Seit drei Jahren nun sind die Militaristen und Rüstungsfabrikanten auch in Europas Westen wieder auf dem Durchmarsch. Ein Staat nach dem anderen, inklusive die Schweiz, erhöhte seine Armeeausgaben mit dem Hinweis, der Ukrainekrieg zeige, dass es Aufrüstung brauche, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Im Anschluss an die Politposse zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenski und der übermächtigen Trump-Administration hat die Panikmache und Kriegstreiberei nun einen neuen Höhepunkt erreicht.
In Brüssel hat die EU-Kommission einen «Plan zur Wiederbewaffnung Europas» beschlossen. Kostenpunkt: 800 Milliarden Euro – 800 Milliarden! «Was könnte man damit alles fürs Klima erreichen», kommentierte dazu eine Freundin…
In Deutschland, wo man seit Jahren mit einer sogenannten Schuldenbremse gesellschaftlich dringend notwendige Ausgaben zusammenstreicht, werde künftig «alles ausgegeben, was in den kommenden Jahren für die Aufrüstung der Bundeswehr notwendig sei», wird der künftige Bundeskanzler Friedrich Merz im Spiegel zitiert. Alles!
Beschlossen haben dies die Führungsetagen der rechts-konservativen Union und der SPD. Ein entsprechender Antrag soll nun in einem Hauruckverfahren schnellstmöglich noch von den Mitgliedern des bald abgelösten alten Bundestags abgesegnet werden. Als Rechtfertigung muss das immergleiche Narrativ herhalten: Putin, der Dämon im Osten, bedrohe unsere Freiheit und Demokratie.
Sein Krieg gegen die Ukraine, so wird gebetsmühlenartig wiederholt, sei erst der Anfang. Die westlichen Geheimdienste tun so, als wüssten sie alles und erzählen dem Politikestablishment, spätestens in 5 Jahren schlage Putin, der gefährliche, expansionslüsterne Diktator, in Westeuropa zu. Deshalb müsse Europa, dies ihre scheinbar alternativlose Schlussfolgerung, massivst aufrüsten. Jetzt umso mehr, da sich die USA unter Trump als unzuverlässige Verbündete erwiesen hätten, und Europa nun selber für seine Sicherheit sorgen müsse…

Erschreckend, wie unisono und unreflektiert diese Argumentationskette landauf landab nachgebetet wird. Nicht nur von konservativen und bürgerlichen Politiker:innen, die Sicherheit seit jeher mit Militär gleichgesetzt haben. Nein, an vorderster Front rufen seit den Anfängen des Kriegs in der Ukraine auch Grüne und Sozialdemokrat:innen in Europa und in der Schweiz nach militärischer Unterstützung der Ukraine und Aufrüstung der eigenen Armee. Die Gründungsväter und ‑mütter der beiden politischen Bewegungen würden wohl den Kopf schütteln über ihre missratenen Kindeskinder.

Die heutigen Grünen und Sozialdemokrat:innen marschieren mit an der Spitze der Kriegstreiber und verkünden, Putin sei die einzige Gefahr für unsere «Freiheit und Demokratie». Wenn dem tatsächlich so wäre, bliebe immer noch die Frage, ob die Milliardeninvestitionen ins Kriegsgeschäft tatsächlich mehr Safety und Security für den alten Kontinent bringen.
Um das geht es aber gar nicht. Tatsache ist nämlich, dass auch die tödlichsten Waffensysteme unsere Sicherheit nicht verbessern, im Gegenteil. Das weltweit riesige Atomwaffenarsenal hat den Ukrainekrieg nicht verhindert, sondern erst mal hundertausende Tote und Verletzte und verheerende Schäden an Natur und Infrastruktur produziert. Zudem führt die milliardenschwere Aufrüstung dazu, dass weniger Mittel für alle anderen Staatsaufgaben übrigbleiben.
Geld, das in Waffen investiert wird, hat keinerlei volkswirtschaftlichen Nutzen. Es ist verbranntes Geld, das den Rüstungsfabrikanten und ihren Aktionären in die Taschen gestopft wird. Wollen wir uns das wirklich leisten? In einer Zeit, in der Europa und die ganze Welt vor ganz anderen, riesigen Herausforderungen stehen?
An erster Stelle zu nennen wäre hier die Klimaerhitzung, die nicht nur vom amerikanischen Präsidenten Donald Trump geleugnet und von seinem Schweizer Trittbrettfahrer Albert Rösti kleingeredet wird. Aktuell hat man den Eindruck, dass das Klima gänzlich aus der politischen Agenda gelöscht ist. Obschon die Klimaveränderungen eine wesentlich realere, grössere Gefahr für unsere Gegenwart und Zukunft darstellen dürften als das Phantom einer putinschen Invasion in der Ostschweiz.
Andere Bedrohungen wie der erstarkte und weiter zunehmende Rechtsextremismus in ganz Europa (und der Schweiz), die wachsende Gewaltbereitschaft innerhalb unserer zunehmend gespaltenen Gesellschaften und das immer weitere Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich sind die realen Gefahren für unsere «Freiheit und Demokratie». Sie werden durch die nun angezettelte weitere Militarisierung und Aufrüstung zusätzlich befeuert, statt zurückgebunden.
Kurzum: Wer Putin als die alles dominierende Gefahr heraufbeschwört, bedient sich eines altbekannten Schreckgespensts. Die Milliarden, die unter dem Vorwand, Schutz vor Putin zu bieten, in die Aufrüstung gepumpt werden, sind aber nicht nur verlorenes Geld. Vielmehr tragen sie massiv zur weiteren Zerstörung dessen bei, was sie angeblich beschützen sollen: Freiheit von Angst und wahre Demokratie.
