Entwicklungsgelder für Asylwesen

Die Schweiz inve­stiert jähr­lich rund 0,5 Pro­zent ihres Brut­to­na­tio­nal­ein­kom­mens in Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit. Dies die offi­zi­elle Ver­laut­ba­rung. Das waren 2016 umge­rech­net rund 3’510 Mil­lio­nen Franken.

Was die wenig­sten wis­sen: Jeder fünfte als Ent­wick­lungs­in­ve­sti­tion aus­ge­ge­bene Fran­ken fliesst ins Asyl­we­sen. Das ist laut Regeln der OECD, die diese Mes­sun­gen und Ver­glei­che unter den ver­schie­de­nen Mit­glieds­län­dern koor­di­niert, zulässig.

Es gab Zei­ten, da pran­ger­ten Schwei­zer Poli­ti­ke­rIn­nen bei ande­ren Län­dern diese Pra­xis an. Seit rund zehn Jah­ren aller­dings gehört die Schweiz zu jenen Län­dern, die an vor­der­ster Stelle ste­hen, wenn es darum geht, mög­lichst viele Gel­der, die im Asyl­we­sen aus­ge­ge­ben wer­den, der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit anzurechnen.

Das hat dazu bei­getra­gen, dass seit 2014 das vom Par­la­ment fest­ge­legte Ziel, min­de­stens 0,5% des NBE für Ent­wick­lung bereit­zu­stel­len, erreicht wird. Kurzum – das ist eine Mogelpackung.

Basie­rend auf den OECD-Regeln kön­nen zum Bei­spiel sämt­li­che Betreu­ungs- und Unter­kunfts­ko­sten für einen Men­schen, der in unse­rem Land um Asyl nach­fragt, sub­su­miert wer­den. Für ein gan­zes Jahr.

Wes­halb die Für­sorge für Men­schen, die auf der Flucht sind und um Asyl nach­fra­gen, unter den Aus­ga­be­po­sten für Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit fal­len, bleibt schlei­er­haft. Eigent­lich gibt es dafür nur eine mög­li­che Erklä­rung: Weil man davon aus­geht, dass es sich bei den Emp­fän­ge­rIn­nen von Ent­wick­lungs­gel­dern und jenen Men­schen, die bei uns um Asyl nach­fra­gen, um die glei­che «Kli­en­tel» handelt.

Beson­ders gefähr­lich daran ist, dass da schnell Kau­sa­li­täts­ket­ten geschmie­det wer­den: Wenn man schon so viel Geld für Asyl­be­wer­be­rIn­nen aus­ge­ben muss, gibt’s halt weni­ger für Ent­wick­lung. Oder, was im Schwei­zer Par­la­ment immer wie­der für Debat­ten sorgt: Dass man Ent­wick­lungs­gel­der davon abhän­gig machen will, wie sehr sich Staa­ten darum bemü­hen, Asyl­su­chende aus der Schweiz wie­der zurück­zu­neh­men und prä­ven­tive Mass­nah­men gegen die Aus­reise von Flücht­lin­gen ergrei­fen – auch restriktive.

Eine irre­füh­rende und fal­sche Ten­denz, wel­cher der Rie­gel gescho­ben gehört. Zumal auch sonst in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit Trans­pa­renz nötig wäre.

Es sind näm­lich nicht nur die Aus­ga­ben fürs Asyl­we­sen, die den Län­dern und Men­schen, die von unse­ren öffent­li­chen Ent­wick­lungs­gel­dern pro­fi­tie­ren soll­ten, vor­ent­hal­ten blei­ben. Auch andere Aus­ga­ben aus dem gros­sen Topf der EZA errei­chen ihr Ziel nie – weil ein Gut­teil der finan­zi­el­len Mit­tel für Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit letzt­end­lich Fir­men und Exper­tIn­nen aus dem Nor­den zugu­te­kom­men. Sei dies, weil etwa das World Food Pro­gramme in gros­sem Stil Mais, Mehl oder (Schwei­zer) Milch­pul­ver im Nor­den ein­kauft – sei es, weil für teu­res Geld noch und noch Exper­ti­sen, Eva­lua­tio­nen und Stu­dien pro­du­ziert wer­den, die von hoch­be­zahl­ten Funk­tio­nä­rIn­nen an teure «Exper­tIn­nen» aus dem Nor­den in Auf­trag gege­ben und anschlies­send schub­la­di­siert werden…

Eine soeben ver­öf­fent­lichte Recher­ché von Alli­ance Sud macht deut­lich, dass jeder fünfte Ent­wick­lungs­fran­ken ins Asyl­we­sen fliesst. Eben­falls span­nend wäre die Ant­wort auf eine wei­tere Frage, die mich schon lange und immer wie­der beschäf­tigt: Wie gross ist der Pro­zent­satz der «Ent­wick­lungs­gel­der», die die Schweiz oder Europa gar nie verlassen?

Noch einen Schritt wei­ter, aller­dings wohl schwie­rig aus­zu­wei­sen, geht die Frage: Wie viele Pro­zent die­ser soge­nann­ten «öffent­li­chen Ent­wick­lungs­gel­der» errei­chen das erklärte Ziel, die Ärm­sten die­ser Welt sinn­voll und nach­hal­tig zu unterstützen?

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