Der erste Europäer

Mit Hilfe des bifo­ka­len Laser­mi­kro­skops ent­decken und foto­gra­fie­ren For­sche­rin­nen und For­scher Wel­ten, die uns ohne die­ses raf­fi­nierte Hilfs­mit­tel ver­schlos­sen blie­ben. In Labors rund um den Erd­ball ste­hen sol­che Mikro­skope heute im Ein­satz. Aller­dings ken­nen die mei­sten Nut­ze­rin­nen und Nut­zer weder deren Ursprung, noch deren Geschichte. 

Schade eigent­lich. Denn der Tüft­ler, der mit sei­ner Neu­ent­wick­lung vor fast dreis­sig Jah­ren Wis­sen­schafts­ge­schichte geschrie­ben hat, ist ein über­aus span­nen­der Typ, der viel zu erzäh­len und zu zei­gen hätte. Bis heute enga­giert er sich für die Wei­ter­ent­wick­lung sei­ner Methode.

Und am Insti­tut, wo sein Mikro­skop erst­mals zum Ein­satz kam, wird auch heute wie­der Wis­sen­schafts­ge­schichte geschrie­ben: Mit Hilfe des bifo­ka­len Laser­mi­kro­skops loten For­scher die Gren­zen zwi­schen Natur­wis­sen­schaft, Kunst und der Schaf­fung neuer Lebens­for­men aus. Fas­zi­nie­rend und beäng­sti­gend zugleich. Die per­fekte Reportage.

Lei­der aber hat das Ganze einen Haken: Der Ort des Gesche­hens ist Cam­bridge, der Erfin­der des bifo­ka­len Laser­mi­kro­skops ein Brite. Und der junge For­scher, der mit Hilfe der bifo­ka­len Mikro­sko­pie nicht nur welt­weit Preise absahnt, son­dern auch bahn­bre­chende For­schung betreibt, stammt aus Argentinien.

Des­halb ist das Thema hier­zu­lande kein Thema. Denn berich­tet wird in der Schweiz nur, wenn etwas auch in der Schweiz statt­fin­det. Und falls man doch ein­mal den Blick über die Lan­des­gren­zen hin­aus wagt, muss min­de­stens ein Schwei­zer invol­viert sein. Alles andere ist für die Redak­teu­rin­nen und Redak­teure hier­zu­lande ein „no-go“.

Die­ser mediale Tun­nel­blick führt soweit, dass sogar die Ent­deckung des „ersten Euro­pä­ers“ in unse­ren Medien kaum für Schlag­zei­len sorgte. Weil er in der Sierra de Ata­puerca im Nor­den Spa­ni­ens von einem spa­ni­schen Archäo­lo­gen­team ent­deckt wor­den ist. Da hilft auch nicht, dass die UNESCO die Fund­stät­ten zum Welt­kul­tur­erbe erho­ben hat. Wären Schwei­zer dabei gewe­sen, hätte die Sache wohl ganz anders ausgesehen…

So aber stau­nen wir auf unse­rem Rund­gang im Museum von Bur­gos – und schä­men uns über unsere bis­he­rige Igno­ranz. Die wun­der­schön aus­ge­stell­ten Funde – die älte­sten mensch­li­chen Über­re­ste aus der Region sind 1,3 Mil­lio­nen Jahre alt – sind nicht nur fas­zi­nie­rend anzu­se­hen. Sie führ­ten auch dazu, dass die Geschichte der Besied­lung Euro­pas durch den Men­schen heute neu geschrie­ben wird.

Die Gra­bungs­ar­bei­ten in Nord­spa­nien sind noch voll im Gang. Die Chance besteht, dass wei­tere Sen­sa­tio­nen ans Tages­licht beför­dert wer­den. – Auch dies eine span­nende For­schungs­ge­schichte, die wir unse­rem Publi­kum in der Schweiz gerne erzäh­len würden.

Doch auch hier dürf­ten die Chan­cen für eine ver­tie­fende Repor­tage schlecht ste­hen: Aus­gra­bun­gen in einer Region, von der man auf der Redak­tion noch nie gehört hat – nein danke. Zumal die For­sche­rin­nen und For­scher ja alle spa­nisch spre­chen und keine Schwei­zer betei­ligt sind…

Durch diese Art des Berich­tens, respek­tive des Nicht-Berich­tens erwecken unsere Medien – allen voran das Fern­se­hen – den Ein­druck, dass auf der Welt nur Wesent­li­ches geschehe, wenn Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer betei­ligt sind. – Zum Glück ist dies nicht der Fall.

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