vom Depar­te­ment KKS mit Wohl­ge­fal­len fest­stel­len durf­ten, dass ver­schie­dene Schwei­zer Medien dem in letz­ter Zeit arg ram­po­nier­ten Image ihrer Che­fin neuen Glanz ver­lie­hen: Kaum war das Tele­fo­nat been­det, machte Ele­fant Trump eine Kehrt­wen­dung – angeb­lich, weil die Maus KKS

Die Schweiz könne welt­po­li­tisch etwas bewir­ken, hiess es dem­nach selbst­zu­frie­den. Eine drei­ste Selbst­über­schät­zung, oder viel­mehr ein Witz, der vom Gen­fer- bis zum Boden­see für Geläch­ter sorgt.

Trotz­dem: Offen­bar hat man im Bun­des­haus alle Hebel in Bewe­gung gesetzt, um sich bei Trump Gehör zu ver­schaf­fen und damit erreicht, dass auch die Schweiz mit von der Par­tie ist, beim gros­sen Bitt­stell-Schau­lau­fen beim Wel­ten­herr­scher in Washington.

Viel weni­ger aktiv – wenn über­haupt – ist man in Bun­des­bern lei­der, wenn es um andere The­men geht. Man stelle sich vor, unsere Bun­des­prä­si­den­tin und ihr Kol­le­gium wür­den sich ebenso ins Zeug legen für einen wirk­sa­men Kli­ma­schutz, das Ein­hal­ten der Men­schen­rechte oder die Wah­rung des Völ­ker­rechts und das Ver­hin­dern von Kriegsverbrechen.

Zwar trägt die Schweiz durch­aus Sank­tio­nen mit, wie etwa jene gegen Russ­land – auch wenn deren Nut­zen höchst umstrit­ten ist. Wenn es aber darum geht, völ­ker­rechts­wid­rige Gräu­el­ta­ten, wie sie Israel tag­täg­lich in Gaza und im West­jor­dan­land begeht, zu ver­ur­tei­len und auf Ein­hal­tung von gel­ten­dem Völ­ker­recht zu pochen, schwei­gen sowohl Schwei­zer Politiker:innen wie auch die Medien.

Weder Aus­sen­mi­ni­ster Igna­zio Cas­sis noch Bun­des­prä­si­den­tin Karin Kel­ler-Sut­ter oder ihre Vor­gän­ge­rin haben je auch nur einen Fin­ger gerührt, etwa um dem Schwei­zer UNRWA-Direk­tor Phil­ippe Laz­z­a­rini den Rücken zu stär­ken. Im Gegen­teil: Man hat ihm die Unter­stüt­zung ver­wei­gert, bis heute blei­ben die drin­gend benö­tig­ten UNRWA-Zah­lun­gen aus der Schweiz blockiert…

Der­weil nimmt der Hor­ror im Nahen Osten vor den Augen der Welt sei­nen Lauf. Es gibt wohl kaum ein Kriegs­ge­biet, das bes­ser und flä­chen­decken­der doku­men­tiert ist wie jenes in Gaza. Täg­lich errei­chen uns neue Bil­der und Berichte über aus­ge­bombte Fami­lien, getö­tete Zivilist:innen, Angriffe auf Flücht­lings­camps und Spitäler… 

Das jüng­ste Bei­spiel: Am Palm­sonn­tag hat die israe­li­sche Armee IDF das letzte noch funk­tio­nie­rende Spi­tal in Gaza-Stadt bom­bar­diert. Mit einer «Vor­warn­zeit» von gerade mal 10 Minu­ten, in der die Men­schen eva­ku­iert wer­den mussten.

Dar­über hin­aus hat die israe­li­sche Luft­waffe übers Wochen­ende nach eige­nen Anga­ben «über 90 wei­tere Ziele im Gaza­strei­fen» ange­grif­fen. Dass es sich bei die­sen «Zie­len» um Häu­ser, Flücht­lings­la­ger, fah­rende Autos und Gesund­heits­ein­rich­tun­gen han­delt, wird in der Bericht­erstat­tung genauso wenig erwähnt wie die Tat­sa­che, dass dabei Men­schen getö­tet und ver­letzt wurden.

Weil sich die Bericht­erstat­tung in unse­ren Medien nach wie vor in erster Linie auf israe­li­sche Quel­len stützt, fin­det sich kein Wort über die Anzahl der Toten und Ver­letz­ten auf­grund der Bom­ben­an­griffe vom letz­ten Wochen­ende. Auch kein Wort dar­über, dass die IDF seit ihrem Bruch des Waf­fen­still­stands am 18. März schon wie­der über 1300 Men­schen in Gaza getö­tet hat. Geschweige denn ein Hin­weis, dass es sich hier­bei um Kriegs­ver­bre­chen und Völ­ker­mord handelt.

Das es auch anders geht, zeigt das Bei­spiel der Ukraine: Hef­tige Reak­tio­nen und Kom­men­tare, dass es nur so rauscht im Blät­ter­wald, nach dem rus­si­schen Angriff auf die ost­ukrai­ni­sche Stadt Sumy – eben­falls am Palm­sonn­tag. Die Medien hier­zu­lande berich­ten, gestützt auf unüber­prüfte Anga­ben der ukrai­ni­schen Ret­tungs­kräfte, es seien «min­de­stens 34 Men­schen getö­tet und wei­tere 117 ver­letzt wor­den, dar­un­ter 15 Kin­der.» Die Ver­ur­tei­lung die­ses Angriffs «auf die Zivil­be­völ­ke­rung» und des­sen Ein­ord­nung als «Kriegs­ver­bre­chen» folg­ten auf der Stelle.

So liess etwa die Schwei­zer Bot­schaft in der Ukraine auf X ver­lau­ten: «Unser Bei­leid gilt den Fami­lien der zahl­rei­chen unschul­di­gen Opfer und Ver­letz­ten des rus­si­schen Angriffs von heute Mor­gen in Sumy. Zivi­li­sten dür­fen nie­mals zur Ziel­scheibe wer­den. Das huma­ni­täre Völ­ker­recht muss respek­tiert werden.»

Kann sich jemand an eine ähn­li­che Stel­lung­nahme einer Schwei­zer Bot­schaft im Nahen Osten zu israe­li­schen Bom­ben­at­tacken auf Gaza erinnern? 

Die offi­zi­elle Schweiz zir­kelt genau ab, wann sie inter­ve­niert und wann nicht. Die hel­ve­ti­schen Leit- Medien tun dies ebenso. Des­halb heisst es in Bezug auf Gaza: Zuschauen, wie das Mor­den, das Aus­hun­gern und die Ver­trei­bung der palä­sti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung im Nahen Osten wei­ter­geht. Diplo­ma­tisch aktiv wer­den ist nicht ange­sagt, weil: No pro­fit for Switzerland.

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