Journalistengaudi in Afghanistan

Wäh­rend die Bedro­hung durch einen Super-GAU die Welt erschüt­tert, in Libyen ein Bür­ger­krieg tobt, aus Syrien immer hef­ti­gere Pro­te­ste gemel­det wer­den und es auch innen­po­li­tisch eini­ges zu berich­ten gibt, bril­liert die letzte NZZaS mit einer Exklu­siv­ge­schichte über ein Ski­ren­nen in Afghanistan.

Die Repor­tage, mit einem gros­sen Bild und aus­führ­li­cher Legende auf der Front­seite pro­mi­nent auf­ge­macht, berich­tet von der Eigen­in­itia­tive zweier Redak­to­ren und einer blon­den Foto­gra­fin, die den «rauen Afgha­nen» in ihren schö­nen Ber­gen das Ski­fah­ren bei­brin­gen wollen.

Die Aktion steht unter dem Motto «Sport statt Ter­ror und Krieg» und wird, wie im Ski-Medi­en­zir­kus üblich, von diver­sen Schwei­zer Fir­men gespon­sert. Die im Arti­kel natür­lich aus­führ­lich in Wort und Bild zum Zug kom­men. In genüss­li­cher Selbst­in­sze­nie­rung beschreibt Chri­stoph Zür­cher, wie es zu die­sem «durch­aus idea­li­sti­schen Vor­ha­ben» gekom­men ist, und wie er diese Schnaps­idee schliess­lich mit sei­nen Kum­pels durch­ge­zo­gen hat.

Ein Chri­stoph-Zür­cher-Arti­kel, nach bewähr­ter Manier: Wo immer er hin­reist, sei es in den Dschun­gel von Papua Neu­gui­nea, in die Berge Nepals oder nach China, zu den Mos­uos ins «Reich der Frauen» – NZZaS-Mann Zür­cher ver­steht seine Rei­sen stets als Selbst­ver­such und berich­tet kon­se­quen­ter­weise vor allem dar­über, wie es ihm dabei ergan­gen ist. Und wie er die, aus der Sicht des aben­teu­er­lu­sti­gen Schwei­zers, ach so merk­wür­di­gen Sit­ten und Gebräu­che in fer­nen Län­den erlebt.

Das liest sich süf­fig, ist sein Mar­ken­zei­chen und scheint zu gefal­len. Des­halb darf der Lei­ter des Res­sorts Gesellschaft/​Stil regel­mäs­sig auf Geschäfts­ko­sten in die Ferne jet­ten, um von dort über sein Befin­den zu berich­ten. Damit wer­den nicht nur Res­sour­cen und Platz für inter­es­sante Lek­türe ver­schwen­det; lei­der gefällt sich der Autor als Kol­por­teur plum­per Vor­ur­teile und ober­fläch­li­cher Kli­schees, wie auch sein jüng­stes Ela­bo­rat aus Afgha­ni­stan beweist. Diese Geschichte sprengt aller­dings alles Bis­he­rige: Dies­mal wird mit gros­sem Pomp der Stoff für die geplante Geschichte gleich sel­ber insze­niert. Und weil solch ein Vor­ha­ben auf­wän­dig ist, unter­stüt­zen nebst den bereits erwähn­ten Spon­so­ren auch Foto­gra­fin Susanne Meu­res und Daniel Hug, Lei­ter des Wirt­schafts­res­sorts bei der NZZaS und sei­nes Zei­chens pas­sio­nier­ter Ski­tou­ren­gän­ger, ihren Kol­le­gen im fer­nen Damian.

Auf weni­ger Zuspruch stösst das Unter­fan­gen ganz offen­sicht­lich bei der dor­ti­gen Bevöl­ke­rung. Was die ange­rei­sten Schwei­zer nicht daran hin­dert, ihr Unter­fan­gen mit allen Mit­teln durch­zu­set­zen. Und ihnen Anlass gibt, sich auf drei Zei­tungs­sei­ten über die in ihren Augen igno­ran­ten Berg­ler lustig zu machen. Bei der Lek­türe der Texte von Chri­stoph Zür­cher und Daniel Hug, der seine Afgha­ni­st­an­reise zusätz­lich mit einer Kurz­re­por­tage über Tee­ge­nuss auf 4700 Metern über Meer recht­fer­tigt, wird aller­dings schnell ein­mal klar, wer wirk­lich die Igno­ran­ten die­ser Geschichte sind.

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