Nach den Parlaments- und Bundesratswahlen ging ein Aufatmen durch die Schweiz: Endlich war der Triumphzug der Hetzer und Hasser gebrochen. Die Hoffnung wurde laut, dass sich die Politik nun wieder mit Inhalten beschäftigen und Sachgeschäfte im Sinne der Sache anpacken kann.
Ganz wie es die Nationalbank zu tun pflegt. Über Partikulärinteressen hinweg hat sie in den letzten Jahren einige Entscheide getroffen und Neuerungen bewirkt, die in heiklen Situationen Schlimmeres verhindern konnten. Das hat nicht allen gepasst, sie hat sich dabei auch Feinde geschaffen.
Während eine erste Schmutzkampagne gegen Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand, initiiert und instrumentalisiert von SVP und Weltwoche, vor einem Jahr noch versandet ist, hat das durch die Wahlniederlagen verletzte Ungeheuer SVP nun erneut zugeschlagen. Mit illegalen und perfiden Methoden, ohne Rücksicht auf Opfer, auch in den eigenen Reihen.
Mit Hilfe von Datendiebstahl und einer dreisten Verleumdungskampagne hat es der gefährlichste Mann der Schweiz geschafft, den international hoch anerkannten Nationalbankpräsidenten aus dem Amt zu drängen. Einmal mehr mit tatkräftiger Unterstützung der Medien.
Längst ist es nicht mehr nur die Boulevardpresse, die sich als willkommenes Sprachrohr für das holzschnittartige Weltbild der SVP hergibt: Mit zunehmender Personalisierung und Schwarz-Weiss-Malerei, gepaart mit quotenfördernder Sensationshascherei, geht der Blick für’s Wesentliche und für Zusammenhänge zunehmend verloren.
In blindem Kampagnenjournalismus schoss man sich in den letzten Tagen auf die Hildebrands und ihr Privatleben ein. Obschon bald einmal klar wurde, dass dort keine Straftatbestände zu finden waren, fokussierte man auf die «moralische Schuld« des Nationalbankpräsidenten. Der sich plötzlich in der Rolle des Angeschuldigten sah, der seine Unschuld beweisen musste. Dies, nachdem er selbstkritisch Fehler eingestanden und Verbesserung der Reglemente in Aussicht gestellt hatte.
Das Resultat der Kampagne, sein Rücktritt, ist verheerend. Noch während Philipp Hildebrand, was ihm in dieser schwierigen Situation hoch anzurechnen ist, seinen Schritt vor der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Parlaments erläuterte, lud sein Gegenspieler zur Pressekonferenz ins Bundeshaus. Auf die Frage, ob er in seinem Leben schon gelogen habe, antwortete Blocher dort mit triumphierendem Lächeln: «Ja, jeden Tag!»
Zwei Stunden zuvor hatte Philipp Hildebrand an seiner eigenen Medienkonferenz gesagt, er trete vom Amt als Nationalbankpräsident zurück, weil er es nicht ertragen könne, dass ihn sein Gegenüber für einen Lügner halte.
Soweit haben wir es gebracht: Der Integre nimmt reumütig seinen Hut, während der Dieb und Lügner triumphiert. Das allein wäre schon Skandal genug. Doch Blocher wird sein böses und gefährliches Spiel weiter treiben, gegen seine Feindin Eveline Widmer-Schlumpf, gegen unsere Institutionen – gegen uns alle. Viel wäre bereits erreicht, wenn die Medien, statt ihn dabei aus vermeintlichem Eigennutz laufend mit Steilpässen zu unterstützen, seine Machenschaften aufdecken und beim Namen nennen würden.