In Europa ist die Energiewende in vollem Gang. Auch wenn der Ausstieg aus den klimaschädigenden fossilen Energieträgern nicht so schnell vorangeht wie nötig – Solar- und Windenergie liegen im Trend, nebst dem weiteren Ausbau der hiesigen Wasserkraftanlagen. Auf Kosten von Natur und Biodiversität.
Energiegewinnung ist kein Nullsummenspiel. Das wird gerne unter den Tisch gekehrt, gerade in Bezug auf die «Erneuerbaren», weil Wasser, Wind und Sonnenstrahlen scheinbar gratis und endlos zur Verfügung stehen. Aber auch diese Technologien sind nicht einfach nur «sauber» – man denke etwa an die Tonnen von Beton für den Bau von Staumauern oder das Erstellen und Verankern der mächtigen Windturbinen.
Hinzu kommen Metalle und Mineralien, die es braucht für Turbinen, Rotoren und Solarpanels. Planung, Bau und Unterhalt von technologisch immer komplexeren und effizienteren Anlagen erfordern entsprechendes Know-how, das in der Schweiz und den europäischen Nachbarländern dank Erfindergeist und guter Bildung vorhanden war. So zählten noch vor wenigen Jahren Forschende und Unternehmen aus Europa zu den Solar-Pionieren.
Das Blatt hat sich längst gewendet: Heute ist auf dem Schweizer Markt kein einziges Solarmodul erhältlich, das ohne Komponenten aus China auskommt. Mehr noch: Die allermeisten Solaranlagen, die hierzulande gebaut werden, stammen vollständig aus chinesischer Produktion.
Das hat natürlich mit den Kosten zu tun: Made in China punktet mit tiefen Preisen. Der chinesische Staat unterstützt den Ausbau der Solarindustrie mit grosszügigen Subventionen. Ganz anders in Europa, wo die Staaten nur zögerlich in die Energiewende investieren. Hierzulande begnügt sich die öffentliche Hand mit bescheidenen Förderungsbeiträgen an neue Solaranlagen.
Die Rechnung ist einfach: Weil unter diesen Umständen in der Regel das kostengünstigste Angebot den Zuschlag erhält, haben europäische Firmen keine Chance gegen die hochsubventionierte chinesische Konkurrenz. Je länger, desto mehr verschwinden deshalb die Produktion von Panels, Anlagen und Ersatzteilen aus unseren Breitengraden – und damit auch viel Know-how.
Die im Zusammenhang mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien so vielgepriesene Energieautarkie wird so zur Mär: Unsere Abhängigkeit von China in Bezug auf die Solarenergie ist augenfällig – und bei der Windenergie geht es aktuell in die gleiche Richtung. Noch stammt ein Grossteil der in Europa eingesetzten Turbinen aus europäischer Produktion – doch auch diese enthalten wichtige Komponenten, die in China hergestellt werden.
Bald werden aber auch ganze Anlagen – von der Planung bis zum Betrieb – aus China in Europa ans Netz gehen. Wie im Solarbereich, übersteigt auch die Produktion der chinesischen Windturbinenindustrie die inländische Nachfrage. Mittlerweile kommen neun der 15 grössten Windrad-Produzenten aus China, das laut Schätzungen des Global Wind Energy Council jährlich Turbinen mit einer Produktionskapazität von insgesamt 82 Gigawatt aufweist – etwa viermal soviel wie Europa, und weit mehr, als der eigene Markt benötigt.
Laut einer Studie von Global Energy Monitor sind fast zwei Drittel aller Solar- und Windenergieanlagen, die sich aktuell im Bau befinden, chinesischen Ursprungs. Tendenz steigend.
Die wachsende Abhängigkeit der europäischen Energieproduktion von chinesischen Megaunternehmen ist gefährlich und dumm. Das Aufstellen von Solar- und Windenergieanlagen zu Dumpingpreisen wird sich in naher Zukunft rächen. Wollen wir Nachhaltigkeit und Energiesicherheit unter einen Hut bringen, braucht es dringend ein Umdenken.
Dazu gehört unter anderem der Stopp von Subventionen, die den Verbrauch von fossilen Energien weiterhin ankurbeln. Das genügt aber nicht. Eine massive Verteuerung aller klimaschädigenden Energieträger ist notwendig, wie sie etwa der schwedisch-britische Wirtschaftsgeograf Brett Christophers fordert. Im Interview mit CH Media zu erneuerbaren Energien bringt er es auf den Punkt: «Es ist falsch, zu sagen: Wir schaffen die Dekarbonisierung und wir schaffen sie günstig. Richtig wäre: Wir dekarbonisieren das System; auch wenn das etwas kostet.»
Liebe Gabi
Ich teile Deine obigen Einschätzungen.
Zudem befürworte ich eine Industrie politik, die diesen Namen verdient. “Systemrelevante Produktion” soll vom Bund gefördert und geschützt werden.